Politik

Dialog zwischen Dänen und Deutschen

Dialog zwischen Dänen und Deutschen

Dialog zwischen Dänen und Deutschen

Kopenhagen
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Der neue deutsche Botschafter Detlef Rünger bei seinem Besuch bei der Königin. Foto: Keld Navntoft

Detlev Rünger ist neuer deutscher Botschafter in Kopenhagen. Er möchte die Rolle der Botschaft als Vermittler weiter ausbauen und würdigt die Minderheiten als Brückenbauer.

Detlev Rünger ist seit Freitag offiziell neuer Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in Dänemark. Der 64-jährige Diplomat (verheiratet, zwei Kinder) kommt von einer Stelle als Generalkonsul in Atlanta, USA, und war zuvor Botschafter in Oslo (2009 bis 2012) und Wien (2012 bis 2015). Der gebürtige Hannoveraner befindet sich seit dem 1. August in Dänemark und  überreichte Freitag das Beglaubigungsschreiben an Königin Margrethe.

Herr Rünger, wie ist ihr erster Eindruck von Dänemark?
Ich glaube, jeder, der nach Kopenhagen kommt, ist begeistert und wird sehr schnell eingenommen von dieser herrlichen Stadt. Und das grüne, wohlgeordnete Dänemark erinnert mich natürlich ein wenig an meine Heimat Niedersachsen.

Für mich ist dies eine Rückkehr in ein Nachbarland, in einen Kulturraum den jemand einmal als „Old Europe“ bezeichnet hat. Ich war zuvor drei Jahre in den USA als Generalkonsul, zuständig für sechs der Südstaaten. Das war ein weiträumiger Amtsbezirk mit einer großen, dynamischen Wirtschaft, wo sich auch viele deutsche Unternehmen angesiedelt haben. Es war die „neue Welt“ mit all ihren Unterschieden, ihrer Größe, aber auch der ausgeprägten Freundlichkeit der Menschen.

Nach der spannenden Zeit die ich in den USA erlebt habe, empfinde ich es doch als ein großes Glück, wieder nach Europa zurückzukehren. Ich komme in ein Land, mit dem uns eine lange Geschichte, eine offene Grenze und viele gemeinsame Interessen verbinden und mit dem wir eng zusammenarbeiten.

Für mich hat sich damit auch der Wunsch erfüllt, wieder in einem Nachbarland arbeiten zu dürfen, wie ich das in meinen über 38 Jahren beim Auswärtigen Amt schon mehrfach getan habe. Ich bin dankbar, und es ist eine große Ehre und Verpflichtung, dass mir das Amt des Botschafters in Dänemark anvertraut wurde.
 
Haben Sie sich in Dänemark schon ein wenig umsehen können?
Ich kannte Dänemark schon von Reisen, die allerdings zum Teil lange zurückliegen. Seit unserem Eintreffen haben meine Familie und ich das Land intensiv und ganz bewusst bereist, von Kopenhagen bis Skagen, von Esbjerg bis Møn. Wenn man das nicht sofort macht, dann fängt einen der Dienstbetrieb schnell ein und fesselt einen an den Schreibtisch. Das ist auch hier so. Mein Terminkalender hat sich schnell gefüllt.

Gibt es so etwas wie ein Pflichtprogramm für neue Botschafter, oder konnten Sie sich die Ziele selbst aussuchen?
Der allererste Termin für einen neuen Botschafter nach dem Eintreffen im Gastland ist regelmäßig der Antrittsbesuch beim Protokollchef des Außenministeriums. Danach sucht man den Dean des Diplomatischen Corps, d.h. den dienstältesten Botschafter am Ort auf. Vor der Übergabe des Beglaubigungsschreibens des Bundespräsidenten an Ihre Majestät die Königin war ich allerdings noch nicht im Amt. Man ist bis dahin sogenannter „Botschafter agréé“ und damit eingeschränkt in den Handlungsmöglichkeiten.

