Extremismus

Umfrage: Schweigefuchs-Verbot in Schulen kein Thema

Umfrage: Schweigefuchs-Verbot in Schulen kein Thema

Umfrage: Schweigefuchs-Verbot in Schulen kein Thema

dpa
Berlin
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Merih Demiral wurde für das Zeigen des Wolfsgrußes von der UEFA für zwei Spiele gesperrt. Foto: Hendrik Schmidt/dpa

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Der Wolfsgruß gilt als Erkennungszeichen türkischer Rechtsextremisten - und sieht genau so aus wie der Schweigefuchs in Schulen und Kitas. Braucht es mehr Sensibilisierung oder gar ein Verbot?

Obwohl er dem extremistischen Wolfsgruß zum Verwechseln ähnlich sieht, ist ein Verbot des Schweigefuchses in deutschen Schulen und Kitas kein Thema. Und dennoch wollen manche Bildungsministerien stärker für den möglichen politischen Hintergrund der Handgeste sensibilisieren, wie aus einer Länderumfrage der Deutschen Presse-Agentur hervorgeht. Zuvor hatte es Medienberichte gegeben, dass die Stadt Bremen den Schweigefuchs wegen seiner Nähe zum Wolfsgruß aus Kitas und Schulen verbannen will. 

Auf Anfrage stellt das Bremer Bildungsressort klar, dass es einen bereits seit längerer Zeit bestehenden Appell gebe, den zur Ruhe mahnenden Schweigefuchs nicht mehr zu verwenden. Die «politische Bedeutung des Wolfsgrußes» sei mit der Grundhaltung der Bremer Kitas und Schulen «absolut unvereinbar».

Beim Wolfsgruß werden - genau wie beim Schweigefuchs - Daumen, Mittel- und Ringfinger zu einer Art Schnauze geformt. Zeigefinger und kleiner Finger bilden die Ohren. Der Gruß drückt in der Regel die Zugehörigkeit oder die Sympathie mit der türkischen rechtsextremen Ülkücü-Bewegung und ihrer Ideologie aus. Zur Fußball-Europameisterschaft hatte das Zeichen für Wirbel gesorgt, weil ein türkischer Nationalspieler es beim Torjubel verwendete.

Ähnlichkeit «konstruiert», Verbot «völlig überzogen»

In keinem der befragten Bundesländer steht ein Verbot zur Debatte. So heißt es etwa aus dem Bildungsministerium in Thüringen: Die Befürchtung, dass Lehrer oder pädagogische Fachkräfte das Zeichen umdeuten oder Schüler es falsch interpretieren könnten, sei «stark konstruiert». Der Schweigefuchs sei ein kindgerechtes Handsymbol, «das wir nicht infrage stellen», sagte ein Ministeriumssprecher.

Für das sächsische Kultusministerium wäre ein Verbot der Handgeste «völlig überzogen». Wenn Lehrer oder Erzieher die Geste nutzen, sei klar, was damit gemeint ist. Um den Schweigefuchs wirksam einzusetzen, müssten Lehrkräfte ohnehin zuvor die Bedeutung erklären, heißt es auch aus dem Schulministerium in Nordrhein-Westfalen.

Die «eher reglementierende Art, die mit dem Schweigefuchs verbunden ist», sei «keine zeitgemäße pädagogische Antwort auf "es ist zu laut"», sagte hingegen eine Sprecherin des Bremer Bildungsressorts. Die Verwendung von Handsymbolen könne missverständlich sein. Dass «derartige "Kommandos"» in Anbetracht einer «inklusiven und sprachlichen demokratischen Bildung längst nicht mehr zeitgemäß sind», meint auch das saarländische Kultusministerium. 

Keine Beschwerden oder Vorfälle bekannt

Einige Länder betonen, dass der Schweigefuchs ohnehin wenig zum Einsatz komme - und Pädagogen selbst entscheiden können, ob sie die Geste nutzen wollen. «Ob und wann der Schweigefuchs oder auch andere Methoden beziehungsweise Maßnahmen zur Förderung des Sozial- und Arbeitsverhaltens eingesetzt werden, entscheidet die Lehrkraft», sagte etwa ein Sprecher des bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus.

In Kitas und Schulen gebe es darüber hinaus bisher keine gemeldeten Vorfälle oder Beschwerden hinsichtlich des Wolfsgrußes, sagten die Ministerien. Sollte dies künftig der Fall sein, wolle man stärker aufklären. «Wenn es einen Bedarf gibt, kann das Thema aufgegriffen, besprochen und aufgeklärt werden. Die Erzieher und Lehrkräfte haben das nötige Feingefühl und die Kompetenz dafür», heißt es etwa aus dem sächsischen Kultusministerium.

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