Leitartikel

„Ex-Ministerin: Eine tickende Bombe im Parlament“

Ex-Ministerin: Eine tickende Bombe im Parlament

Ex-Ministerin: Eine tickende Bombe im Parlament

Nordschleswig/Apenrade
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Inger Støjberg muss vor das dänische Reichsgericht. Doch zuvor rechnete sie mit politischen Gegnern und der eigenen Partei ab. Ihre politische Zukunft ist weiterhin offen, schreibt Chefredakteur Gwyn Nissen.

Es kam wie erwartet: Die frühere Vize-Vorsitzende der Partei Venstre muss sich in einem seltenen Reichsgerichtsverfahren gegen die Anschuldigung verteidigen, sie hätte die Anweisung gegeben, Asylpaare zu trennen bei denen die Partnerin unter 18 Jahre waren.

Sie wolle die Kinderbräute beschützen, so Støjberg. Es geht dabei konkret um 32 junge, minderjährige Frauen im Alter von 15 bis 17 Jahren und ihre Männer, die zwischen 1 und 16 Jahre älter sind. Im Reichsgericht geht es darum, ob die damalige Ausländer- und Integrationsministerin selbst die Anweisung gegeben hatte – dies wäre nämlich ein Gesetzesverstoß.

Am Dienstagnachmittag wurde nochmal deutlich, wie schwer sich die Parteien im Folketing mit dem Fall Støjberg tun – allen voran die Sozialdemokraten und Venstre – sie verzichteten auf ihr Rederecht.

Venstre wollte den inneren Zwiespalt nicht im Folketingssaal offen legen, und Parteichef Jacob Ellemann-Jensen hatte bereits im Vorfeld deutlich gemacht, dass er nicht „mit Anklagen, Venstre würde sich nicht um Recht und Ordnung scheren“, leben können. Wenn solche Anklagen erhoben werden, müssen sie geklärt werden, und der einzige Weg dahin ist ein Reichsgerichtsverfahren, so Ellemann-Jensen, der damit ein Machtwort sprach und Støjberg ins Abseits beförderte.

Die Sozialdemokraten steuern möglicherweise selbst auf ein Reichsgerichtsverfahren gegen Staatsministerin Mette Frederiksen zu. Sie soll im Fall der Nerz-Tötung ihre Befugnisse übertreten haben. Aus diesem Grund hielten sich die Sozialdemokraten zurück, um nicht selber in den Fokus zu geraten.

So dauerte die wichtigste Debatte über Inger Støjbergs politische Zukunft nur 20 Minuten.

Es stand mit anderen Worten schon vor der Abstimmung fest, dass Støjberg vor das Reichsgericht zitiert werden würde. Die frühere Venstre-Vize wehrte sich gegen die Anklage und beteuerte ihre Unschuld. Dabei erwies sich Støjberg noch einmal als politische Kämpferin, als sie ihre eigene Partei Venstre, die Konservativen und die Sozialdemokraten angriff. Diese seien mit ihrer Politik einverstanden gewesen, würden jetzt aber aus juristischen Gründen einen Fall daraus machen: Dies klinge hohl und zeige, dass diese kein Rückgrat hätten, so die Anklage der Ex-Ministerin.

Schließlich legte sie noch einen obendrauf, als sie sich bei den Partei-Kollegen, die gegen die eigene Partei-Richtlinie stimmten, bedankte. Aber eben auch bei den Kollegen auf dem rechten Flügel, die ebenfalls gegen das Reichsgerichtsverfahren stimmten – und gleichzeitig um die Gunst Inger Støjbergs buhlen.

Zu ihrer eigenen Zukunft bei Venstre oder einem möglichen Parteiwechsel schweigt Støjberg allerdings weiterhin. Damit ist sie nicht nur die Hauptperson in dem erst sechsten Reichsgerichtsverfahren in der Geschichte, sondern ist weiterhin eine tickende Bombe innerhalb ihrer Partei.

 

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