Buchveröffentlichung

Der Mord an Antik-Andersen: „Die Frage nach der Schuld beschäftigt mich“

Der Mord an Antik-Andersen: „Die Frage nach der Schuld beschäftigt mich“

Der Mord an Antik-Andersen: „Die Frage nach der Schuld besch

Gravenstein/Gråsten
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Schriftstellerin Linda Lassen vor dem Haus in der Sonderburger Innenstadt, in dem 1967 ein Mord geschah, der bis heute nicht aufgeklärt ist. Foto: Jacob Schultz/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

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Die Gravensteinerin Linda Lassen hat ein neues Buch herausgegeben. Mit dem „Nordschleswiger“ spricht die Autorin über einen unaufgeklärten Mord, warum Menschen Verbrechen begehen und weshalb sie den Diebstahl von Nazi-Uniformen aus dem Deutschen Museum Nordschleswig in ihrem Werk verarbeitet hat.

Am 17. Februar 1967 starb Antikhändler Kristian Andersen durch drei Schläge auf den Kopf in seiner Wohnung in der Sonderburger Innenstadt. Der Täter wurde nie gefunden, der Mord ist bis heute unaufgeklärt. Die Gravensteinerin Linda Lassen hat nun eine Erklärung für diesen Mord gefunden  – in ihrem neuen Roman, der im Hovedland-Verlag erschienen ist.

Interviews mit Zeitzeugen

In ihrem Buch „Den Skyldige“, zu Deutsch „Der Schuldige“, taucht sie in die Geschichte des alten Kriminalfalls ein, der die Sonderburgerinnen und Sonderburger auch Jahrzehnte später noch immer beschäftigt.

„Ich interessierte mich für den alten Fall. Über Bekannte hörte ich eines Tages von Leuten, die mehr über diesen Mord an Antik-Andersen wussten. Mit denen wollte ich mich gerne unterhalten, und ich erhielt eine Idee für das Buch“, erzählt die 74-Jährige.

„Der Schuldige“ – Linda Lassen mit ihrem Buch Foto: Sara Eskildsen

Nachdem sie im Corona-Lockdown zunächst ein anderes Buch fertiggeschrieben hatte, ging es nach der Aufhebung der Restriktionen mit Gesprächen und dem Verfassen des Werkes weiter.

In ihrem Buch hat sie eine Erklärung dafür, wer Antik-Andersen 1967 erschlagen hat. Wer, wird an dieser Stelle nicht verraten. Doch so viel sei gesagt: Dem Mord in der Perlegade 20 ging eine lange Geschichte von Schuld und Verrat voraus.

Einbruch im Deutschen Museum ein Thema

Auch der Einbruch in das Deutsche Museum Nordschleswig im November 2020 spielt im Roman von Linda Lassen eine Rolle, und ihre Hauptfiguren sind vier Männer, deren Väter sich im Zweiten Weltkrieg auf die Seite der Deutschen stellten. „Das hat Folgen für die vier Männer. Sie bekommen das am eigenen Leib zu spüren, werden vom eigenen Lehrer bloßgestellt und haben es schwer, ihren Platz in der feineren Gesellschaft zu finden“, verrät die Autorin.

Wer also hatte Interesse, alte Nazi-Uniformen aus dem Museum zu stehlen, und was hatte dieses Verbrechen mit dem Mord an Antik-Andersen zu tun? Linda Lassen gibt in ihrem Roman ihre ganz eigenen Antworten.

Hier in der Wohnung an der Perlegade 20 ist Antik-Andersen damals erschlagen worden. Für ihren Roman hält sich die Schriftstellerin weitestmöglich an die Fakten des Falls von damals. Foto: Sara Eskildsen

Wenn jemand zum Täter wird, sind nicht auch diejenigen schuld, die ihn in die Enge gedrängt oder drangsaliert haben?

Linda Lassen, Schriftstellerin

Als gelernte Psychologin beschäftigt sie die Frage der Schuld. „Ich habe einige Jahre lang als Lehrerin in einem Gefängnis gearbeitet. Dort habe ich gelernt: Manchmal sind es nur wenige Zentimeter, die einen vom Abgrund trennen. Das hat mich immer interessiert: wie Menschen ihr Leben bewältigen. Wie wenig es braucht, damit etwas schiefgeht.“

„Was macht es mit Menschen, wenn sie ausgestoßen werden?“

Immer wieder fragt sich Linda Lassen: „Was macht es mit Menschen, wenn sie ausgestoßen und abgelehnt werden? Wenn jemand zum Täter wird, sind nicht auch diejenigen schuld, die ihn in die Enge gedrängt oder drangsaliert haben?“, so die Schriftstellerin.

Der Buchtitel behandelt diese Themen. „Wir sind im Grunde alle von anderen abhängig und für andere verantwortlich. Die Frage der Schuld beschäftigt mich.“ Eine Frage, der die Autorin in ihrem neuesten Werk im deutsch-dänischen Grenzland nachgeht.

Linda Lassen in ihrem Zuhause in Gravenstein Foto: Sara Eskildsen

Schriftstellerin Linda Lassen

  • Linda Lassen hat jahrzehntelang als Psychologin gearbeitet – und erst mit 48 Jahren ihr erstes Buch veröffentlicht. Seit 2009 lebt die auf Fünen aufgewachsene Autorin in Gravenstein.

 

  • Über 40 Bücher hat die in Odense geborene Autorin mittlerweile veröffentlicht, geschrieben hat sie seit ihrer Kindheit. Ihr Debütwerk erschien 1997 mit der Gedichtsammlung „Balloner flyver væk“.

 

  • Linda Lassen hat Lehramt, Literatur und Psychologie studiert, hat zwei Jahre in Grönland gelebt und ist dann mit ihrem Mann nach Nordschleswig gezogen.  

 

  • Viele ihrer Romane spielen im Grenzland, und die deutsch-dänische Geschichte spielt in vielen Werken eine Rolle. So erschien 2016 das Buch „Tysklandsarbejderen“.

 

  • „Den Skyldige“ ist am 10. Februar im Verlag Hovedland erschienen und ist online sowie in allen Buchgeschäften des Landes erhältlich. Das Buch kostet 249 Kronen.

 

  • Weitere Informationen zu Linda Lassen hier.
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