Leben in Nordschleswig

Die Kruses halten die alte Weule-Domuhr in Schwung

Die Kruses halten die alte Weule-Domuhr in Schwung

Die Kruses halten die alte Weule-Domuhr in Schwung

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben/Haderslev
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Ein- bis zweimal pro Woche zieht Karl Olof Kruse oder sein Sohn Ulrik Kruse mit Krafteinsatz das Turmuhrwerk auf. Foto: Karin Riggelsen

Umstellung auf Sommerzeit. Domuhr zieht sich nicht von alleine auf – die Uhrmacher helfen nach

Turmuhr  – ein Kleinod

Die Turmuhr stammt aus dem Hause des bekannten Uhrmachers Johann Friedrich Weule. Das Unternehmen, das auch als Glockengießerei bekannt war, hatte von   1836 bis  zur Schließung 1966 seinen Firmensitz in Bockenem im Harz. Die Uhr ist   mechanisch und muss aufgezogen werden. Vom Uhrwerk bis zu den Zifferblättern  an der Turmspitze ist der Abstand etwa 16 Meter. Klirrende Kälte und große Hitze  können das Uhrwerk  in seiner Genauigkeit beeinflussen.  Die Glocken   des Doms  wurden im  Ersten  Weltkriege eingezogen, um für Kanonen  umgeschmolzen   zu werden. Nach der Wiedereingliederung des Landesteils erhielt die Kirche im Juni 1922 vier neue Glocken als Schenkung.

Mit  seinem großen Schlüssel öffnet   Karl Olof Kruse geräuschlos  eine schwere Tür im rechten Seitenschiff des Doms.  Den Schlüssel hat  er zu  Beginn seiner Arbeit vor nunmehr 18 Jahren von der Kirche  ausgehändigt bekommen.  Nun geht es   über den Treppenaufgang zur Turmuhr. Die Wendeltreppe führt auf   50 schmalen Stufen in luftige Höhe.  Dort – auf  dem Dachboden des Doms  wartet der Haderslebener die  geschichtsträchtige Turmuhr aus dem Hause   J. F. Weule in Bockenem.

Das  Turmuhrwerk befindet sich in einem abgeschlossenen Raum ohne Fenster. Der nun 70-jährige Karl Olof Kruse übernahm die Wartung des Uhrwerks  von Uhrmacher  Olaf Henningsen. Henningsen war aufgrund  von Meinungsverschiedenheiten über einen Wichtel  auf dem Dach des Doms Ende 2000 zurückgetreten. Karl Olof Kruse  übertrug vor  Kurzem  seinem Sohn Ulrik die Leitung des Familienbetriebes „Kruse Ure Guld og Sølv Aps“. Uhrmacher Ulrik Kruse  (39)  arbeitet seit elf Jahren an der Seite seines Vaters in dem Geschäft  an der Bischofsstraße.   Die Betreuung  der Kirchenuhr mit teilweise automatisiertem Gewichtsantrieb und den angeschlossenen Glocken, ist längst zu einem Gemeinschaftsprojekt von Vater und Sohn geworden.

 

Öl aus der roten Kanne und schon läuft die Uhr wie geschmiert. Foto: Karin Riggelsen

Nach dem Rechten schauen

Die Kruses schauen ein-  bis zweimal in der Woche  im Dom nach dem Rechten und ziehen das Uhrwerk auf. „Das ist in nächster Nähe    unseres Geschäfts“, schmunzelt Karl Olof Kruse. Bei der Umstellung zur Sommer- und Winterzeit legen  die Kruses eine Sonderschicht ein. Im Dom   setzt man weiter auf Handarbeit, sodass dem Turmuhrwerk  auch im Frühjahr und Spätherbst  auf die Sprünge geholfen werden muss, damit die korrekte Uhrzeit auf den Zifferblättern an der Turmspitze angezeigt wird.

Wenn in der kommenden Nacht  die saisonale Zeitumstellung auf mitteleuropäische Sommerzeit erfolgt, dann ist  einer der Kruses im Dienst. „Die Zeitumstellung machen wir immer ab Mitternacht. Dann ist alles bereit für Sonntagmorgen, wenn die Haderslebener aufwachen“, erklärte Karl Olof Kruse.  

Auf die Weule-Turmuhr,  die 1897 im Harz gebaut wurde,  ist auch mehr als fünf Jahrzehnte nach der Schließung der  Firma  Verlass, wenngleich Temperaturunterschiede  die Genauigkeit beeinflussen können.    Die Glocken schlagen mit Viertelstundenschlag. Wenn die Zeiger eine volle Stunde erreicht haben, wird dieses durch zusätzliches  Glockengeläut verkündet.  Die Glocken sind charakteristisch  für Hadersleben. 

Bei der Umstellung in der Nacht  zum 25. März stellen die Uhrmacher um Mitternacht den Zeiger am Uhrwerk   eine Stunde    nach vorn und warten dann ab, ob das Werk sich nach dem „künstlichen Eingriff“ erholt hat, bevor sie nach Hause gehen. Im Herbst wird das Uhrwerk dann 60 Minuten abgeschaltet, wonach  die Uhr der Winterzeit angepasst wird.  „Es ist eine schöne Tradition mit der Domuhr. Im Grunde genommen werden wir Uhrmacher nur ausgebildet, um die Zeit in Gang zu halten“, kommentierte Kruse junior die  ihm und seinem Vater anvertraute  ehrenvolle Arbeit.

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