Stadtentwicklung

Es geht um die Wurst!

Es geht um die Wurst!

Es geht um die Wurst!

Hadersleben/Gramm
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Eine Wurtstbude gehört im Königreich Dänemark einfach dazu. Foto: Ute Levisen

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Für ihren Wurstwagen gehen die Haderslebener auf die Barrikaden. Im Zuge der Stadterneuerung am Jungfernstieg für 170 Millionen Kronen muss die Wurstbude „Grethe’s Pølser“ zum Jahresende den Baggern weichen. Das sorgt für Unmut. „Wir möchten ja nicht, dass sie in ein Loch fällt“, beschwichtigt der Vorsitzende des Technischen Ausschusses.

Kaum etwas eint Menschen aus der Domstadt – zumindest in sozialen Netzwerken – so sehr wie „Grethe’s Pølser“. Dort herrscht volklicher Unmut darüber, dass die Wurstbude am Jungfernstieg im Zuge des Stadtgestaltungsprojektes weichen muss. Erst mal.

Dabei ist der Zug für „Grethe’s Pølser“ nicht abgefahren, versucht der Vorsitzende des Ausschusses für Technik und Klima, Carsten Leth Schmidt von der Schleswigschen Partei, die Wogen des brodelnden Volkszorns zu glätten: „Zum Herbst muss der Kiosk vorübergehend verlagert werden, weil am Jungfernstieg gegraben wird. Wir möchten nicht, dass die Wurstbude in ein Loch fällt.“

Es gibt eine Zukunft

Leth kann den Wirbel um den Wurstkiosk nicht wirklich nachvollziehen. Bedeute das Stadtentwicklungsprojekt „Jungfernstieg“ doch nicht das Aus für „Grethe’s Pølser“. Im Gegenteil: „Wir könnten im Prinzip und wenn wir uns das antun möchten, den Kiosk nach den Arbeiten am selben Standort wie heute platzieren. Der Masterplan für den Jungfernstieg sieht sogar einen Imbiss im geplanten Klimapark vor“, betont Leth Schmidt. Mit der Imbiss-Option sei nicht das gegenüber liegende Fast-Food-Restaurant gemeint: „Das habe ich im Rahmen der Anhörung bei der Präsentation des Flächennutzungsplans für den Jungfernstieg genauso gesagt – in drei Sätzen.“

Leth fordert die Bevölkerung auf, Anregungen im Rahmen der Anhörungsphase zu geben, die Ende Mai ausläuft.

Von seinem jetzigen Standort muss der Wurstkiosk zum Jahresende vorübergehend weichen. Foto: Ute Levisen

Davon unabhängig gibt es nach Angaben des Politikers Gespräche mit dem jetzigen Inhaber von „Grethe’s Pølser“, Carsten Dyeremose, über alternative Standorte der Wurstbude, die viele Haderslebener liebgewonnen haben.

Hadersleben – Stadt der Würste

Kein Wunder: In Hadersleben ging es schon immer und im wahrsten Sinne des Wortes um die Wurst. In der Domstadt wird die Tradition des Wurstmachens großgeschrieben. Namhafte Schlachtermeister wie Vollstedt und Lampe machten und machen mit ihren Kreationen auf internationalen Messen auf sich aufmerksam und kehren stets preisgekrönt, mit Trophäen überhäuft, in die Heimatstadt zurück, wo ihre Erfolgsgeschichte zugleich Teil der Stadtgeschichte ist.

Kulturerbe im Mitropa-Chic

Um ein Kapitel Haderslebener Kulturgeschichte handelt es sich auch bei „Grethe’s Pølser“, dem unansehnlichen Wurstkiosk im Look der früheren „MITteleuROPäischen Schlaf- und Speisewagen-Aktiengesellschaft“ (Mitropa) mit einem Interieur, das aus den 70er Jahren stammt – und der im Herzen des künftigen Klimaparks steht, der Altstadt und Hafenviertel miteinander verbinden wird.

Im Vorjahr feierte der Wurststand in Dänemark sein 100-jähriges Bestehen. Als Angehörigem der deutschen Minderheit ist dem Ausschussvorsitzenden diese Tradition ganz und gar nicht wurscht: Schließlich hat sie ihre Wurzeln im Berlin der Jahrhundertwende.

Eine Bresche für den Imbissstand

In Hadersleben kennt die Beliebtheit von „Grethe’s Pølser“ keine Grenzen und reicht sogar bis in die Schlossstadt Gramm (Gram). Deren Pastor Johannes Gjesing, der sich – unter anderem – als treibende Kraft bei der Rettungsaktion für den „hässlichsten Weihnachtsbaum Dänemarks“ einen Namen gemacht hatte, rückte am Mittwoch mit seinem Radioprogramm „Humørbussen“ an, um höchstselbst eine Bresche für die Wurstbude am Jungfernstieg zu schlagen.

Damit nicht genug: Interessengruppen aus der dänischen Lebensmittelbranche haben anlässlich des großen Wurstjubiläums im Vorjahr eine Unterschriftensammlung initiiert – mit dem Ziel, die dänische Wurstbuden-Tradition zum Unesco-Kulturerbe zu machen.

Es geht somit um viel, viel mehr als nur um die Wurst!

 

Ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken: Jens Asmussen, Inhaber des Wurstwagens im Zentrum der Haderslebener Altstadt. Foto: Ute Levisen
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