Premiere

„Warten. Therapie.“: Starkes Ensemble – starke Aufführung

„Warten. Therapie.“: Starkes Ensemble – starke Aufführung

„Warten. Therapie.“: Starkes Ensemble – starke Aufführung

DN
Apenrade/Nordschleswig
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Chanti (Bente Andersen) ist sauer, Gogo (Sofie Schlüter Knauer) hasst die ganze Welt, und Daniel (Niklas Bauer) kann seine Wut kaum zügeln, während Anni-Rose Mimi Salome Raetsch als Ex-Frau von Gerhard verzweifelt (v. l.). Stella Fuglsang-Damgaard Sina als Therapeutin Sabine versucht engagiert aber vergeblich, sich durchzusetzen. Foto: Karin Riggelsen

Theater-AG begeistert am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig mit ihrer Aufführung. Am heutigen Freitagabend ist die letzte Vorstellung.

Wer noch keine Probleme hatte, bekommt bestimmt welche, wenn er eine Therapiesitzung bei Dr. Sabine besucht. Die Truppe, die sich auf den weißen Stühlen des kargen Bühnenbildes regelmäßig versammelt, trägt viel schweren seelischen Ballast mit sich herum, und die Therapeutin ist davon nicht ausgenommen.

Es geht um Sinnsuche, Menschsein, Alleinsein, Angst, Wut und Verzweiflung und immer um wieder die Frage nach dem Warum. Wer am Mittwochabend die Premiere der Theater-AG des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig in Apenrade erlebte, konnte nicht anders als begeistert sein.

Das Stück „Warten.Therapie“ ist auf der Grundlage von „Einige Nachrichten an das All“ von Wolfram Lotz plus ein wenig Becketts „Warten auf Godot“ und viel eigenen Ideen vor allem aus der Feder von Stella Fuglsang-Damgaard Sina, der dafür ganz hohes Lob gebührt, entstanden.

Sie glänzt außerdem in der Rolle der Dr. Sabine. Überhaupt ist die Besetzung außerordentlich gut gelungen. Bente Andersen überzeugte in der Rolle der Chantal – kurz Chanti genannt. Ein komplett stimmiger Auftritt vom Slang über das Kostüm bis hin zum YouTube-Videoclip „Hokus Pokus – Chanti im Fokus“. Genauso und nicht einen Deut anders muss eine Chantal gespielt werden.

Genialer Gerhard

Narek Gioulbekian war ein genialer Gerhard, der mehr seiner Katze als seiner verstorbenen Tochter hinterhertrauerte. Anni-Rose Mimi Solome Raetsch gab seine Ex-Frau (und spielte außerdem noch Gitarre) mit Leidenschaft und Verzweiflung. Annika Meister und Anna-Sophie Lorenzen spielten überzeugend als perfekte Bio-Veganer den Gegenentwurf zur Pflegeschwester Chanti. Jamie Lee Claus und Markus Lund Hansen (der trotz Erkrankung auf der Bühne stand) waren ein zu Herzen gehendes Männerpaar, das sich ein Kind wünscht.

Geertje Graehn geisterte als Agnete verloren in der eigenen Unendlichkeit des Schmerzes weißgewandet über die Bühne und sorgte nebenbei noch für die Cello-Untermalung.

Ein kongeniales Paar waren Niklas Bauer als Daniel und Sofie Schlüter Knauer als Gogo, die – Beckett lässt grüßen – vergeblich auf den Meister warteten,  – so viel Wut, so viel Hass auf die Welt und dann wieder ganz zarte leise Töne. Diesen Balanceakt meisterte Sofie Schlüter Knauer mit höchster Bravour ebenso wie die Bühnenpräsenz, wenn es darum geht, ohne Worte zu zeigen, wie sehr man die Umgebung verabscheut und doch eigentlich nur klein und verletzlich ist – wie all diejenigen, die bei Dr. Sabine der Frage versuchen nachzugehen: „Worauf warte ich in meinem Leben?“

Ein großer Wurf

Mit diesem Stück und dem starken Ensemble, in dem jeder seine Rolle nicht spielte, sondern lebte, ist Regisseur Jürgen Schultze vom DGN ein großer Wurf gelungen.

Vielleicht könnte der Videoclip am Schluss, den das Multitalent Niklas Bauer, der nicht nur wunderbar spielt, sondern auch Musiker am Saxofon ist, geschnitten hat, ein wenig kürzer sein, aber insgesamt ist das ein so starkes Stück, eine so starke Aufführung, dass das DGN damit unbedingt an Schul- und Jugendtheaterfestivals teilnehmen sollte.

Wer es noch nicht gesehen hat: am heutigen Freitag um 19 Uhr ist vorerst letzte Gelegenheit. Man sollte sie sich nicht entgehen lassen.

Sabine (Stella Fuglsang-Damgaard Sina, l.), die sich als Therapeutin von ihrer Patientin Chantal (Bente Andersen) trösten lassen muss Foto: Karin Riggelsen
Am heutigen Freitag tritt die DGN Theater AG ein letztes Mal auf. Foto: Karin Riggelsen
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