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Vom Serviettenbauen zum Bierbrauen

Vom Serviettenbauen zum Bierbrauen

Vom Serviettenbauen zum Bierbrauen

Aarö/Aarø  
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Ole Dam hat sich auf das Bierbrauen verlegt. Foto: Ute Levisen

Die Geschichte der Mikrobrauerei „Aarø Bryg“ auf der Insel Aarö im Kleinen Belt nahm mit der Kunst des Serviettenbrechens ihren Anfang. Das ist nun sieben Jahre her. Inzwischen hat sich die einstige Versuchsbrauerei zu einem Klein-Unternehmen gewandelt und ist längst über den kleinen Biergarten im Hinterhof hinausgewachsen.

Seit nunmehr fünf Jahren beschäftigt sich Ole Dam mit dem Bierbrauen. Im April des Vorjahres öffnete „Aarø Bryg“ zum ersten Mal offiziell seine Pforten. Es ist eine Art Feuertaufe gewesen. Der Erfolg hat den frischgebackenen Braumeister dann doch überrascht, denn sein Bier ging weg wie warme Semmeln:

„Wir kamen mit dem Brauen gar nicht hinterher.“

 

Verschiedene Bierkreationen hat Dam in den vergangenen Jahren entwickelt. Foto: Ute Levisen

Jubiläumsbier zum 100.


Im 100. Jubiläumsjahr von Grenzziehung und Volksabstimmung wartet Dam mit dem passenden Bier auf: „Genforeningsbryg“ lautet der Name seiner Jubiläumskreation.

„Die Geschichte der Volksabstimmung ist höchst interessant. Aarö war einst die nördlichste Insel des deutschen Kaiserreiches“, sagt Braumeister Dam. Aus gegebenem Anlass kredenzt er – passend zum Wiedervereinigungsbier – Grenzlandgeschichte in einer kleinen dreiteiligen Videoserie.

Das Bier zum Grenzlandjubiläum Foto: Ute Levisen

Klub der Vordermänner

Zum Bierbrauen kam Ole Dam über das Serviettenbrechen. 2013 gründeten er und andere Insulaner einen „Serviettenbrecher-Klub“.

Es ist reiner Herrenklub für Männer im Alter von 18 bis 95 Jahren. Was vor nunmehr sieben Jahren mit 13 Mitgliedern seinen Anfang nahm, hat sich inzwischen zu einem Klub mit 41 Mitgliedern gemausert. Vorsitzender ist Ole Dam.

Bereits zu Weihnachten 2015 kreierte Ole Dam ein Weihnachtsbier. Foto: Ute Levisen

Von Vorder- und Hintermännern

„Das heißt, der Vorsitzende ist bei uns der Hintermann. Alle anderen Mitglieder sind Vordermänner“, lacht der Hintermann.

Die Herren treffen sich regelmäßig: Im Mittelpunkt stehen Schlemmen und das „Serviettenbauen“, auch Servietten-Origami genannt. Bei einem dieser Treffen hatte Dam die Idee, sich mit der hohen Kunst des Brauens zu beschäftigen. Es blieb vorerst bei dem Gedanken, denn wie Bier, so brauchen auch Visionen zuweilen Zeit zum Gären und Reifen.

Beim Serviettenbrechen kam dem Braumeister die Idee, sich mit Hopfen und Malz zu beschäftigen. Foto: Ute Levisen

Wie aus einem Hühnerstall eine Mikrobrauerei wurde


In den darauffolgenden Jahren wurde es ernst: Ole Dam baute den einstigen Hühnerstall des fast 100-jährigen Anwesens der Familie in ein Mikrobrauhaus um. Ein Teil dient als Brauerei, die andere Hälfte des einstigen Stalls lädt – ebenso wie der Biergarten davor – mit gemütlichen Sitzecken zum Verweilen und Genießen ein.

Ein erster Höhepunkt war für den Autodidakten vor fünf Jahren „Aarø Julebryg“, ein Weihnachtsbier, das auf dem Weihnachtsmarkt der Insel Premiere hatte.

„Wir konnten nicht genug liefern“, erinnert sich der 57-Jährige, dessen Weihnachtsbier damals reißenden Absatz fand.

