Kommentar

Als eine „deutsche Kartoffel“ den dänischen König traf

Als eine „deutsche Kartoffel“ den dänischen König traf

Als eine „deutsche Kartoffel“ den dänischen König traf

Alena Rosenberg
Gravenstein/Gråsten
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König Frederik (Mitte) und Königin Mary spazieren auf dem Weg zu ihrer Sommerresidenz im Schloss Gravenstein neben dem Bürgermeister von Sonderburg (Sønderborg), Erik Lauritzen (Soz.), der rechts im Bild zu sehen ist. Foto: Karin Riggelsen

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Das Ankommen des Königspaares in Gravenstein, kommentiert von „Nordschleswiger“-Praktikantin Alena Rosenberg: Die Bürgerinnen und Bürger Dänemarks lieben ihre Königsfamilie. Das hat mir Karin, unsere Fotografin, auf dem Weg nach Gravenstein erklärt. Mit den Menschenmassen hatte sie trotzdem nicht gerechnet. Ich dagegen stand völlig unvoreingenommen und ahnungslos im „Medienpool“, voller Nervosität wegen des anreisenden Königspaares.

Als in der Redaktion des „Nordschleswigers“ die Planung wegen des Königsempfanges aufkam, wurde ich hellhörig. Noch vor meiner Abreise nach Dänemark hatte mein Papa gescherzt: „Ach, wenn du dann erst die Königsfamilie triffst und mit ihnen ein Käffchen trinkst...“ Damals habe ich ihn ausgelacht. Woher sollte ich auch wissen, dass die Royals ihre Sommerresidenz im nahen Gravenstein haben? Woher konnte ich ahnen, dass ich dabei sein werde? Jedenfalls war im Gespräch, wer zu dem Empfang fährt. Da traute ich mich nicht, die Hand zu heben. Immerhin war ich „nur“ Praktikantin, und erst seit drei Wochen da. Ich ging davon aus, dass nur erfahrene Kolleginnen und Kollegen zu so einem großen Event fahren dürfen. Aber dann die Überraschung: Mein Name fiel in der Konferenz! Ich, eben die kleine neue Praktikantin wurde vorgeschlagen! 

Und tatsächlich saß ich ein paar Wochen später mit unserer Fotografin im Auto und fuhr zu dem Empfang. Meine Aufgabe war es, das Blumenmädchen Cathrine zu filmen und ein kleines Interview mit ihr zu führen. Bis es zu dem Punkt kam, standen wir allerdings schon über zwei Stunden in der brennenden Sonne, eingepfercht in dem für die Presse abgesperrten Bereich. Und abgesperrt, heißt in dem Fall: Einmal drinnen, darfst du bis zum Ende nicht mehr raus. Kein Schatten und wenn man sich kurz hinsetzt, stellt ein anderer Reporter seinen Hocker dort ab, wo man sich eben einen guten Platz reserviert hatte. Neben mir wurden riesige Kameras aufgebaut. Daneben kam ich mir mit dem einbeinigen Stativ und einem iPhone sehr klein vor. 

Auf jeden Fall hatte ich hinreichend Zeit, um Probeaufnahmen zu machen und meinen Platz zu verteidigen.

Das Interview mit Cathrine hat sehr gut geklappt; die Fünfjährige hat das toll gemacht. Der Platz füllte sich immer mehr mit Menschen. Immer wieder blickte ich auf mein Handy, die Zeit verging zwischendurch sehr langsam. Außerdem ging die Uhr am alten Rathaus 20 Minuten vor, eine gemeine Verwirrung. 

Punkt 16 Uhr begannen alle, ihre Dannebrogs, also die dänische Nationalflagge, zu schwenken. „Aha“, dachte ich, „jetzt geht es endlich los!“ Und da stiegen sie aus: König Frederik und Königin Mary. Zum ersten Mal sah ich adelige Menschen, und das nur vier Meter von mir entfernt. Keine Sekunde wollte ich verpassen. Und wie beeindruckend sie waren! Wie stattlich der König den Teppich entlangging, wie wunderschön Mary in dem Kleid aussah! Von Weitem hätte sie auch Prinzessin Kate sein können, vom Stil und der Frisur. 

Nach den Reden ging das Paar herum und begrüßte die Zuschauenden. Jeder, der ganz vorn stand, kam in den Genuss, die Hand der Royals schütteln zu dürfen. Nur zu uns Journalistinnen und Journalisten kamen sie nicht. Erst war ich enttäuscht und wäre gerne unter den Glücklichen gewesen, andererseits hätte ich an ihrer Stelle auch keine Lust auf Nahaufnahmen oder ein unvorbereitetes Interview gehabt. „Immerhin habe ich sie überhaupt gesehen und alles auf Video“, sagte ich mir. Und das ist schon mehr, als ich in Deutschland je wieder erleben werde. Wen sollten wir denn so anhimmeln? 

Im Rahmen des Empfangs habe ich zu der Geschichte und der aktuellen Situation des dänischen Königshauses recherchiert. Nach Amtsantritt standen Frederik und Mary in der Kritik, weil sie sehr viel verreisen und viel Geld ausgeben würden. Allerdings erfüllt das Königshaus repräsentative Aufgaben. Dafür bekommen sie einen dreistelligen Millionenbetrag im Jahr. Wozu leistet sich der Staat ein Königshaus? Ich verstehe unter den Royals eher ein Symbol für den Grat zwischen Tradition und einem Umschwung in die moderne Zeit. Jedes Land hat Traditionen und zu manchen Ländern gehören Königinnen und Könige nun mal dazu, zu anderen Ländern wiederum nicht. Vielleicht kann ich das als Deutsche nicht nachempfinden, aber ich betrachte die Lage pragmatisch. Wieso sollte man die Traditionen des Landes nicht pflegen und erhalten?

Die verbliebenen Königshäuser dienen der Repräsentation und verkörpern die Kultur ihres Landes. Die staatlichen Entscheidungen treffen andere. Im Gegensatz zu Deutschland haben Dänen und Briten wenigstens eine Familie, zu der sie aufblicken können, die Tradition und Beständigkeit verkörpert. 

Man hört ja immer wieder von der Verehrung, die die britischen Royals erfahren, aber mit der dänischen Königsfamilie hatte ich mich nie auseinandergesetzt. Trotzdem interessiert es mich, jetzt mehr denn je. In meinen verbleibenden zwei Monaten werde ich hoffentlich noch mehr über Dänemarks Monarchenpaar erfahren. Und wenn ich wieder zu Hause bin und das Königspaar im Fernsehen sehe, kann ich von mir behaupten: Ich habe sie live gesehen.

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