Leitartikel

„Von wegen bessere Balance: Auslagerung staatlicher Arbeitsplätze droht zu scheitern“

Auslagerung staatlicher Arbeitsplätze droht zu scheitern

Auslagerung staatlicher Arbeitsplätze droht zu scheitern

Kopenhagen/Nordschleswig
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Die dänische Regierung will 1.000 staatliche Arbeitsplätze streichen, um die gesparten 400 Millionen Kronen in den Wohlfahrtsstaat zu stecken. Ein edles Motiv – aber die Sache hat leider einen Haken, kommentiert Chefredakteur Gwyn Nissen.

Finanzminister Nicolai Wammen von der Regierungspartei der Sozialdemokraten bezeichnete im Mai die angekündigten Sparmaßnahmen der Regierung als „logisch“: Wenn man von den Kommunen verlange, dass sie entbürokratisieren müssten, dann gelte dies auch für den Staat. Also sollten 1.000 Arbeitsplätze gestrichen werden.

Jetzt steht allerdings fest, wo die staatlichen Arbeitsplätze reduziert werden. Und nein, es ist nicht in Kopenhagen, wo die meisten der über 70.000 staatlichen Arbeitsplätze in Ministerien und Behörden sind, sondern in der Provinz. Darunter in Augustenburg (Augustenborg) bei Sonderburg (Sønderborg), wo ein Teil der Landwirtschaftsbehörde ihren Sitz hat, und auch in Ripen (Ribe), Esbjerg und Kolding.

Genau 1.076 Vollzeitstellen sollen gestrichen werden – allein 750 davon in der Provinz. Nur 300 in Kopenhagen. Dieses Manöver trägt die Handschrift von Chefs, die in Hauptstadt-Adressen wie Hammerichsgade, Landgreven oder Carsten Niebuhrs Gade ihre Büros haben. Ist das politisch so gewollt?

Der Sozialdemokrat Benny Engelbrecht aus Sonderburg zeigt sich gegenüber der Zeitung „Jyllands-Posten“ zumindest überrascht: Er sei nicht beeindruckt (ikke imponeret) von der Verteilung. 

Das ist schon sehr milde ausgedrückt, denn das Folketing verfolgt seit 2015 eigentlich das Ziel, staatliche Arbeitsplätze aus Kopenhagen auszulagern. Teils um ein Zeichen zu setzen, teils um andere Regionen im ganzen Land zu stärken. 

Es wurden Hunderte Millionen investiert, um die neuen Arbeitsplätze in Augustenborg, Holbæk, Lemvig und an anderen Standorten zu schaffen. Behörden mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sind – oft gegen ihren Willen – umgezogen. Bessere Balance, so lautete die Überschrift der Auslagerung. 8.000 Arbeitsplätze zogen von der Hauptstadt in die Provinz um. Doch von diesen existieren nach Einsparrunden und Rekrutierungsproblemen längst nicht mehr alle.

Die Auslagerung ist vor allem ein politisches Ziel, dem sich die Chefriege der Ministerien und Behörden in Kopenhagen – und auch große Teile des Personals – nur widerstrebend gebeugt haben. Klammheimlich haben sie sogar gegen die „verrückte politische Idee“ gearbeitet und die Balance selbst zum Kippen gebracht. 

Und die Politik hat nicht aufgepasst.

Das Ergebnis: In Kopenhagen sind seit 2017 über 11.000 neue staatliche Arbeitsplätze entstanden. Unter der Leitung von Regierungschefin Mette Frederiksen (Soz.) sind etwa 4.000 neue Leitungsstellen entstanden. Die Bürokratie wächst und gedeiht – und das in Zeiten, in denen Digitalisierung und Automatisierung den Staatsapparat eigentlich effizienter machen müssten – nicht größer.

Frederiksen Parteikollegen Bjørn Brandenborg und Lars Olsen sehen genau wie Benny Engelbrecht die Balance als gekippt an. Sie schlagen daher vor: Kündigen oder aussiedeln – also entweder staatliche Arbeitsplätze in der Hauptstadt abzubauen – oder sie in die Provinz zu verlegen.

Eine bessere Balance zwischen Kopenhagen und Provinz kommt eben nicht von allein. Sie muss erarbeitet werden, und zwar mit deutlichen Signalen und Zielen. 

Es wird Zeit, dass die Politik und allen voran die Regierung um Sozialdemokraten, Venstre und Moderaten sich wieder ans Ruder begibt und den Kurs setzt, statt sich von Führungskräften in den Ministerien und Behörden an der Nase herumführen zu lassen. 

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