Chemnitz
Ein Jahr auf Bewährung für Angriff auf jüdisches Restaurant
Ein Jahr auf Bewährung für Angriff auf jüdisches Restaurant
Ein Jahr auf Bewährung für Angriff auf jüdisches Restaurant
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Der Angriff auf ein jüdisches Restaurant in Chemnitz sorgte 2018 bundesweit für Aufsehen. Nun wurde ein Angeklagter verurteilt - in Haft muss der 30-Jährige aber nicht.
Drei Jahre nach dem Angriff auf das jüdische Restaurant «Schalom» in Chemnitz trennen Gastwirt Uwe Dziuballa am Mittwoch vor Gericht nur etwa zwei Meter von einem der Steinewerfer.
Während der Mann aus Niedersachsen zu den Vorwürfen beharrlich schweigt, berichtet Dziuballa als Zeuge von der Attacke am Abend des 27. August 2018. Nach nur einem Prozesstag sprach das Amtsgericht Chemnitz den 30-jährigen Angeklagten am Mittwoch schuldig. Wegen gefährlicher Körperverletzung und Landfriedensbruchs wurde der Deutsche zu einem Jahr Haft verurteilt, ausgesetzt zur Bewährung. Darin enthalten ist eine frühere Verurteilung wegen Drogenhandels.
Der Angriff datiert auf jene Tage, als Aufmärsche und Ausschreitungen in der Stadt international Schlagzeilen machten. Dazu kamen Rechtsextreme aus ganz Deutschland in die sächsische Stadt. Auslöser war der gewaltsame Tod eines 35-Jährigen am Rande eines Stadtfestes, für den später ein Syrer verurteilt wurde.
Dziuballa ist in der Stadt geboren. In seinem «Schalom» wurde an dem Abend ein Vortrag gehalten. Dann tauchte eine Gruppe von etwa 10 Personen unvermittelt vor dem Restaurant auf, und es flogen Steine. Von einem «Schockmoment» sprach der heute 56-Jährige am Mittwoch. Einer der Steine traf ihn an der Schulter. Auch wurde er antisemitisch beschimpft. Dann verschwanden die Angreifer. Ermittler fanden vor dem Restaurant Pflastersteine, Bierflaschen, eine Eisenstange und eine abgebrochene Holzlatte. Die DNA an einem der Steine führte sie zu dem Mann aus dem Landkreis Stade.
Der 30-Jährige ist mehrfach vorbestraft. Bei einer Wohnungsdurchsuchung fanden Beamte eine schwarz-weiß-rote Sturmhaube, seine E-Mail-Adresse enthält die bei Rechtsextremen beliebte Zahl 88. Zudem konnten Ermittler einen Chat auf seinem Handy wiederherstellen, in dem er sich für den Tattag in Chemnitz verabredet hatte. Chatpartner soll ein Thüringer Rechtsextremist gewesen sein.
Richter Dominik Börner zweifelte nicht an der Schuld des Angeklagten - auch wenn Gastwirt Dziuballa ihn vor Gericht nicht wiedererkennen konnte und eine Auswertung von Videos der Versammlungen an jenem Tag keinen Treffer ergaben. Börner sprach in seiner Urteilsbegründung von einer «logischen Kette». Der Angeklagte und sein Verteidiger hätten im Prozess keine Erklärung geliefert, wie die DNA anders an den Stein gekommen sei. Die Spur führe zu ihm und die Tat passe in sein politisches Weltbild, stellte Börner fest.
Auch Staatsanwalt Thomas Fischer hatte in seinem Plädoyer von einer «rassistischen Tat» gesprochen. Der Wirt habe getroffen werden sollen, weil er sich zum Judentum bekenne. Fischer verlangte eine Strafe von insgesamt einem Jahr und einem Monat - ohne Bewährung. Die Verteidigung forderte dagegen Freispruch. Über die DNA-Spur hinaus seien keine weiteren Indizien für eine Schuld seines Mandanten gefunden worden, sagte Rechtsanwalt Jan-Hendrik Herms.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dziuballa selbst hatte sich unabhängig von dem Richterspruch zufrieden gezeigt, dass es nun zum Prozess gekommen ist - auch wenn der drei Jahre auf sich warten ließ. Mit dem Verfahren werde ein Zeichen gesetzt, dass auch das Werfen von Steinen Konsequenzen habe, sagte er.