Schleswig-Holstein & Hamburg

Corona-Lockdown über Ostern soll «Bremseffekt» bringen

Corona-Lockdown über Ostern soll «Bremseffekt» bringen

Corona-Lockdown über Ostern soll «Bremseffekt» bringen

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg. Foto: Georg Wendt/dpa/Archivbild

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In Hamburg sollen die Menschen in diesem Jahr über Ostern länger frei haben - allerdings geht es nicht um Osterferien, Corona macht es nötig. Bürgermeister Tschentscher erhofft sich einen dadurch einen «zusätzlichen Bremsschritt» für die Pandemie.

Die Corona-Pandemie soll den Hamburgern in diesem Jahr eine besonders lange Osterpause bescheren. Bürgermeister Peter Tschentscher verspricht sich von einem verschärften Lockdown über die eigentlichen Feiertage hinaus einen «richtig starken Bremseffekt». Es gehe darum, mit zwei zusätzlichen Ruhetagen an Gründonnerstag und Karsamstag in ganz Deutschland «fünf Tage weitestgehend Stillstand zu organisieren», sagte der SPD-Politiker am frühen Dienstagmorgen nach rund zwölfstündigen Beratungen der Länderregierungschefs mit der Kanzlerin.

Nach dem Bund-Länder-Beschluss sollen über das verlängerte Osterwochenende bis auf Lebensmittelgeschäfte am Karsamstag alle übrigen Läden und Betriebe geschlossen bleiben. Die privaten Kontakte werden auf maximal fünf Personen aus zwei Haushalten beschränkt, wobei Kinder nicht mitgezählt werden.

Für Hamburg würde das eine Lockerung bedeuten. Seit Inkrafttreten der Notbremse am vergangenen Samstag dürfen sich in der Stadt Angehörige eines Haushalts nur noch mit einer Person aus einem anderen Haushalt treffen. Auch dabei werden Kinder nicht mitgezählt. Ob der rot-grüne Senat diesen Beschluss umsetzt, ließ Tschentscher zunächst offen. «Wir werden das sehr sorgfältig beraten», sagte er.

In der neuen Verordnung, die bis Freitag erarbeitet werden soll, will der Senat auch die jüngsten Urteile des Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichts zur Maskenpflicht und dem Alkoholkonsumverbot berücksichtigen. Die Maskenpflicht unter freiem Himmel werde der Senat noch einmal klären. Auf Spielplätzen sei sie weiterhin sinnvoll, wenn dort Personen aus mehreren Haushalten zusammenkämen, erklärte Tschentscher. Bislang müssen Erwachsene generell eine Maske auf Spielplätzen tragen. Der Bürgermeister erwähnte jedoch, dass nach dem Bund-Länder-Beschluss auch eine Verschärfung der Maskenpflicht in Regionen mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von über 100 möglich ist, etwa für die Mitfahrer in Fahrzeugen.

Das Oberverwaltungsgericht hatte am vergangenen Freitag das generelle Konsumverbot für Alkohol in der Öffentlichkeit gekippt. Dazu sagte Tschentscher, dass der Senat nun genau festlegen werden, an welchen Orten und zu welchen Zeiten das Trinkverbot in der Stadt gelten werde.

Tschentscher bezeichnete die Corona-Lage als sehr ernst. Die Ausführungen der Experten des Robert Koch-Instituts zeigten, «dass wir mit weiter sehr stark steigenden Infektionszahlen rechnen müssen». Grund sei die infektiösere britische Virus-Mutante, die dazu führe, «dass wir sehr vorsichtig sein müssen, dass in den nächsten Wochen das Gesundheitswesen - noch bevor ausreichend Impfstoff zur Verfügung steht - mit dann jüngeren Patienten an seine Belastungsgrenze kommt». Ein «wirksames Instrument» dagegen sei die Schnellteststrategie.

Zufrieden zeigte sich Tschentscher damit, dass die von Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern sowie Sachsen-Anhalt und Rheinland-Pfalz geforderten Lockerungen in Form eines «kontaktarmen Urlaubs» über Ostern nicht mehr in dem Beschluss auftauchten. «Die Grundausrichtung des Beschlusses liegt sehr auf meiner Linie.» Auch sei er «sehr damit einverstanden, dass alle noch einmal bekräftigt haben, dass die Notbremsenregelung gelten muss in ganz Deutschland, in allen Bundesländern».

In Hamburg lag die Sieben-Tage-Inzidenz am Montag den sechsten Tag in Folge über der 100er-Marke. Laut Gesundheitsbehörde stieg die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen im Vergleich zum Vortag um 1,2 Punkte auf 115,2. 268 neu nachgewiesene Fälle kamen hinzu. Seit Ausbruch der Pandemie haben sich den Angaben zufolge 57 462 Hamburger mit Sars-CoV-2 infiziert; 51 200 von ihnen gelten laut Robert Koch-Institut (RKI) inzwischen als genesen.

Die Zahl der an oder mit dem Virus Gestorbenen ist unterdessen rückläufig. Während das RKI für den gesamten Monat Februar noch 267 Corona-Tote gemeldet hatte, sind es im laufenden Monat erst 79.

Die Zahl der Corona-Patienten auf den Intensivstationen der Hamburger Krankenhäuser schwankte in den vergangenen zwei Wochen grob zwischen 90 und 100. Am Montagvormittag waren es laut Register der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin 87.

Nach einer Woche Unterbrechung wegen möglicher Nebenwirkungen des Impfstoffs von Astrazeneca sollten am Dienstag die Impfungen in den Schwerpunktpraxen für Lungen- und Krebserkrankungen wiederaufgenommen werden. Am Montag sei dies bereits in den Dialysezentren geschehen, teilte die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg mit.

Ihr Vorsitzender Walter Plassmann zeigte sich zuversichtlich, den Rückstand aufholen zu können. Der limitierende Faktor sei aber nach wie vor die sehr geringe Menge an zur Verfügung stehendem Impfstoff, unter der auch die vorgesehene Einbindung der Hausärzte in die Impfkampagne leiden werde. «Es wäre besser, wir könnten das Impfgeschehen stärker konzentrieren, als in diesem sehr geringen Umfang - 20 Dosen pro Praxis - auf die Fläche zu verteilen», sagte Plassmann.

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