Pandemie
Lauterbach mahnt zu weiterer Vorsicht bei Corona-Kurs
Lauterbach mahnt zu weiterer Vorsicht bei Corona-Kurs
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Auch im Schatten des Ukraine-Krieges bleibt die Entwicklung der Pandemie im Visier der Politik. Das Ringen um vertretbare Lockerungen von Auflagen geht weiter - es gibt aber auch Gefahrensignale.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat trotz der aktuell nachlassenden Omikron-Welle vor möglichen Rückfällen gewarnt und dringt auf einen behutsamen Corona-Kurs im Frühling.
«Wir müssen vorsichtig sein, dass wir nicht glauben, die Pandemie sei vorbei», sagte der SPD-Politiker am Freitag. Mit der Ausbreitung des ansteckenderen Omikron-Untertyps BA.2 könnten Fallzahlen auch wieder steigen. Lauterbach wandte sich klar dagegen, einen «Freedom Day» mit einem Ende aller Maßnahmen am 20. März zu erwarten, und pocht auf ein «substanzhaltiges» Gesetz mit weiter möglichen Kriseninstrumenten.
Infektionen auf hohem Niveau
Der Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, sagte: «Wir müssen die Situation weiterhin wirklich ernst nehmen.» Zwar gingen die Fallzahlen zuletzt stetig zurück, was eine gute Nachricht sei. Sie blieben aber auf sehr hohem Niveau. Die Sieben-Tage-Inzidenz sank weiter auf nun 1259,5 gemeldete Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche - nach 1265,0 am Vortag. Die Gesundheitsämter meldeten 210.743 neue Fälle an einem Tag. Registriert wurden außerdem 226 weitere Todesfälle binnen 24 Stunden.
Wieler und Lauterbach wiesen darauf hin, dass entgegen dem generellen Trend in der besonders gefährdeten Gruppe der Älteren ab 60 und ab 70 Jahren die Inzidenzen stiegen. Daher könne es durchaus sein, dass die Fallzahlen weiter sinken, es aber stabile oder sogar steigende Todesfälle gebe, erläuterte der Minister. Es sei «keine wirklich akzeptable Situation, dass jeden Tag 200 bis 300 Menschen sterben». Die für den 20. März zu erwartende Corona-Lage lasse sich vorerst nur schwer vorhersagen. Möglich sei, dass der ansteckendere Untertyp BA.2 dann bereits knapp die dominierende Variante in Deutschland sei.
Lauterbach mahnte vor diesem Hintergrund erneut alle Länder, für eine Beschleunigung der beschlossenen Öffnungsschritte gebe es «überhaupt keine Spielräume». Nach einem Drei-Stufen-Plan von Bund und Ländern sollen alle tiefergehenden Beschränkungen zum 20. März fallen. Die bundesweite Rechtsgrundlage für solche Maßnahmen endet am 19. März, für einen weiter möglichen «Basisschutz» soll daher eine neue her.
Absage an den «Freedom Day»
Lauterbach forderte dafür eine Regelung, mit der man sofort reagieren könne. Gebraucht würden klassische Schutzkonzepte wie Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen und Hygienepläne und darüber hinausgehende Regeln für «Hotspots», also regionale Ausbrüche. Die Länder fordern ebenfalls einen umfassenderen Katalog - in der Ampel-Koalition tritt die FDP aber für eine engere Begrenzung ein. Lauterbach sagte: «Ich gehe davon aus, dass sich das Coronavirus vom "Freedom day", den wir feiern würden, in keiner Weise beeindrucken lässt.»
Bei den wieder ins Stocken geratenen Impfungen kommt nun auch das neue Präparats von Novavax an den Start. In Hamburg, dem Saarland und Schleswig-Holstein sind Impfungen bereits von diesem Samstag an möglich, zum Teil auch ohne Termin, wie die Gesundheitsbehörden beider Länder mitteilten. Auch in Nordrhein-Westfalen wollen einige Impfzentren bereits am Wochenende mit Novavax-Impfungen beginnen. In den meisten anderen Ländern sollen Impfungen mit dem Präparat in der nächsten Woche anlaufen. Am Freitag begann die Auslieferung an die Länder aus dem Zentrallager der Bundeswehr im niedersächsischen Quakenbrück.
Hoffnung auf Impfstoff Novavax
Angeboten werden soll Novavax zunächst vorrangig Beschäftigten im Gesundheitswesen. RKI-Präsident Wieler sagte: «Ich hoffe, dass dieser Impfstoff ein Anreiz für viele Unentschlossene ist, sich doch noch impfen zu lassen, und dass es gelingt, die Impfquote weiter zu steigern.» Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, sagte, Novavax werde «möglicherweise noch mal einen kleinen Schub bringen» für jene, die bisher den mRNA-Impfstoffen von Biontech und Moderna zurückhaltend gegenüberstanden. Novavax basiert auf einem klassischeren Verfahren.
Das von der Regierung zunächst für Ende Januar angepeilte Ziel von 30 Millionen weiteren Impfungen wird aus Sicht des Krisenstabs im Kanzleramt wohl erst im Frühjahr erreicht. «Wenn der Impffortschritt so weiter geht wie derzeit, dann käme man hochgerechnet auf Anfang April, bis die nächsten 30 Millionen Impfungen geschafft sind», sagte der Krisenstabs-Leiter, Generalmajor Carsten Breuer, der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung» (Freitag). Den Grundschutz mit der dafür meist nötigen zweiten Spritze haben laut RKI nun 62,7 Millionen Menschen oder 75,3 Prozent aller Einwohner. Eine zusätzliche Auffrischimpfung haben 47,2 Millionen Geimpfte oder 56,7 Prozent der Bevölkerung.