Leserinnenbeitrag

„Das Hospiz in Hadersleben – mehr als nur ein Ausflug“

Das Hospiz in Hadersleben – mehr als nur ein Ausflug

Das Hospiz in Hadersleben – mehr als ein Ausflug

Michaela Nissen
Tondern/Tønder
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Das Hospiz macht auch von draußen einen freundlichen Eindruck. Foto: Privat

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Michaela Nissen aus Tondern schreibt die Berichte von den Veranstaltungen des Sozialdienstes Tondern für den Nordschleswiger. In ihrem jüngsten Beitrag erzählt sie von einem Besuch im Hospice Sønderjylland. Dabei spricht die Tonderanerin auch über ganz persönliche Erfahrungen. Der Besuch berührte sie emotional. Warum, verrät sie.

Ich sitze an meinem Laptop und soll etwas über das Hospiz in Hadersleben „zu Papier“ bringen. Das mache ich normalerweise gleich im Anschluss an eine Unternehmung, damit es erledigt und noch frisch im Kopf ist. Und kurz muss es sein, denn wer mag schon zu lange Artikel lesen.

Aber diesmal war es für mich kein normaler Ausflug und hat mich anscheinend emotional so beeinflusst, dass ich schon beim Schleswig-Holstein Magazin eingeschlafen bin.
Doch diesmal ist alles anders, denn es war für mich eine Rückkehr an den Ort, an dem vor gut zwei Jahren mein Mann Walter starb.

Die Hospizleiterin Sigrid Wemmelund berichtet über die Einrichtung. Foto: Privat

Deshalb kann ich nicht nur sachlich über den interessanten Vortrag von Sigrid Wemmelund, der Hospizchefin, berichten. Sie informierte die gut 30 Mitglieder, davon nur zwei Männer (warum trauen sich Männer nicht?), sehr umfangreich über die Aufgaben, Werte und die Organisation des Hospizes. Das will ich hier nicht wiederholen, man kann es auf der sehr guten Homepage nachlesen: https://hospicesoenderjylland.dk.

Bisschen Angst vor diesem Hospiz-Besuch

Mancher von uns Teilnehmern hatte wohl ein bisschen Angst vor diesem „Ausflug“. Wie fühle ich mich, wenn ich ein Hospiz, den Ort, wo viele sterben, betrete. Muss ich weinen? Denke ich an den Menschen, den ich vor Jahren verloren habe und meine Gefühle übermannen mich.
Ich habe mich gefreut, dass so viele (Frauen) unser Angebot trotzdem wahrgenommen haben, denn es war mir ein ganz wichtiges Anliegen, auch schwierige Themen in unser Programm aufzunehmen.

So wusste auch ich nicht, wie ich reagieren würde, wenn ich nach gut zwei Jahren wieder hierher kommen würde. Es war wie damals ein komplexes Gefühl von Traurigkeit, Geborgenheit und Dankbarkeit.

Die Skulptur vor dem Hospiz: Hier wird einem die Hand gereicht. Foto: Privat

Die Skulptur vor dem Eingang zeigt es vielleicht am besten. Hier wird einem die Hand gereicht, man ist willkommen, viele helfende Hände kümmern sich nicht nur um den Patienten, sondern auch um die Angehörigen, die Kinder. Die liebevolle Freundlichkeit verbunden mit einer hohen Professionalität durchzieht alle Bereiche des Hauses und drückt sich in unendlich vielen Kleinigkeiten aus.

Blumenstrauß zur Begrüßung

Bei der Ankunft wird man sofort persönlich in Empfang genommen, der Name steht bereits an der Tür, ein Blumenstrauß begrüßt dich im Zimmer. Sie sind freundlich ausgestattet und wirken nicht wie ein Krankenzimmer, die Terrasse mit der schönen Aussicht, der große Kalender an der Wand neben dem Bett, in den ich immer meine Besuchstermine schrieb, die Möglichkeit zum Übernachten. Bei allem das sensible Gespür des Personals und der unersetzlichen Freiwilligen, deine Privatsphäre und speziellen Bedürfnisse zu achten und mit schwer kranken Menschen respektvoll umzugehen.

Das Hospiz hat eine wunderbare Lage. Foto: privat

Oft habe ich im hellen Aufenthaltsraum an den Mahlzeiten teilgenommen, ein Erlebnis! Liebevoll und lecker zubereitet, stilvoll gedeckt. Individuelle Wünsche werden berücksichtigt, die Chabeso- Limonade aus der Kindheit und das große Eis mit den Lieblingssorten.

Kinder sind willkommen


Kinder, die zu Besuch kommen, sind willkommen. Sie können sich im Spielzimmer aufhalten, einen Film sehen oder Freiwillige kümmern sich um sie. Eine Freiwillige spielte stundenlang mit meinem Enkel Karten, damit meine Tochter mit ihrem Vater in Ruhe sprechen konnte. Überhaupt, die Freiwilligen, was für ein Geschenk, solche Menschen zu haben, die unentgeltlich ihre freie Zeit und Kraft fremden Menschen schenken. Blumen wurden versorgt, Wäsche gewaschen, Spiele gespielt, manchmal bis Mitternacht Gespräche geführt, sogar einen Gutenachtkuss gab es.

 

Nicht zu vergessen die Andachten der Pastorin, die Klaviermusik, die in alle Zimmer drang und der Nordschleswiger, noch aus Papier.

Freunde brachten Schwarzsauer mit


Es gibt Regeln im Hospiz, aber sie sind nicht starr. Trotz strenger Hygienevorschriften durften Freunde meines Mannes einen Topf Schwarzsauer mitbringen und das Personal brachte die notwendigen Utensilien in den kleinen Wintergarten und ermöglichte so ein Festessen.

An unserem Hochzeitstag stand wie von Zauberhand ein Kuchen und ein Glückwunsch im Zimmer, zum Geburtstag ebenso mit einem Dannebrog vor der Tür. (Das wäre wirklich nicht nötig gewesen, so der Kommentar meines nordschleswigschen Mannes).
Ja, so könnte ich unendlich weiter erzählen, aber nun reicht es wirklich.
Verzeiht, dass mein Bericht diesmal viel zu lang und sehr persönlich wurde.

Ich habe noch etwas vergessen: für nur 100 Kronen im Jahr kann man das Hospiz und seine Arbeit unterstützen: https://www.stotteforeningen-hospicesonderjylland.dk

Nächster Termin

Am 19. Oktober erfahren wir von unserer Pastorin Dorothea Lindow, was rund um einen Gottesdienst passiert. Am 2. November berichtet Karen Thomsen aus Hoyer über ihre Kindheit im Kinderheim und wie sie ihre Familie fand, nachdem sie als Kind eines deutschen Besatzungssoldaten der Mutter weggenommen worden war. Beide Veranstaltungen finden im Brorsonhaus statt.

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