Nachhaltige Wirtschaft

Der Secondhand-Onlineshop für Industrieanlagen und Elektronik

Der Secondhand-Onlineshop für Industrieanlagen und Elektronik

Secondhand-Onlineshop für Industrieanlagen und Elektronik

Sonderburg/Sønderborg
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Pia Simon Rautert und Kristian Lolk Rautert stehen neben einer alten Produktionsanlage zur Epoxy-Versiegelung von Produkten, die aus Ungarn stammt und bei „Buy2Sell“ gelandet ist. Foto: Sara Eskildsen

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Zu gut, um weggeworfen zu werden: Das Sonderburger Unternehmen „Buy2Sell“ kauft industrielle Elektronik und Anlagen auf, setzt sie instand und stellt die Gegenstände online. Hinter dem Konzept steht auch der Wunsch, dass die Wegwerfgesellschaft umdenkt.

An diesem Dienstagvormittag haben die rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter alle Hände voll zu tun: Vor dem großen Hallentor an der Jyllandsgade in Sonderburgs Osten warten 15 Paletten auf den Einzug. Darin enthalten: die Lagerbestände der alten Sun-Chemical-Fabrik in Køge. Das Unternehmen ist seit Jahren geschlossen. Nun sollte die Anlage samt Lagerbeständen verschrottet werden – doch die Sonderburger ließen sich diese Chance nicht entgehen.

„Was für eine Verschwendung von Ressourcen“

„Das wäre hundertprozentig alles weggeschmissen worden. Die Anlage ist abgeschrieben und damit in den Augen der Unternehmer nichts mehr wert. Aber was für eine Verschwendung von Ressourcen!“, sagt Kristian Lolk Rautert.

So wie all die anderen Gegenstände in der Halle rettet „Buy2Sell“ industrielle Anlagen und Elektronik vor der Zerstörung. Arbeitet sie auf und verkauft die Produkte online weiter. Dabei handelt es sich um Messinstrumente, Sensoren, Industriemotoren, Kontrollsysteme, Steuertafeln, Kabel, Prozessoren und vieles mehr.

Diese Prozessoren stehen kurz davor, im Produktsortiment registriert zu werden. Die Waren werden entweder mit einem Lieferdienst versendet oder, bei größeren Anlagen, mit einem Frachtunternehmen ausgeliefert. Foto: Sara Eskildsen
Kristian Lolk Rautert (r.) hat die Firma gegründet und besitzt das Unternehmen zusammen mit seinem alten Schulfreund David Grube Hansen und Ehefrau Pia Simon Rautert. Foto: Sara Eskildsen

Firmengründer Kristian Lolk Rautert ging es von Anfang an ums Prinzip: Warum gute Materialien einfach so wegschmeißen, wenn es Abnehmer dafür gibt? Der Ingenieur begann 2017 mit dem Aufkaufen von industrieller Elektronik – und erlebte auf dem Markt für gebrauchte Maschinen und Geräte einen reißenden Absatz mit Kundinnen und Kunden aus aller Welt.

Kristian Lolk Rautert leitet und besitzt das Unternehmen zusammen mit seinem alten Schulfreund David Grube Hansen und Ehefrau Pia Simon Rautert.

Einwandfreies Material wandert in die Verschrottung

Die 37-Jährige ist seit 2023 Teil der Firmenleitung und seit Jahren aktiv dabei. Sie stellt fest: „Nach dänischen Standards sind viele Maschinen und Anlagen, die bei uns landen, veraltet. Normalerweise werden sie dann verschrottet. Wir sorgen dafür, dass sie weiterleben können und anderswo Verwendung finden. Es ist völlig unverständlich, dass so viel verschrottet wird, was in einwandfreiem Zustand ist und völlig fehlerfrei läuft.“

Pia Simon Rautert ist Marketingexpertin und zweifache Mutter. Die Unternehmerin ist ehrenamtlich als Vorsitzende des Kindergartenverbandes Deutsche Kindergärten Sonderburg (DKS) aktiv. Foto: Sara Eskildsen
60.000 Gegenstände befinden sich in den Regalen des Lagers. Foto: sara

Einige Anlagen zerlegt das Team von „Buy2Sell“ in Kleinteile, andere Anlagen werden komplett weiterverkauft.

Pia Simon Rautert fügt hinzu: „Wir wollen in eine Kreislaufwirtschaft kommen. Weg von dem linearen Weg, auf dem man produziert, nutzt und wegschmeißt. Nur weil eine Firma es nicht verwenden kann, heißt das ja nicht, dass eine andere Firma es nicht verwenden kann. Es wird in dieser Branche unfassbar viel weggeworfen.“

Es habe lange gedauert, bis man bei den Firmen einen Fuß in die Tür bekommen hat. „Meistens war die Reaktion, dass man lieber wegschmeißen will. Weil es einfacher erscheint. Aber nun können sie mit alter Ausstattung noch Geld verdienen, wenn sie an uns verkaufen.“ So langsam findet ein Umdenken statt. Und Firmen wie Linak und Danfoss gehen auch hier mit gutem, nachhaltigem Beispiel voran.

