Tourismus

Fremdenführerin mit Gehhilfe

Fremdenführerin mit Gehhilfe

Fremdenführerin mit Gehhilfe

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Christiansfeld
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Ellen Hansen (91) ist noch voller Energie und Tatendrang. Foto: Karin Friedrichsen

Ellen Hansen (91) führt Touristen und Einheimische, die wie sie gehbehindert sind, durch die Altstadt von Christiansfeld.

Ellen Hansen hat   in Kooperation mit  „Christiansfeld Centret“ ein neues Angebot für Menschen bereitgestellt, die nicht gut zu Fuß sind. Die 91-jährige pensionierte Lehrerin benutzt einen Rollator, wenn sie sich durch die Straßen ihrer Heimatstadt bewegt. Die  kompetente Fremdenführerin  kennt die UNESCO-Welterbe-Stätte  wie ihre eigene Westentasche. Ellen Hansen führt seit etwa 25 Jahren Touristen und Einheimische durch  Christiansfeld. Führungen   in der  Parkanlage Christinero, die einst von Kammerherrin Christina Friderica von Holstein vor den Toren der Stadt angelegt  wurde,  waren ebenfalls jahrelang fester Bestandteil  ihres Wirkens.

Treffpunkt der Stadtführung mit Gehhilfe ist die   Kirche der  Herrnhuter Brüdergemeine.  Nach dem Besuch des Gotteshauses  zeigt  Ellen Hansen  den historischen Stadtkern. Weiter geht  es zum Gottesacker und Comeniusgarten. Die Brüdergemeine leitete im August die Renovierung des Friedhofes ein.  Mehr als 200 Lindenbäume, die gepflanzt wurden, als die Herrnhuter 1773 Christiansfeld gründeten,   werden in diesen Wochen   gefällt. Die Gemeinde   beschloss, die vom Alter   geschwächten Bäume  abzuholzen und  eine Friedhofssanierung durchzuführen. Für das Projekt mussten rund 8,5 Mio. Kronen zusammengetragen werden. „Die neuen Bäume werden von stattlicher Größe sein. Das  Projekt wird bestimmt positiv ausfallen. Das haben wir auch   erlebt, als ein  Sanierungsprojekt  auf unserem Kirchplatz umgesetzt wurde“, schmunzelt Ellen Hansen. Die aktive Seniorin ist nach einem operativen Eingriff vor zwei Jahren selber auf einen Rollator bzw.  Gehstock  angewiesen. Eigentlich hatte sie es aufgegeben, erneut als Fremdenführerin aktiv zu werden.  Es war ein Bekannter aus Christiansfeld,  der sie auf die Idee brachte,    Stadtführungen für „Leidensgenossen“ auszurichten.  Mit ihrer humorvollen Art erklärt Ellen Hansen den Teilnehmern spannende Stationen in Christiansfeld, wobei  sie immer das Tempo im Auge behält.  

Ellen Hansen erblickte  in der ehemaligen Realschule an der Lindegade   das Licht der Welt.   Ihr Vater Alfred Jørgensen leitete die Schule, die von der Brüdergemeine  gegründet wurde. 1944   gehörte Alfred Jørgensen zu den Mitbegründern der Realschule am Christiansfelder Weg in Hadersleben. „Wir hatten viele Schüler aus Hadersleben. Damit  die Schüler nicht nach Christiansfeld radeln mussten, wurde beschlossen, eine weitere Schule ins Leben zu rufen“, erinnerte sich Ellen Hansen. Ihr Onkel väterlicherseits, Gunnar Jørgensen, übernahm die Leitung der Schule.  Ihre Mutter Elise Jørgensen war auch Lehrerin und Ellen Hansen trat in die Fußstapfen ihrer Eltern. Nach dem Studium am Lehrerseminar in Hadersleben, arbeitete Ellen Hansen an der dänischen Schule in Husum. 

Unterrichtete in Christiansfeld und Kolding

Ende der 50er Jahre kehrte sie nach Nordschleswig  zurück, wo sie zunächst an der Realschule in Christiansfeld und später an der Realschule in Kolding unterrichtete.  Christiansfeld verlor die rüstige Seniorin auch nach der Scheidung von ihrem ersten Ehemann nie aus den Augen. Nach der Heirat mit dem Direktor der Tyrstruper Molkerei, Holger Hansen,  wollte Ellen Hansen in die  Herrnhuter-Stadt zurück und wurde in verschiedene Aktivitäten eingebunden. Aber sie stand auch an der Seite ihres Ehemanns,   als dieser von 1990 bis 1994 für die Konservative Volkspartei als Bürgermeister der damaligen Kommune Christiansfeld    wirkte. Ellen Hansen verwitwete im August 2006.

„Als ich meinen 90. Geburtstag feierte hatte ich 50 Familienmitglieder um mich“, erinnert sich die Seniorin. Ihre vier Kinder aus erster Ehe, die  in Weyhausen, Hadersleben und Aarhus wohnen, haben ihr zehn Enkelkinder und sechs Urenkel geschenkt: „Mein Mann Holger hat auch eine große Familie. Alle kümmern sich um mich“, sagt die Christiansfelderin. Die Stadtführungen bringen ihr erneute Energie, auch wenn die Nachfrage noch nicht groß war.

„In der kommenden Woche hat sich eine Gruppe für eine Führung angemeldet“, erklärte Brigitte Lamp, Leiterin von „Christiansfeld Centret“.  Das Angebot werde in den kommenden Monaten bestehen bleiben. „Kirchen- und Kulturministerin Mette Bock  (LA, Anm. der Red.) hat uns  heute besucht. Ich habe ihr von unserem einzigartigen Angebot mit den Führungen durch Ellen Hansen erzählt“, berichtete Birgitte Lamp stolz.

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