Deutsch-dänischer Gottesdienst
Im Gedenken vereint in Wilstrup
Im Gedenken vereint in Wilstrup
Im Gedenken vereint in Wilstrup
Am 11. November wurde erstmals ein deutsch-dänischer Gottesdienst in der Kirche der Ortschaft Wilstrup durchgeführt. Die Pastorenkollegen Lars-Peter Melchiorsen und Martin Witte ziehen eine positive Bilanz.
Der Gedenkgottesdienst in der Wilstruper Kirche ist am Sonntag, 11. November, mit Teilnahme vieler Kirchgänger durchgeführt worden.
Es war das erste Mal, dass ein deutsch-dänischer Gottesdienst in dieser Form stattfand. 100 Jahre nach der Unterzeichnung des Waffenstillstandes nach dem Ersten Weltkrieg war die Zeit reif für ein gemeinsames Gedenken, so der Pastor des dänischen Teils der Gemeinde, Lars-Peter Melchiorsen. Gemeinsam mit Pastor Martin Witte von der Nordschleswigschen Gemeinde (NG) und der Vorsitzenden von Vilstrup Sogn, Pernille Reschat, sowie Britta Schneiders, Kirchenälteste im Pfarrbezirk Süderwilstrup, wurden die Vorbereitungen getroffen.
Es wurde wechselweise Deutsch und Dänisch gesungen, gepredigt und gesprochen. Ergreifend waren auch die Briefe von Zeitgenossen, die vorgelesen wurden. Kurz vor 11 Uhr zogen die Kirchgänger nach draußen, wo man sich am Mahnmal versammelte. „In Wilstrup gibt es nur einen Gedenkstein. Hier wurde keine Aufteilung nach Gesinnung gemacht“, so Melchiorsen. Nicht nur der Gottesdienst war musikalisch umrahmt mit Orgelmusik und Trompetenklang. Bei der Kranzniederlegung, die im Anschluss an das Glockenläuten ab 11 Uhr erfolgte, sangen die Mitglieder des Wilstruper Chores „Sag mir, wo die Blumen sind“. Der dänische Chor, „Glade Kor“, stimmte „Altid frejdig“ an. Silke Schultz begleitete auf ihrer Flöte.
Familienschicksal
Nach einer kleinen Erfrischung in der Kirche hielt Pastor Kaj Bollmann, Jyllinge, einen Vortrag über seine dänisch-deutschen Vorfahren. Bollmanns Großvater Heinrich Bollmann fiel im Ersten Weltkrieg. Der Großvater war, wie der Pastor, der auf Alsen aufgewachsen ist, es beschreibt, „Vor allem Mensch, nicht Däne oder Deutscher“. Ziegeleivorsteher Heinrich Bollmann war von Deutschland nach Nordschleswig gekommen, wo er mit seiner Frau Hansine am Katsund lebte. Das Ehepaar hatte vier Kinder, als Heinrich Bollmann mit dem I Schützenregiment 86 in den Ersten Weltkrieg zog. Das fünfte Kind, Kaj Bollmanns Vater Wilhelm Bollmann, wuchs ohne seinen Vater auf. Gefreiter Bollmanns Leben endete im April 1916 in einem Schützengraben in Frankreich. Er wurde auf einem Soldatenfriedhof in Frankreich bestattet. Heinrich Bollmanns Name ist auf dem deutschen Mahnmal, das auf dem Klosterfriedhof in Hadersleben errichtet wurde, aufgeführt.
„Ob Hansine gefragt wurde, wo ihr Heinrich der Gesinnung nach hingehörte, bezweifle ich. Ich glaube nicht, dass mein Großvater besonders viel Lust hatte, sein Leben im Krieg für Kaiser und Vaterland zu opfern. Er hätte zweifelsohne mehr Lust gehabt sein gutes Dasein mit Frau und Kindern und der Arbeit in der Ziegelei fortzusetzen. Hansine und Heinrich waren in erster Linie Menschen, nicht Dänisch oder Deutsch“, so Bollmann. Kaj Bollmann hat sich Gedanken darüber gemacht, ob es im hundertsten Jahr nach dem Waffenstillstand es an der Zeit wäre das dänische und das deutsche Mahnmal, die beide auf dem Klosterfriedhof stehen, zu einem gemeinsamen Monument zusammenzusetzen.
Bewegender Gedenkvormittag
„Es war für uns alle ein bewegender Gedenkvormittag. Wir sind ein wenig mehr zusammengerückt, Dänen wie Deutsche“, fasste Pastor Martin Witte zusammen. Das gemeinsame Einsingen beider Chöre im Gemeindehaus sei schön gewesen. „Wir haben uns im Vorfeld des Gedenkgottesdienstes das erste Mal getroffen“, freute sich der Pastor, der Leiter des Wilstruper Chores ist.
Der Vorsitzende der Schleswigschen Partei und Stadtratsmitglied in Hadersleben, Carsten Leth Schmidt, Süderballig, war mit Familienmitgliedern in der Kirche. „100 Jahre nach dem 11. November 1918 wird erstmals ein deutsch-dänischer Gottesdienst in der Form, wie wir ihn heute feiern, gestaltet“, sagte Leth Schmidt. Der Gedenkgottesdienst sei ein gutes Erlebnis gewesen. Aber leider sei es nach 1918 nicht Schluss gewesen mit den Kriegen. Wenige Jahre nach dem Ersten Weltkrieg kam der Zweite Weltkrieg, so Leth Schmidt, der daran erinnerte, dass es auch in der Gegenwart in Dänemark Soldaten gibt, die traumatisiert von Einsätzen im Ausland zurückkehren. Zwar habe es zur Zeit des Ersten Weltkrieges den Begriff PTSD (Posttraumatische Belastungsstörung) noch nicht gegeben. Aber nach dem gemeinsam ertragenen Leid auf den Schlachtfeldern, sei es für viele Soldaten bestimmt nicht leicht gewesen, den Alltag zu Hause fortzuführen, so Leth Schmidt. „So kann es auch in der Gegenwart sein. Wir haben in Bollmanns Bericht gehört, dass bei seinem Sohn, der in Afghanistan im Einsatz war, die Diagnose PTSD gestellt wurde.“