Vor 80 Jahren

Überfall auf Sowjetunion: Steinmeier gedenkt Opfern

Überfall auf Sowjetunion: Steinmeier gedenkt Opfern

Überfall auf Sowjetunion: Steinmeier gedenkt Opfern

dpa
Berlin
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«Der deutsche Krieg gegen die Sowjetunion war eine mörderische Barbarei», so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Foto: Jörg Carstensen/dpa

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Die Erinnerung an die Gräuel des Zweiten Weltkriegs bleibe für Deutschland eine Verpflichtung, sagt der Bundespräsident. Daraus wachse auch die Aufgabe, für Frieden zwischen den Nachfolgestaaten zu arbeiten.

Rund 80 Jahre nach dem deutschen Überfall auf die Sowjetunion im Zweiten Weltkrieg hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zu einer gemeinsamen, bewussteren Erinnerungskultur aufgerufen.

«Der deutsche Krieg gegen die Sowjetunion war eine mörderische Barbarei», sagte er am Freitag in Berlin. «So schwer es uns fallen mag: Daran müssen wir erinnern!» Die Erinnerung an dieses Inferno, die Feindschaft und die Entmenschlichung bleibe für alle Deutschen eine Verpflichtung und für die Welt ein Mahnmal.

Gedenkstunde in Berlin-Karlshorst

Der Bundespräsident sprach in einer Gedenkstunde in Berlin-Karlshorst an jenem Ort, an dem im Mai 1945 die deutsche Kapitulation unterzeichnet wurde. Der Krieg werfe einen langen Schatten, in dem Deutschland bis heute stehe, sagte Steinmeier. «Wir sollten erinnern, um zu verstehen, wie diese Vergangenheit in der Gegenwart fortwirkt», forderte er. «Nur wer die Spuren der Vergangenheit in der Gegenwart lesen lernt, nur der wird zu einer Zukunft beitragen können, die Kriege vermeidet, Gewaltherrschaft ablehnt und ein friedliches Zusammenleben in Freiheit ermöglicht.»

Am 22. Juni jährt sich der Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion zum 80. Mal. Historiker schätzen die Zahl der Opfer auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion auf etwa 27 Millionen. Besonders stark von dem Vernichtungsfeldzug betroffen waren die heutigen Länder Belarus, Ukraine und Russland. «Niemand hatte in diesem Krieg mehr Opfer zu beklagen als die Völker der damaligen Sowjetunion», sagte Steinmeier. Diese Opfer aber seien nicht so stark in das kollektive Gedächtnis eingebrannt, wie ihr Leiden es fordere.

Steinmeier verwies auf Gedenkstätten und tausende Gräber, die an das Schicksal der sowjetischen Kriegsopfer erinnerten. «So wie die Gedenkstätten des Zweiten Weltkrieges im Westen besucht werden, so würde ich mir wünschen, dass junge Menschen auch die vergessenen Orte im Osten unseres Kontinents aufsuchen», sagte er. «Niemandem fällt es leicht, sich die Schrecken der Vergangenheit in Erinnerung zu rufen. Aber verdrängte Erinnerung, nicht eingestandene Schuld wird niemals leichter», betonte er.

Aus der Versöhnung wächst eine Verantwortung

Dass Deutsche vor dem Hintergrund dieser Geschichte in Belarus, in der Ukraine und in Russland gastfreundlich empfangen würden, sei «nicht weniger als ein Wunder», sagte Steinmeier. Aus der Versöhnung wachse für Deutschland aber auch eine Verantwortung: «Wir wollen und wir müssen alles tun, um Völkerrecht und territoriale Integrität auf diesem Kontinent zu schützen, und für den Frieden mit und zwischen den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion zu arbeiten.»

Es bereite ihm Sorge, sagte Steinmeier, dass die Geschichte selbst aktuell mehr und mehr zur Quelle von Entfremdung werde. Wenn der Blick zurück auf eine einzige, nationale Perspektive verengt werde und Austausch über unterschiedliche Perspektiven nicht mehr stattfinde, könnten neue Konflikte entstehen. «Die Erinnerung soll uns einander näherbringen. Sie darf uns nicht von Neuem entzweien», betonte er.

Konflikt zwischen Russland und der Ukraine

Die Gedenkfeier war überschattet vom Konflikt zwischen Russland und der Ukraine. Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk boykottiert die Veranstaltung, weil Steinmeier im Deutsch-Russischen Museum sprach. Der Name und die Ortswahl seien «aus Sicht der Ukrainer ein Affront», schrieb er in einem Brief an Museumsdirektor Jörg Morré. Außerdem sei ein gemeinsames Gedenken mit einem Vertreter Russlands wegen des Konflikts in der Ostukraine für ihn ausgeschlossen.

Nach Angaben des Museums sagten sieben von 15 Botschaftern der Nachfolgestaaten der Sowjetunion ihre Teilnahme ab. Das Museum wird getragen von 17 Organisationen auch aus der Ukraine und aus Belarus. Vor dem Gebäude wehen die Flaggen Deutschlands, Russlands, der Ukraine und Belarus' nebeneinander.

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