Die Brauerei diente vormals als Hühnerstall. Foto: Ute Levisen

Nach dem deutschen Reinheitsgebot

Sechs Biersorten hat Dam inzwischen im Sortiment – vier davon sind nach dem deutschen Reinheitsgebot hergestellt. Die anderen beiden enthalten recht exotische Ingredienzen, Baumrinde beispielsweise, und Zucker von Mauritius, der weltweit als der feinste seiner Art gilt.

Melisse, Ingwer, verschiedene Hefe-, Hopfen- und Malzsorten, damit experimentiert der Braumeister seither. Spezielle Zutaten kauft er im Großhandel, sein Gerstenmalz bei der Brauerei Fuglsang.

„Ich pflege eine fantastische Zusammenarbeit mit Fuglsang“, sagt Ole Dam. Auch Produkte von der Insel fließen in seine Kreationen ein: Honig zum Beispiel. 

Seinen Job hat der frühere Berater in der Reinigungsbranche inzwischen an den Nagel gehängt, um sich ganz der Kunst des Bierbrauens zu widmen. Hilfe bekommt er in der Hochsaison von seiner Frau oder von anderen Inselbewohnern.

Gebraut wird nach dem deutschen Reinheitsgebot. Foto: Ute Levisen

30.000 Flaschen

Für dieses Jahr hat sich Braumeister Dam einiges vorgenommen: 30.000 Flaschen Inselbier möchte er produzieren. 15.000 Liter. Fast 10.000 Flaschen mehr als im vergangenen Jahr. Inzwischen vertreiben Spezialgeschäfte seine Produkte. Auch in ausgewählten Restaurants findet man Dams Kreationen. Eine Klientel sind zudem Unternehmen. Sie kaufen Dams Bier, um es, hübsch verpackt, mit rot-weißem Band verschnürt, zu besonderen Anlässen zu verschenken.

„Dabei haben wir bislang mit Blick auf die Vermarktung recht wenig unternommen“, lacht er.

Das soll sich ändern. Angst, auf seinem Bier sitzen zu bleiben, hat er nicht: „Jährlich besuchen 65.000 Gäste unsere Insel“, sagt Ole Dam: „Wenn nur jeder Zweite mein Bier trinkt."
 

Läuft die Mikrobrauerei auch in Zukunft so gut, wie das Bierabenteuer begonnen hat, möchte Ole Dam ausbauen, denn ein kleines Lager, das habe ihm gerade noch gefehlt.

Für das laufende Jahr hat sich Ole Dam einiges vorgenommen. Foto: Ute Levisen

Servietten-Rekord

Zurück zum Serviettenklub, wo vor nunmehr sieben Jahren alles seinen Anfang nahm: Für den Jubiläumssommer 2020 haben sich die Serviettenfalter etwas Besonderes vorgenommen: Sie wollen ins Guinnessbuch der Rekorde und die weltweit größte Serviette falten! Der Antrag beim Guinness-Komitee ist gestellt. Jetzt harren die Herren der Dinge, die da kommen und hoffen, dass ein Guinness-Gutachter einen Abstecher auf die Insel macht, um dem Projekt seinen fachlichen Segen zu geben. Fürs Bier, passend zum Event, sorgt das Brauhaus „Aarø Bryg“.

Bier-Safari

 

Ole Dams sechs Bierschöpfungen tragen übrigens die Bezeichnungen von kleinen Gebieten auf Aarö – Inselbezeichnungen, die bereits einige 100 Jahre alt sind: „Gåsefod“, „Æ Mæsk“, „Blesmark“, „Bådt“, „Søjmaj“ und „Pråmen“.

Mehr noch. Alle Inselgebietsnamen sind fein säuberlich auf einer Karte verzeichnet. Ole Dam hat auch schon die dazu passende Idee: Im Sommer können Einheimische und Touristen die Insel erkunden – und jeweils das rechte (Stark-)Bier, abgefüllt in Halbliterflaschen, am rechten Ort genießen.


Am besten mindestens zu zweit – sonst kommt man wohl nicht weit.

 

Die Biersorten sind nach Orten der Insel benannt worden. Foto: Ute Levisen
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