Bundesverfassungsgericht
Gegner der Wahlrechtsreform bereiten Klage vor
Gegner der Wahlrechtsreform bereiten Klage vor
Gegner der Wahlrechtsreform bereiten Klage vor
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Der Bundespräsident hat das Gesetz zu der umstrittenen Reform des Wahlrechts unterzeichnet. Doch es steht bereits fest: Dies wird nicht das Ende der Auseinandersetzung sein. Funkt Karlsruhe dazwischen?
Nach der Unterzeichnung des Gesetzes zur umstrittenen Wahlrechtsreform durch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bereiten deren Gegner ihre Klagen beim Bundesverfassungsgericht vor. «Wir werden alle Hebel nutzen, damit diese Manipulation des Wahlrechts gestoppt wird», erklärte der Vorsitzende der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt.
Man werde umgehend eine Klage in Karlsruhe einreichen. Dobrindt kritisierte Steinmeier: «Ich bedaure, dass der Bundespräsident seine Möglichkeiten nicht genutzt hat, auf ein faires und verfassungskonformes Wahlrecht hinzuwirken.»
Bundespräsidialamt: Gesetz ist verfassungskonform
Allerdings hatte das Bundespräsidialamt gestern deutlich gemacht, dass Steinmeier das Gesetz sehr wohl für verfassungskonform halte und keine verfassungsrechtlichen Bedenken habe. Es verwies darauf, dass der Gesetzgeber nach dem Grundgesetz und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts frei in der Ausgestaltung des Wahlrechts sei. Politische Erwägungen seien nicht Gegenstand der Prüfung im Rahmen der Ausfertigung von Gesetzen. Bedauert wurde jedoch, dass es nicht gelungen sei, für die Reform einen breiten politischen Konsens zu finden.
Dafür machte der stellvertretende Vorsitzender der SPD-Fraktion im Bundestag, Dirk Wiese, die Union und insbesondere die CSU verantwortlich. Steinmeiers Unterschrift «beendet die Blockade der Union mit zahlreichen Querschüssen durch die CSU, die über Jahre nur ihren eigenen Vorteil im Blick hatte», erklärte der Sozialdemokrat. «Eine gerechte Lösung für alle war so nicht zu erreichen. Damit ist jetzt endgültig Schluss.»
Bundestag größtes frei gewähltes Parlament der Welt
Die Reform zur Verkleinerung des auf 736 Abgeordnete angeschwollenen Bundestags kann nach der Unterzeichnung des Gesetzes in Kraft treten. Es muss nur noch im Bundesgesetzblatt veröffentlicht werden. Jedoch haben die CDU/CSU-Bundestagsfraktion, die CSU-geführte bayerische Landesregierung und die Linke bereits angekündigt, gegen die Reform vor dem Bundesverfassungsgericht vorzugehen.
Mit derzeit 736 Abgeordneten ist der Bundestag das größte frei gewählte Parlament der Welt. Das neue Wahlrecht deckelt die Sitzzahl nun bei 630. Gewählt wird weiter mit Erst- und Zweitstimme. Es gibt aber keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr. Überhangmandate entstanden bisher, wenn eine Partei über Direktmandate mehr Sitze im Bundestag gewann als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis zustanden. Diese durfte sie behalten. Die anderen Parteien erhielten dafür Ausgleichsmandate. Dieses System führte zu einer immer größeren Aufblähung des Bundestags.
Linke profitierte 2021
Für die Zahl der Sitze einer Partei ist künftig allein ihr Zweitstimmenergebnis entscheidend. Das kann zur Folge haben, dass erfolgreiche Wahlkreisbewerber ihr Direktmandat nicht bekommen. Auch die Grundmandatsklausel fällt weg. Nach ihr zogen Parteien bisher auch dann in der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie unter der Fünf-Prozent-Hürde lagen, aber mindestens drei Direktmandate holten.
Davon profitierte bei der Bundestagswahl 2021 die Linke, die bundesweit nur auf 4,9 Prozent kam, aber drei Direktmandate errang. Auch die CSU könnte davon bei kommenden Wahlen betroffen sein. Sie kam 2021 bundesweit nur auf 5,2 Prozent der Zweitstimmen, holte aber in 45 von 46 bayerischen Wahlkreisen das Direktmandat. Diese Sitze würde die CSU nach dem neuen Recht bei einem Sturz unter die Fünf-Prozent-Marke nicht mehr bekommen.
CSU-Generalsekretär Martin Huber nannte die Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten einen «Fehler». Bayern werde dagegen klagen. «Wir lassen nicht zu, dass die Ampel-Regierung Bayern strukturell schwächt», sagte er dem «Tagesspiegel». Der SPD-Wahlrechtsexperte Sebastian Hartmann hielt der Union in der «Rheinischen Post» mangelnden Kooperationswillen vor: «Es sollten sich vor allem CDU und CSU fragen, warum sie bei einem so wichtigen Thema eine breite parlamentarische Mehrheit blockiert haben.»