Es fing mit alten Telefonen klein an

Alles fing klein an – mit alten „Bang & Olufsen“-Telefonen, die der Firmengründer mit nach Hause brachte und verkaufte. „Irgendwann wurde das dann immer mehr, und schließlich brauchten wir ein Lager“, sagt Pia Simon Rautert.

Die 37-Jährige ist im vergangenen Jahr als Mitarbeiterin und Mitbesitzerin in das Unternehmen eingestiegen. Die Marketing- und Kommunikationsexpertin ist für die Außendarstellung und die Kundenbetreuung zuständig.

Vor dem Tor der Lagerhalle warten Dutzende Produkte auf ihren Einzug ins Lager. Foto: Sara Eskildsen
Kristian Lolk Rautert hat das Geschäft mit dem Verkauf gebrauchter industrieller Elektronik gegründet. Foto: Sara Eskildsen

Die meisten Kundinnen und Kunden sind produzierende Unternehmen: Danfoss, Novo Nordisk, Arla. Die Zusammenarbeit geht mit vielen Partnern mittlerweile in beide Richtungen: Die Firmen kaufen Ersatzeile, und „Buy2Sell“ kauft alte Anlagen und Maschinen auf. Entweder für einen festen Betrag oder auf Kommission.

Mittlerweile füllt das Unternehmen ganze 1.000 Quadratmeter in einer Lagerhalle an der Jyllandsgade, weitere 500 Quadratmeter sind hinzugemietet. Die Räume sind bis unters Dach gefüllt, und die Firma ist aktiv auf der Suche nach mehr Platz für das gewachsene Unternehmen.

Eine eigene App für die Logistik

In der eigenen Softwareabteilung haben die Mitarbeiter unter anderem eine neue App entwickelt, mit der die einzelnen Waren kategorisiert und ins System eingespeist werden. Eine wichtige Aufgabe: Bei rund 60.000 Produkten im Lager und online muss ein gutes System her – von der Erfassung über die Lagerung bis zum abgeschlossenen Versand und Verkauf.

Jedes einzelne Produkt wird fotografiert und online gestellt, sodass die Kundschaft genau sehen kann, in welchem Zustand der Gegenstand ist. Foto: Sara Eskildsen
Ein Industrieroboter ähnlich dem gelben auf dem Foto wurde aus dem Lager des Unternehmens nach Italien verkauft und bei Filmaufnahmen eingesetzt. Geschäftsgründer Kristian Lolk Rautert weiß: „Diese Roboter kosten gebraucht vielleicht 35.000 Kronen. Neu bezahlt man vielleicht 200.000 und 500.000 Kronen. Das ist schon ein großer Unterschied.“ Foto: Sara Eskildsen

Die meisten Pakete aus Sonderburg gehen in die USA und nach Deutschland, geliefert wird in die ganze Welt. „Die Lagerzeit ist sehr unterschiedlich. Manches verkauft sich schnell, andere Dinge liegen Jahre. Das ist wie mit Oldtimer-Autos: Man weiß nie, wann etwas kaputtgeht, aber wenn es kaputtgeht, braucht man die Teile“, erläutert der 35-jährige Firmengründer.

Das Unternehmen hat jede Menge zu tun. Insgesamt 24 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind in der Firma tätig, etwa 10 davon in Vollzeit. Darunter sind Software-Experten, Techniker und demnächst wird eine Person für den Kundenservice angestellt. Viele Angestellte sind Studierende und arbeiten in Studienjobs.

Nachhaltigkeit: Enge Zusammenarbeit mit der Uni

Das Unternehmen arbeitet eng mit der Süddänischen Universität zusammen, auch was Forschungsprojekte angeht. Eine Studentengruppe der SDU hat vor Kurzem einen Prototyp für die Wirtschaft aus ausschließlich gebrauchten Komponenten gebaut. Ein Prototyp, der nun von einem Unternehmen aktiv genutzt wird.

Die Geräte und Teile werden vom Team auf Funktionalität getestet, bevor sie online zum Verkauf angeboten werden. Foto: Patricio Soto
Hunderte Pakete werden von den Angestellten pro Woche verpackt und in den Versand geschickt. Foto: Patricio Soto

Aktuell ist „Buy2Sell“ das einzige Unternehmen in Dänemark, das mit gebrauchter industrieller Elektronik und Ausstattung handelt. „Unsere Zielsetzung ist, dass sich das Denken generell ändert. Am Anfang wurden wir immer als Schrotthändler bezeichnet. Aber das ist nicht unser Wert, denn unsere Produkte sind alles andere als Schrott“, sagt Pia Simon Rautert.

Den Wert von gebrauchten Gegenständen erkennen

„Wir hoffen, dass wir auch andere dazu bewegen können, Dinge nicht wegzuschmeißen oder sofort neu zu kaufen, sondern den Wert zu erkennen, der in gebrauchten und noch gut erhaltenen Gegenständen liegt.“

Weitere Informationen zum Unternehmen gibt es hier.

Voll funktionsfähig, aber von den Unternehmen nicht mehr erwünscht: Elektronische Geräte wie diese werden dank „Buy2Sell“weiterverwertet und nicht verschrottet. Foto: Patricio Soto
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