Staatsanwaltschaft

Bewährung für Osterburg: «Mettbrötchen als Geschäftsessen»

Bewährung für Osterburg: «Mettbrötchen als Geschäftsessen»

Bewährung für Osterburg: «Mettbrötchen als Geschäftsessen»

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Akten liegen vor einem Prozess in einem Landgericht auf dem Tisch. Foto: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

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Fast wäre es eine Provinzposse, wenn es nicht um viele Tausend Euro Steuergeld ginge: Der frühere Grünen-Fraktionschef in Hamburg-Mitte hat sie für Privates veruntreut, so das Gericht. Nach jahrelangen Ermittlungen steht nun das Urteil fest.

Ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung - so lautet das Urteil im Untreue-Prozess gegen den früheren Hamburger Grünen-Bezirkspolitiker Michael Osterburg. «Sie sind noch einmal mit einem dunkelblauen Auge davongekommen», sagte der Vorsitzende Richter der Großen Strafkammer, André Hienzsch, am Mittwoch bei der Urteilsverkündung. Mit der Veruntreuung von Fraktionsgeldern in Höhe von über 26.000 Euro sei der frühere Fraktionschef im Bezirk Mitte «zum Symbol für eine angeblich korrupte Politikerkaste geworden». Zu unrecht abgerechnet habe er Privates wie Restaurantbesuche, Reisen, Kinderbetreuung und teure Technik.

Damit habe er nicht nur sich selbst und der Grünen-Fraktion geschadet, sondern auch seiner ehemaligen Lebensgefährtin, der damaligen Grünen-Landesvorsitzenden und heutigen Justizsenatorin Anna Gallina - «auch emotional». Wenn man bei der Vernehmung als Zeugin erfahre, dass das Weihnachtsgeschenk aus veruntreuten Fraktionsmitteln stammt, «dann ist das menschlich ganz, ganz bitter», sagte Hienzsch. «Als Vorbild für ihre kleine Tochter sind Sie auf ganzer Linie gescheitert.»

Die Taten fallen in die Jahre 2015 bis 2019 - eine Zeit, in der Osterburg und Gallina noch ein Paar waren. Sie haben eine gemeinsame Tochter und sind seit 2019 getrennt.

Einerseits habe der Prozess den Charakter einer «Provinzposse» gehabt, wenn «Mettbrötchen als Geschäftsessen» und pinkfarbene Kinderkopfhörer als fraktionsbezogene Ausgaben abgerechnet wurden, sagte der Richter. Andererseits sei die Zahl der Fälle ungewöhnlich hoch und der Tatzeitraum ungewöhnlich lang. «Es ging letztlich immer darum, Geld aus der Grünen-Fraktion zu holen, um den eigenen Lebensstandard zu verbessern.»

Der Richter schilderte Fälle, in denen Osterburg selbst für Restaurantbesuche, bei denen er offenkundig alleine war, eine Bewirtung von mehreren Personen über die Fraktion abgerechnet habe. So habe ein angeblich bewirteter Gast als Zeuge ausgesagt: «Er könne ausschließen, sich die Pizza und das 0,2-Liter-Erfrischungsgetränk mit Herrn Doktor Osterburg geteilt zu haben.»

Verurteilt wurde Osterburg schließlich für Untreue in 51 Fällen, Untreue und Betrug in ebenfalls 51 Fällen sowie für Untreue und Urkundenfälschung in 6 und Untreue, Betrug und Urkundenfälschung in 5 Fällen - insgesamt für 113 Taten. Außerdem muss er den verbliebenen Schaden für die Grünen-Bezirksfraktion in Höhe von 10.061,11 Euro ersetzen - 16.000 Euro hatte er bereits in der vergangenen Woche zurückgezahlt. Auch die Kosten des Verfahrens muss Osterburg tragen.

«Gewerbsmäßig handelte der Angeklagte in allen Fällen», sagte Hienzsch. Allerdings habe das Gericht deshalb keine Untreue im besonders schweren Fall erkannt. «Ein besonders schwerer Fall scheidet für alle Fälle aus.»

Mit dem Urteil blieb die Kammer hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück. Die hatte wegen gewerbsmäßiger Untreue im besonders schweren Fall zwei Jahre auf Bewährung sowie eine Geldauflage in Höhe von 10.000 Euro gefordert. Osterburgs Verteidiger hatte hingegen auf Geldstrafe oder ersatzweise eine Freiheitsstrafe von maximal einem Jahr plädiert.

Mildernd habe das Gericht in seinem Urteil berücksichtigt, dass Osterburg umfassend gestanden und damit ein noch längeres Verfahren verhindert habe. Zwar sei bei der ersten Einlassung des Angeklagten zu Prozessbeginn der Eindruck entstanden, dass es sich «vielmehr um eine Nebelkerze» gehandelt habe, sagte Hienzsch. In seiner zweiten Einlassung habe er sich dann aber «klipp und klar zu seinen Taten und zu seiner Schuld bekannt». Zudem habe er Reue gezeigt, «wobei ihm das schwergefallen ist».

Der Fall war nach den Bezirkswahlen 2019 ins Rollen gekommen, als die neuen Bezirksfraktionsführung Unregelmäßigkeiten bei den Finanzen festgestellt und Osterburg schließlich angezeigt hatte. Nach mehr als zwei Jahren Ermittlungen hatte die Staatsanwaltschaft im Oktober 2022 Anklage erhoben.

Osterburg war nach der Wahl 2019 aus der Bezirkspolitik ausgestiegen und hat nach Angaben des Grünen-Landesverbands die Partei verlassen.

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