Deutsches Gymnasium

Zwischen Mottowoche und Abstandsregelungen

Zwischen Mottowoche und Abstandsregelungen

Zwischen Mottowoche und Abstandsregelungen

Anna-Lena Schiemann
Apenrade
Zuletzt aktualisiert um:
Absperrband in der Schule, Abstand auf dem Schulhof Foto: Karin Riggelsen

Seit dem 15. April ist das Deutsche Gymnasium Nordschleswig wieder für die Abschlussklasse geöffnet. Doch normal ist hier noch lange nichts.

Wer heute durch die Gänge des DGN ging, wurde von Harry Potter und Wickie empfangen – derzeit läuft die Mottowoche der 3G. Das ist dann aber gefühlt auch das einzig Normale im Schulgebäude.

Auch das Interview mit Schulleiter Jens Mittag und Schülerin Emma Lohse wirkte merkwürdig distanziert, im weitgefassten „Sitzdreieck“ in der Aula.

 

Froh wieder in der Schule zu sein

„Ich bin trotzdem froh, wieder in der Schule zu sein“, sagt Emma, die heute Wickie aus „Wickie und die starken Männer“ ist – das Tagesmotto lautet: „Kindheitshelden.“ „Auch wenn gerade alles anders ist, zumindest sehen wir uns wieder“, meint die Schülerin.

Wir werden den Jahrgang auf jeden Fall verabschieden.

Schulleiter Jens Mittag


Auch am Deutschen Gymnasium werden die coronabedingten Maßnahmen strikt durchgesetzt.

„Da haben wir natürlich eine ungewohnte Situation, keiner von uns ist ja daran gewöhnt, Abstand vom anderen zu halten“, meint Jens Mittag.

Mit dem Blick auf die anstehende Entlassungszeremonie der Abschiedsklasse stellt er klar: „Wir werden den Jahrgang auf jeden Fall verabschieden.“ Nur wie das aussieht, dass weiß er noch nicht so genau.

„Das hängt natürlich auch von den dann aktuellen Regelungen ab. Zurzeit überlegen wir, für jede Klasse eine Abschlusszeremonie zu halten, um die Zahl der Teilnehmenden möglichst kleinzuhalten.“

 

Pro Schüler eventuell nur ein Elternteil

Das könnte im Zweifelsfall auch bedeuten, dass pro Schüler nur ein Elternteil kommen darf. Dass das schwierig ist und Familien vor eine ganz schöne Herausforderung stellen kann, wisse er.

„Wir haben überlegt, die Entlassungszeremonie zu streamen, sodass mehr Menschen daran teilhaben können.“

Und auch die traditionellen „Studenterhuer“, die Mützen nach der letzten Examensprüfung, wird es geben. An anderen Stellen mussten allerdings Abstriche gemacht werden.

Hätte lieber eine ganz normale Abiturzeit: Schülerin Emma Lohse Foto: Karin Riggelsen

„Zum Beispiel ist die Klassenfahrt ausgefallen“, erzählt Emma Lohse. Und auch die geplanten Reisen mit Freunden nach den Prüfungen müssen jetzt abgesagt oder umgelegt werden. Den zweifelhaften Titel des „Coronajahrgangs“ würde sie gerne ablegen.

„Ich hätte lieber ein normales Abitur gemacht, selbst wenn wir dann mehr Prüfungen gehabt hätten.“ Aufgrund der aktuellen Situation gibt es weniger Examensprüfungen, unter anderem nur eine mündliche Prüfung.

 

Lerngefühl ganz anders

Emma Lohse meint, dass sich dadurch alles ganz gut ausgleichen würde. Aber überhaupt, schulisch hätten die Schüler der 3G gar nicht so viel verloren.

„Stofflich ging das schon, obwohl der Online-Unterricht vom Lerngefühl natürlich ganz anders ist, man geht nicht so in die Tiefe. Was aber gefehlt hat, ist der soziale Aspekt des Zusammenseins.“

Zwar habe sie persönlich in den erzwungenen „Coronaferien“ viel für die Prüfungen gemacht und dadurch jetzt weniger schulischen Stress – der Stress ist aber trotzdem da, nur anders. Durch soziale Distanz und die vielen Regelungen.

Das Problem der sozialen Distanz sieht Direktor Jens Mittag vor allem bei den Klassen, die noch nicht in die Schule dürfen.

„Vor allem für die 1G ist die Situation total blöd. Jetzt in dieser Zeit sollten sie doch richtig ins Gymnasium reinwachsen.“

Außerdem bekomme er auch vereinzelt Probleme von Schülern mit. Nicht alle seien eben für den Online-Unterricht oder das lange zu Hause sein gemacht. „Andererseits – das Positive bekomme ich ja nicht mit.“

Und auch Schülerin Emma beruhigt da etwas: „Die 1G ist sozial total stark.“

 

Von Woche zu Woche auf Normalität gehofft

Trotzdem, „Ich habe noch mit keinem gesprochen, der den Online-Unterricht besser findet", sagt Jens Mittag.

Ein bisschen mag das wohl auch am unterschiedlichen Vorgehen und Ansatz der verschiedenen Lehrkräfte liegen.

„Wir hatten ja keine Zeit, uns auf solche Situationen vorzubereiten, auch deswegen gibt es da eine methodische Freiheit.“

Hätte man früher absehen können, wie lang die Situation so bleiben würde, hätte man sicher vereinheitlichte Methoden genutzt. „Aber wir, vor allem ich, haben ja quasi immer von Woche zu Woche gehofft, dass die Lage sich wieder normalisiert“, meint der Schulleiter.
 

Schulleiter Jens Mittag mit Absperrband Foto: Karin Riggelsen

Wenn er sich etwas wünschen könnte, dann, dass er die Schüler der 1G und 2G vor Ende des Schuljahres noch einmal sieht. Und wenn es am letzten Schultag ist. „Aber das ist wohl ziemlich unwahrscheinlich.“

Ich habe mehr verstanden, was das Wichtige im Leben ist.

Abschlussschülerin Emma Lohse

Auf die Frage, welche Lehren sie aus der bisherigen Situation gezogen habe, antwortet Schülerin Emma: „Dass man vieles im Leben nicht braucht. Ich habe ein bisschen mehr verstanden, was das wirklich Wichtige im Leben ist. Was man vermisst, wenn es nicht mehr da ist. Zum Beispiel auch die Schule, den sozialen Kontakt.“

Auch Schulleiter Jens Mittag zieht Bilanz: „Die ganze Situation hat gezeigt, dass der Staat funktioniert hat. Sowohl im Großen in der Politik als auch im Kleinen bei uns an der Schule. Allerdings glaube ich, dass es nicht mehr lange gut geht, wenn die Maßnahmen ohne eine wirkliche Grundlage weiter durchgezogen werden. Das macht dann ganz viel vom positiven Gefühl der Solidarität kaputt.“

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