Landgericht Bielefeld

Anklage nicht verlesen zum Auftakt von Giftmord-Prozess

Anklage nicht verlesen zum Auftakt von Giftmord-Prozess

Anklage nicht verlesen zum Auftakt von Giftmord-Prozess

dpa
Bielefeld
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Zwei Angeklagte (vorne l und hinten r) sitzen im Gerichtssaal im Landgericht Bielefeld. Foto: Friso Gentsch/dpa

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Der Prozess am Landgericht Bielefeld um einen mutmaßliche Giftmord startet holprig. Die Verteidiger verhindern, dass die Anklage verlesen wird. Sie sprechen von einem nicht zu verwertenden Geständnis.

Im Prozess um einen mutmaßlichen Giftmord ist es anders als geplant vor dem Bielefelder Landgericht noch nicht zur Verlesung der Anklage gekommen. Die Verteidiger der beiden Angeklagten beantragten am Donnerstag, sie nicht zu verlesen, da sie den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspreche. Angesichts des umfangreichen Antrags und da der ermittelnde Staatsanwalt am ersten Prozesstag nicht anwesend war, räumte das Gericht allen Beteiligen eine Frist für eine Stellungnahme bis zum 28. Juni ein. Am zweiten Verhandlungstag am 3. Juli will die 1. Große Strafkammer entscheiden, wie mit der Anklageschrift verfahren werden soll.

Vor Gericht stehen eine 50 Jahre alte Deutsch-Türkin und ihr damaliger Liebhaber, ein 45 Jahre alter Iraner aus Hamburg. Zusammen sollen sie den Ehemann der Frau mit einem Gift-Cocktail ermordet haben. Dazu gab die Frau laut Staatsanwaltschaft ihrem Mann ein toxisches Gemisch in ein Wasserglas, das sie neben sein Bett stellte. Als er tot war, soll sie den Rettungsdienst gerufen haben. Die mutmaßliche Tat vom 30. April 2022 blieb zunächst unentdeckt, bis die Witwe acht Monate später bei der Polizei in Bielefeld ein Geständnis ablegte. Das widerrief sie jedoch später. Am 17. Januar wurde der Freund der Frau in Hamburg festgenommen. Der Angeklagte hat sich bislang zu den Vorwürfen nicht geäußert.

Am Donnerstag kam es lediglich dazu, dass die Verteidigung ihren Antrag erläuterte. Anstoß nehmen die Anwälte der Witwe insbesondere daran, wie die Beweise zustande gekommen seien, auf denen die Anklage fuße. Die Familie des Getöteten soll maßgeblich daran mitgewirkt haben, dass die Schwiegertochter zur Polizei gegangen sei. Die Angehörigen sollen die 50-Jährige im Verdacht gehabt haben, ihren Mann umgebracht zu haben. Es fehlten demnach aber Beweise, um zu ermitteln. Die sollen dann von der Familie gesammelt worden sein.

Der Verteidiger sprach von illegalen Gesprächsmitschnitten, es sei psychischer Druck aufgebaut worden, dass die dreifache Mutter ihren minderjährigen Sohn verlieren könne. Am 4. Januar 2023 soll es bei der Polizei die Ankündigung gegeben haben, die 50-Jährige werde gleich erscheinen, um ein Geständnis abzulegen, hieß es seitens der Verteidigung am Donnerstag. Der Verteidiger und die Verteidigerin des Mitangeklagten schlossen sich dem Antrag an.

Das Protokoll des Geständnisses zeigt nach Auffassung der Verteidiger rechtliche Fehler. So sei kein Geständnis protokolliert worden, sondern die «subjektive Wahrnehmungen» eines Polizeibeamten. Der habe auch verkannt, dass ein Verteidiger hinzugezogen werden müsse. Insgesamt, so die Verteidiger, bestehe ein Verwertungsverbot der erhobenen Beweise. Um die Schöffen nicht mit den unkorrekt erhobenen Beweisen zu beeinflussen, müsse das Gericht die Verlesung der Anklage verbieten.

Die Verteidiger kündigten für den zweiten Verhandlungstag weitere Anträge an. Ob es dann zur Anklageverlesung kommt, ist unklar.

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