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Bundespräsident mahnt zu Verteidigung von Demokratie

Bundespräsident mahnt zu Verteidigung von Demokratie

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dpa
Herrenchiemsee
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Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier spricht beim Festakt zum 75. Jahrestag des Verfassungskonvent im Spiegelsaal des Neuen Schlosses auf der Insel Herrenchiemsee. Foto: Peter Kneffel/dpa

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Vor 75 Jahren erarbeitete ein Verfassungskonvent die Grundlage fürs Grundgesetz. Bei der Jubiläumsfeier rühmt Bundespräsident Steinmeier diese historische Leistung - und mahnt zum Schutz der Demokratie.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat zur Verteidigung der Demokratie in Deutschland aufgerufen. «Wir alle haben es in der Hand, die Verächter unserer Demokratie in die Schranken zu weisen», sagte Steinmeier bei den Feiern zum 75. Jahrestag des Verfassungskonvents im Neuen Schloss Herrenchiemsee. «Und wir alle - jede Politikerin und jeder Politiker, aber eben auch jede Bürgerin und jeder Bürger - wir haben eine gemeinsame Verantwortung für unsere Demokratie. Wir müssen sie schützen.»

Der Bundespräsident fuhr fort: «Erinnern wir uns daran, dass unsere Demokratie im Schatten von Diktatur, Krieg und Völkermord entstand. Und erkennen wir, was heute für unsere Demokratie auf dem Spiel steht.» Ohne die in Umfragen derzeit starke AfD beim Namen zu nennen fügte Steinmeier hinzu, kein Wähler könne sich «auf mildernde Umstände herausreden, wenn er sehenden Auges politische Kräfte stärkt, die zur Verrohung unserer Gesellschaft und zur Aushöhlung der freiheitlichen Demokratie beitragen». Verfassungsfeinde wollten ihre politischen Gegner vernichten. Deren Ziel sei Herrschaft ohne Widerspruch. «Und das ist nicht die Demokratie des Grundgesetzes.»

Im Kampf gegen den Extremismus gebe es eine historische Lehre, die sich wie ein roter Faden durch den Verfassungsentwurf von Herrenchiemsee ziehe. Sie gelte bis heute: «Eine Demokratie muss wehrhaft sein gegenüber ihren Feinden. Niemals wieder sollen demokratische Freiheitsrechte missbraucht werden, um Freiheit und Demokratie abzuschaffen.» Dazu gehöre auch der Willen zum Widerspruch bei «auftrumpfenden Lügen von Freiheitsfeinden». «Wir dürfen die Gefahr, die von ihnen ausgeht, nicht ignorieren.»

Bundespräsident lobt historische Leistung des Verfassungskonvents

Steinmeier stellte die historische Leistung des Verfassungskonvents heraus. «Der Verfassungskonvent von Herrenchiemsee ist unter den wichtigen Momenten in der Geschichte der deutschen Demokratie wohl einer der unbekanntesten. Dabei ist er einer der bedeutendsten», sagte er bei den Feierlichkeiten. Man könne fast sagen, dass die Bedeutung in einem umgekehrten Verhältnis zu seiner Bekanntheit stehe.

Der sogenannte Verfassungskonvent fand im August 1948 im alten Schloss auf Herrenchiemsee statt. Er wurde von den Ministerpräsidenten der Länder der westlichen Besatzungszonen einberufen. Gemeinsam mit Experten erarbeitete der Konvent in nur zwei Wochen eine Verfassung, die schließlich für die Ausarbeitung des deutschen Grundgesetzes maßgeblich wurde.

«Hervorhebung der Menschenwürde als Maxime allen staatlichen Handelns»

«Es ist erstaunlich, in wie kurzer Zeit man damals zu einem Ergebnis kam», betonte Steinmeier. Zwar drängte die Zeit, aber man «musste und wollte bis dahin jedenfalls etwas Brauchbares zustande bringen. So hat man innerhalb von nicht einmal zwei Wochen - stellen Sie sich das vor - hier miteinander beraten und einen ganzen Entwurf verfassen können.»

Die Vertreter der Länder und die eingeladenen Experten hätten «sehr ziel- und sachorientiert gearbeitet» und seien sich trotz aller Unterschiede bei Lebenswegen und Erfahrungen in entscheidenden und wesentlichen ideellen Überzeugungen einig gewesen. «Zwar enthält der Herrenchiemsee-Text auch einige Minderheitenvoten, aber die Formulierung der Grundrechte etwa wurde völlig einmütig gefunden», sagte der Bundespräsident.

«Der Verfassungskonvent vor 75 Jahren mag in der Kargheit des Alten Schlosses getagt haben. Aber mit seiner zentralen Hervorhebung der Menschenwürde als Maxime allen staatlichen Handelns strahlt der damals entstandene Verfassungsentwurf heller in die Gegenwart als aller Prunk und Glanz dieses Saales», sagte Steinmeier.

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