Bereits erste wichtige Termine

Eine Anzahl wichtige Termine konnte ich allerdings schon absolvieren. Meine ersten Wege führten mich zur Deutsch-Dänischen Handelskammer, zum Goethe-Institut, zur Sankt Petri Schule und zur Sankt Petri Kirche. Ich habe verschiedene Gespräche im Außenministerium geführt und bei mehreren Botschafterinnen und Botschaftern Antrittsbesuche durchgeführt.

Diese Besuche werden weitergehen. Ich werde mich um Kontakte zum Parlament, zu Parteien, Regierungsstellen, Verbänden, Unternehmen, kulturellen Institutionen, Medien - kurz, zu all den Stellen bemühen, die in den deutsch-dänischen Beziehungen aktiv und unsere Partner sind.
 Haben Sie auf ihrer Reise durch Dänemark schon ein erstes Gespür dafür bekommen, welche Art Menschen die Dänen sind?

Die Dänen, die ich bisher getroffen habe, waren alle – ausnahmslos – sehr professionell, aufgeschlossen, kommunikativ und hilfsbereit. Ich bin begeistert zu sehen, wieviele Dänen ganz ausgezeichnet deutsch sprechen – und noch viel mehr verstehen deutsch ganz hervorragend. Mein erster Eindruck könnte nicht besser sein.

Sie waren vorher in Norwegen, also schon einmal in Skandinavien tätig. Welche Vergleiche können Sie ziehen?
Beide Länder sind Deutschlands Nachbarn – und das prägt unsere bilateralen Beziehungen. Wir sind offene, liberale Gesellschaften. Wir teilen die gleichen Werte und setzen uns für die gleichen Ziele ein. Wir stehen für Multilateralismus und eine regelbasierte internationale Ordnung. Wir sind Partner in der EU – Norwegen ist vertraglich eng an die EU angebunden – und in der NATO. Für beide Länder ist Deutschland ein wichtiger Handelspartner – und umgekehrt gilt das gleiche. Natürlich bestehen Unterschiede, die sich aus Geschichte, Geographie oder der Wirtschaftsstruktur ergeben. Norwegen ist etwa ein wichtiger Öl- und Gaslieferant für Deutschland. Dänemark ist eine hochkompetitive Industrienation und ein erfolgreicher Exporteur verarbeiteter Produkte.

Welche Schwerpunkte werden sie sich während Ihrer Zeit in Kopenhagen setzen?
Eine Botschaft ist ein Team. Ich bin nur ein Teil davon. Es gibt Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich um Politik, Wirtschaft, Kultur, Medien, die militärpolitischen Beziehungen oder den wichtigen Bereich der Rechts- und Konsularfragen kümmern. Ohne die innere Verwaltung, Protokoll und Zahlstelle funktioniert keine Botschaft. Die Schwerpunkte in der politischen Arbeit ergeben sich aus den anstehenden Aufgaben: Klimawandel, die Bewältigung des sich abzeichnenden Brexit, Migration, die Zukunft der Europäischen Union, die Zusammenarbeit bei der Lösung der Konflikte in der Peripherie der EU, der Erhalt und die Weiterentwicklung einer regelbasierten internationalen Ordnung, die Stärkung des multilateralen Prinzips in den internationalen Beziehungen.

Die Botschaft als Vermittler

Dies ist nur ein Teil der Herausforderungen, vor denen Deutschland, Dänemark, die EU und die internationale Gemeinschaft stehen. Aufgabe des Botschafters – und der gesamten Botschaft – ist es, zum Dialog zu diesen Themen einen Beitrag zu leisten, Gemeinsamkeiten zu suchen und Partner zur Problemlösung zu finden. Das hört sich jetzt etwas abstrakt an.

Ein Beispiel macht es deutlich: In dieser Woche führen wir auf hoher Beamtenebene umfassende politische Konsultationen mit Dänemark zu vielen der oben angeführten Sachbereiche. Oder: In den letzten Wochen haben uns mehrere politische Delegationen aus dem Bundestag, den Bundesländern und aus Fachministerien in Berlin hier besucht und Gespräche mit dänischen Partnern zu Themen wie Verkehr, Stadtentwicklung, Klima oder erneuerbare Energien geführt.

