Kommunalpolitik
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Vorwurf der Vetternwirtschaft
Der frühere Vorsitzende des Wirtschaftsrats erhebt schwere Vorwürfe gegen den Bürgermeister nach dem Weggang Lene Grønnings.
Die Diskussion um die Kündigung der früheren Wachstums- und Entwicklungsdirektorin Lene Grønning geht hinter den Kulissen weiter. Das Feuer schürt der frühere Vorsitzende des Wirtschaftsrats Henning Nielsen, der in dem Prozess seinen Hut nahm (wir berichteten). In einem internen Brief an die Stadtratspolitiker (dieser liegt dem Nordschleswiger vor) fährt Nielsen schwere Geschütze gegen Bürgermeister Henrik Frandsen (V) auf.
Von u. a. Vetternwirtschaft, Käuflichkeit und unlauteren Angeboten ist die Rede. Frandsen, Kommunaldirektor Klaus Liestmann und dessen Vize Keld Hansen hätten von Anfang an sehr aktiv die Anstellung der hoch qualifizierten Grønning zugunsten eines eigenen Kandidaten verhindern wollen.
Den Mitgliedern des Wirtschaftsrats im Anstellungsausschuss sei sogar angeboten worden, sofern sie sich für den Wunschkandidat der Kommune entschieden, dass die Kommune den Lohn für den Direktor und drei Beratern bezahlen würde. Bei einem Nein müsse der Wirtschaftsrat selbst zahlen. Doch der Vorschlag wurde abgelehnt, „denn so läuft es nicht in der privaten Wirtschaft“, erklärt Nielsen in seinem Schreiben. Die Kommune hätte sogar den Anstellungsausschuss um alle Vorstandsmitglieder des Wachstumsrats vergrößert, um ihren Kandidaten durchzudrücken, was jedoch scheiterte.
Keld Hansen mit einem neuen Superposten betraut worden
Nach Grønnings Weggang sei Keld Hansen mit einem neuen Superposten betraut worden, der neben den Großprojekten Tøndermarsk Initiativet und Zeppelin Tønder auch die Verantwortung für Wachstum und Weiterentwicklung umfasse. Einen entsprechenden Vorschlag hätte er mehrfach vorgelegt. Bestreiten sollte die Aufgabe die tüchtige Lene Grønning. Dafür hätte sie die Qualifikationen mitgebracht und könne erzielte Ergebnisse dokumentieren. „Dieser Vorschlag wurde immer wieder abgelehnt“, so Nielsen, der sich wundert, dass eine Wachstums- und Entwicklungsdirektorin nichts mit Projekten für Wachstum und Weiterentwicklung zu tun haben sollte. „Die Wahl der Politiker, Keld Hansen den Aufgabenkomplex zu überlassen, macht mich sprachlos und der Verdacht der Vetternwirtschaft liegt als einziger plausibler Grund nahe.“
Grønning hätte vor dem Stadtrat bei einer geschlossenen Sitzung am 28. März und auch im Wachstumsrat und dem Ökonomieausschuss ihre Kündigung anders begründet als drei Wochen vorher dem Vorstand des Wirtschaftsrats, schreibt Nielsen weiter. Vor den Politikern hätte sie den Touristikverein zum Sündenbock der gescheiterten Zusammenarbeit zwischen Kommune, Handelsverein und Wirtschaftsrats im neu gegründeten Wachstumsrat gemacht. Doch diese Erklärung vor den Politikern sei von der Kommune (Frandsen und Liestmann) gekauft und bezahlt worden. Viel mehr sei der Entzug in Aussicht gestellter Aufgaben, die das Hauptargument für die Stellenbewerbung seien, der ausschlaggebende Grund. Grønning sei von Anfang an seitens der Kommune unerwünscht gewesen.
„Bei einem Fiasko gibt es oft mehrere Schuldige und auch die Wirtschaftsorganisation muss sich ihrer Verantwortung bewusst sein. Aber wir möchten es uns verbieten, wenn der Bürgermeister und Kommunaldirektor die Wahrheit verdrehen und verschweigen“, schreibt Nielsen. Es gebe viele Gründe, dass eine Kommune wie Tondern eine Kommune in Randlage sei. Die geografische Position sei jedoch der geringste Grund, schließt er seinem Brief.
Bürgermeister: Grønning hatte meine Rückendeckung
„Ich habe mir eigentlich nicht gedacht, die sehr schweren Vorwürfe zu kommentieren“, meint Bürgermeister Henrik Frandsen (V) bezüglich der Anschuldigungen im Brief vom Ex-Vorsitzenden des Wirtschaftsrats, Henning Nielsen (s. Artikel oben) nach dem Weggang der Entwicklungs- und Wachstumsdirektorin Lene Grønning.
Zu der Beschuldigung, dass er gegen die Anstellung von Grønning gewesen sei, und einen eigenen Kandidaten bevorzugt hätte, erklärt er: „Ich habe Lene Grønning den ganzen Weg seit ihrem Start am 1. August meine Rückendeckung gegeben. Was vor ihrer Anstellung passiert ist, will ich nicht kommentieren“, so Frandsen. Zu der Behauptung, dass er verschiedene Mittel eingesetzt haben soll, um auf die übrigen Mitglieder im Anstellungsausschuss einzuwirken, erklärt er: „Ich weiß nicht, woran er denkt. Er bewegt sich damit in tief vertrauliche Angelegenheiten hinein“. „Es besteht kein Zweifel, dass Lene Grønning eine schwere Zeit gehabt hat und dass das Konstrukt mit dem Wachstumsrat nicht geglückt ist. Das kann aber weder mir noch dem Kommunaldirektor zugeschrieben werden“,so Frandsen. Er hat nicht die Absicht, offiziell
zur Widerrede zu schreiten, damit Nielsens Anschuldigungen nicht unwidersprochen bleiben. „Es ist ja die Frage, über wen sie mehr aussagen.“, so Frandsen abschließend.
Popp: Stellungnahme ist in Ordnung
Stadtratsmitglied Jørgen Popp Petersen (Schleswigsche Partei) hält es für „ganz in Ordnung“, dass sich Henning Nielsen als früherer Vorsitzender des Wirtschaftsrats zum Thema Kündigung der früheren Wachstums- und Entwicklungsdirektorin Lene Grønning äußert, wenn die Wirtschaftsorganisation fühlt, in diesem Prozess überrollt worden zu sein. Grønning könne zwar unterschiedliche Erklärungen zu ihrer Kündigung abgegeben haben, ohne dass man ihr nachsagen könne, gelogen zu haben. „Ich hätte gehofft, dass der Touristikverein, gegen den belastende Äußerungen fielen, die gleiche Chance wie Grønning gehabt hätte, sich vor dem Stadtrat zu erklären“, bedauert Popp.
Der Touristikverein hat die Politiker heute zu einem Gespräch eingeladen „und ich werde an dieser Sitzung teilnehmen“, versicherte der SP-Politiker, denn auch für ihn gebe es offene Fragen zum Prozessverlauf.
Als offizielle Erklärung für die Kündigung hatte die Kommune im März in einer Pressemitteilung die geänderte Gesetzesgrundlage für Wirtschaftsförderung genannt, die den Kommunen quasi entzogen worden sei. Damit wurde dem Posten Lene Grønnings im Vergleich zu Stellenausschreibung ein wichtiger Aufgabenbereich entzogen.
Der Handelsverein hat aufgrund der Querelen sein Mitwirken im Wachstumsrat vorerst eingestellt.