Bildung

Dänische Schulreform: Das bedeutet sie für die deutschen Schulen

Dänische Schulreform: Das bedeutet sie für die deutschen Schulen

Dänische Schulreform: Das bedeutet sie für deutsche Schulen

Apenrade/Aabenraa
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Schulrätin Anke Tästensen ist davon überzeugt, dass einige Vorschläge der dänischen Regierung in Zukunft auch noch beim Deutschen Schul- und Sprachverein diskutiert werden. Foto: Volker Heesch

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Die dänische Regierung hat einen Plan mit einer Menge Bildungsreformen für die Volksschulen des Landes vorgestellt. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ verrät DSSV-Schulrätin Anke Tästensen, wie sie zu den vorgeschlagenen Reformen steht, und welche Bedeutung diese für die Schulen der deutschen Minderheit haben könnten.

Der am Mittwoch von Bildungsminister Mattias Tesfaye (Soz.) vorgestellte Plan für die Umsetzung neuer Ideen und Reformen in den dänischen Volksschulen enthält insgesamt 35 Vorschläge. Unter anderem beabsichtigt die Regierung kürzere Schultage, weniger Lerninhalte, „Technologie“ als neues Wahlfach und die Möglichkeit, dass Schülerinnen und Schüler nach der 7. Klasse eine Jugend-Meisterlehre absolvieren können.

Die Reformen gelten nicht automatisch für die deutschen Privatschulen in Dänemark, doch wie eng hält sich der Deutsche Schul- und Sprachverein für Nordschleswig (DSSV) an die Regeln der dänischen Volksschulen (Folkeskole)? Und wie steht DSSV-Dienststellenleiterin und Schulrätin Anke Tästensen zu den neuesten Vorschlägen der dänischen Regierung?

Minderheitenschulen nicht direkt betroffen

„Die Reformen sind für die dänischen Volksschulen vorgesehen. Unsere Schulen fallen unter das Freischulgesetz und deshalb sind wir im Moment nicht direkt davon betroffen. Dennoch ist es interessant, was sich im dänischen Bildungsbereich tut, denn letztlich hat dies immer auch in irgendeiner Form Auswirkungen auf unsere Schulen. Unsere Schülerinnen und Schüler gehen schließlich auch zu den Volksschul-Abschlussprüfungen (folkeskolernes afgangsprøver)“, berichtet Tästensen, die den konkreten Empfehlungen der Regierung mit gemischten Gefühlen gegenübersteht.

Schulen erhalten mehr Freiheiten

„Einige Ideen finde ich sehr positiv, während ich von anderen nicht so viel halte. Dass den Schulen insgesamt mehr Freiheiten zugesprochen werden sollen, beispielsweise bei der Organisierung des Unterrichts, finde ich gut. Ich halte es für wichtig, den Schulleiterinnen und Schulleitern die Freiheit zu geben, dass an den Schulen so unterrichtet werden kann, wie es zum jeweiligen Umfeld passt. Das tun wir auch jetzt schon. Es gibt Schulen, die einen großen Fokus auf projektorientierte Arbeit legen und Schulen, bei denen fächerübergreifende Arbeit ein wichtiger Baustein ist“, meint Tästensen, die vor allem einem Punkt kritisch gegenübersteht.

Tästensen gegen weniger Schulstunden

Unter anderem schlägt die Regierung vor, die gesamte Unterrichtszeit von der Vorschule bis zur 9. Klasse um insgesamt etwa 190 Stunden zu reduzieren. Außerdem sollen Schulen selbst noch kürzere Schultage anbieten können, wenn die Ressourcen stattdessen für den Unterricht mit zwei Lehrkräften verwendet werden.

„Beim DSSV haben wir einen festen Stundenrahmen für die einzelnen Klassenstufen. Darüber hinaus haben wir, je nach Klassengröße, zum Teil schon zwei Lehrkräfte in den Klassen. Wir haben im vergangenen Jahr alle Lehrkräfte mit verschiedenen Fortbildungsmodulen im Bereich ‚Co-Teaching‘ ausgebildet. Wenn wir nun aber fünf Stunden weniger pro Woche unterrichten, glaube ich nicht, dass das schulische Niveau steigt, so wie es zum Teil dargestellt wird. Im Gegenteil würden die Leistungen darunter leiden, da bin ich mir ziemlich sicher“, so die DSSV-Schulrätin.

Angebot einer frühen Jugend-Meisterlehre in Unternehmen

Bereits zum Ende der 7. Klasse sollen sich Schülerinnen und Schüler laut der Regierung zudem entscheiden können, ob sie eine Jugend-Meisterlehre während der 8. und 9. Klasse absolvieren möchten, bei der ein bis zwei Tage pro Woche anstelle des regulären Unterrichts in einem Unternehmen verbracht werden. Diese Jugendlichen werden dann eine separate Abschlussprüfung ablegen, die den Zugang zu beruflichen Ausbildungen ermöglicht, jedoch nicht zu weiterführenden schulischen Bildungsgängen. Das Programm soll sich an Personen richten, die sich in der Schule überfordert fühlen oder bereits wissen, dass sie nicht studieren möchten. Der Bildungsminister geht davon aus, dass etwa fünf Prozent der Schülerinnen und Schüler diese Möglichkeit in Anspruch nehmen werden.

„Grundsätzlich halte ich es für sinnvoll, dass mehr praktische Fächer in Betracht gezogen werden – vor allem auch für Schülerinnen und Schüler in den oberen Klassen, bei denen eine gewisse Schulmüdigkeit auftreten kann. Im Augenblick kann ich aber nicht sagen, ob die Jugend-Meisterlehre für unsere Schülerinnen und Schüler in Frage kommt. Das wäre ein völliges Umkrempeln unseres jetzigen Systems“, sagt Tästensen, die auch den Bildungsvorschlag der Regierung, dass „Technologie“ in den Volksschulen ein neues Wahlfach werden soll, nachvollziehen kann.

IT- und Medienbildung in den Schulen

„An unseren Schulen wird sehr viel Wert auf Technologie gelegt, wo teilweise auch bereits IT-Unterricht stattfindet. Ich halte das für sehr sinnvoll. Der Umgang mit Medien ist ebenfalls ein Punkt, über den wir verstärkt im Unterricht sprechen. Insgesamt gibt es in den Vorschlägen der Regierung also einige interessante Perspektiven. Ich denke ganz bestimmt, dass wir davon auch noch einige Ansätze diskutieren werden“, so Tästensen.

Die Regierung hofft, dass ein Großteil der neuen Ideen in den Volksschulen ab August 2025 umgesetzt werden kann.

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