Ich würde mich freuen, wenn es mir gelingt, die Rolle der Botschaft als Vermittler noch weiter auszubauen. Ich werde mich bemühen, möglichst enge Kontakte hier in Dänemark zu knüpfen und daraus Begegnungen mit interessierten Stellen und Persönlichkeiten in Deutschland zu entwickeln. Kurz: Ich möchte dazu beitragen, Menschen zusammen zu bringen. Ein Instrument dazu sollen Veranstaltungen sein, die die Botschaft selbst ausrichtet.

Im Obergeschoss des Portlandtowers in Nordhavn, wo die wir seit letztem Jahr residieren, gibt es einen schönen Veranstaltungssaal mit einem atemberaubenden Blick über Kopenhagen. Ich möchte, dass dies ein Treffpunkt und ein Ort des Dialogs für Deutsche und Dänen wird. Im Augenblick planen wir dort zum Beispiel eine Veranstaltung zur Arktispolitik.
 
Geht es dabei auch um Imagepflege für Deutschland und für das deutsch-dänische Verhältnis?
Imagepflege spielt immer eine Rolle. Wir bemühen uns, durch unsere Öffentlichkeitsarbeit ein realistisches, zeitgemäßes Deutschlandbild zu vermitteln. In Dänemark müssen wir dazu allerdings keine Basisarbeit leisten. Die Dänen kennen Deutschland aus eigener Anschauung. Unser großes Glück ist, dass das deutsch-dänische Verhältnis heute so gut und entspannt ist wie wohl kaum jemals zuvor. Man sieht dies an der Dichte der Begegnungen und an dem Klima, in dem diese stattfinden. Nehmen sie den viel beachteten und gefeierten Besuch von Königin Margrethe in Schleswig-Holstein Anfang September.

Eine herausragende Rolle bei der Schaffung der überaus engen, freundschaftlichen Beziehungen zwischen unseren Ländern haben die Minderheiten gespielt – und diese Rolle nehmen sie weiter jeden Tag aufs neue ein. Nach den dunklen Jahren von Krieg, Besatzung und Nachkriegszeit sind sie es gewesen, die entscheidend zu der engen Verbundenheit heute beigetragen haben.
 
Wie bewusst sind Sie sich darüber, dass Sie 2020 ein ganz besonderes Jahr in Dänemark erwartet?
Der Hinweis auf das Deutsch-Dänische Kulturelle Freundschaftsjahr 2020 kam schon im ersten Telefongespräch mit meinem Amtsvorgänger Botschafter Meitzner, verbunden mit dem Satz „es gibt viel zu tun“. In der Tat sind die Planungen für das Jahr weit fortgeschritten. Es wird eine Vielzahl von kulturellen Veranstaltungen in Deutschland und in Dänemark geben. Dazu kommen Begegnungen auf Regierungsebene und auf Ebene der Parlamente. Ein erstes, herausragendes Ereignis wird die Eröffnung einer Ausstellung zur deutschen Geschichte – „Deutschland – Erinnerungen einer Nation“ – hier in Kopenhagen sein. Dass wir unser Freundschaftsjahr zusammen mit dieser Ausstellung und auch noch im dänischen Nationalmuseum eröffnen können, finde ich ganz großartig.

Für den Botschafter ist das Gedenkjahr 2020 ein großes Geschenk, denn unsere beiden Länder werden ein Jahr lang die guten Beziehungen feiern, die sich zwischen uns entwickelt haben. Dass Deutsche und Dänen und natürlich auch die beiden Minderheiten aus unterschiedlichen Blickwinkeln auf die Volksabstimmung 1920 schauen, ist dabei schon lange kein Hindernis mehr. Wichtig ist, dass wir vor 100 Jahren einen alten territorialen Streit friedlich beigelegt haben und dass das Ergebnis dieser Grenzziehung niemand in Frage stellt. Unsere gemeinsame Grenze verbindet schon lange viel mehr als dass sie trennt, und genau so sollte es auch sein zwischen guten Nachbarn Europa. Unser gemeinsames Grenzland ist eine Vorzeigeregion geworden, um die uns einige andere, auch in Europa, beneiden.
 

 

 

 

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