Kommunalwahl

FDP und SSW klagen gegen Änderungen im Kommunalrecht

FDP und SSW klagen gegen Änderungen im Kommunalrecht

FDP und SSW klagen gegen Änderungen im Kommunalrecht

dpa
Kiel (dpa/lno) -
Zuletzt aktualisiert um:
Akten liegen Gericht auf dem Tisch. Foto: Swen Pförtner/dpa/Symbolbild

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Bürgerbegehren gegen Infrastrukturvorhaben sind seit einer Reform der Koalition schwerer. FDP und SSW schalten deshalb und wegen der neuen Mindestgröße für Fraktionen in Kommunalparlamenten nun das Landesverfassungsgericht ein. Sie fürchten...

Wenige Tage vor der Kommunalwahl am 14. Mai wollen FDP und SSW gegen vom Landtag beschlossene Änderungen am Kommunalrecht in Schleswig-Holstein klagen. Eine Normenkontrollklage gehe noch am Mittwoch an das Landesverfassungsgericht, sagte der Anwalt der beiden Landtagsfraktionen, Moritz von Rochow, in Kiel. FDP und SSW wollen zudem per einstweiliger Anordnung erreichen, dass das Landesverfassungsgericht das Gesetz außer Vollzug setzt - möglichst noch vor der Kommunalwahl.

Der Landtag hatte das Gesetz Ende März gegen heftige Oppositionskritik mit der schwarz-grünen Mehrheit beschlossen. Dazu gehören Einschnitte bei Bürgerbegehren und eine Erhöhung der Mindestgröße von Fraktionen in Gemeindevertretungen und Kreistagen von zwei auf drei Mitglieder. Nunmehr werden solche Bürgerbegehren gegen Bauleitplanungen ausgeschlossen, für die in der Kommunalvertretung eine Zweidrittelmehrheit nötig war.

«Die schwarz-grüne Koalition hat mit diesem Gesetz kurz vor der Kommunalwahl einen fatalen Demokratieabbau betrieben», sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Insbesondere kleinere Parteien und Wählergemeinschaften würden massiv in ihren Mitwirkungsrechten beschnitten. «Dieses Gesetz wird einen Großteil der Bürgerbegehren zur Bauleitplanung verhindern, denn es sieht vor, dass Bürgerbegehren bei einer Zweidrittelmehrheit zum Aufstellungsbeschluss als unzulässig erklärt werden können.» Dadurch werde vielen Bürgerentscheiden der Boden entzogen.

CDU und Grünen leiteten mit ihrer Reform eine Trendumkehr ein: «Über Jahrzehnte wurden die demokratischen Beteiligungsmöglichkeiten immer größer, in Schleswig-Holstein sollen diese nun erheblich beschnitten werden», sagte Vogt. Schwarz-Grün wolle «weniger Demokratie wagen».

SSW-Fraktionschef Lars Harms betonte, Fraktionen trügen erheblich zu einem disziplinierten Sitzungsablauf bei und erleichterten die Entscheidungsfindung in den Kommunalparlamenten. Als Partei der dänischen und friesischen Minderheit könne die Mindestfraktionsgröße auch den SSW treffen. Dabei sei die politische Mitwirkung nationaler Minderheiten als Staatsziel in der Landesverfassung verankert. «Das Land ist seiner Schutzpflicht hier schlicht nicht nachgekommen. Und das ist verfassungsrechtlich zu beanstanden.»

Nur Fraktionen könnten voll am politischen Meinungsbildungsprozess teilhaben, sagte Harms. «Es ist denkbar, dass Wählerinnen und Wähler dies bei ihrer Wahlentscheidung berücksichtigen - zulasten der betreffenden Parteien.» Die Koalition sorge für «Chaos in der Kommunalpolitik».

Von Rochow rechnet noch in diesem Jahr mit einer Entscheidung des Landesverfassungsgerichts über die Klage. Eine einstweilige Anordnung könne das Gericht noch vor der Kommunalwahl treffen.

«Die Heraufsetzung der Mindestfraktionsgröße in den Gemeinden und Kreisen schränkt das kommunale Selbstverwaltungsrecht in unzulässiger Weise ein», sagte der Jurist. Funktionsbeeinträchtigungen in der Lübecker Bürgerschaft rechtfertigten es nicht, pauschal die Organisationshoheit aller Kreise und Gemeinden zu beschränken. In den betroffenen Gemeinden und Kreisen bewirke die Heraufsetzung der Mindestfraktionsstärke eine faktische 9-Prozent-Sperrklausel, da fraktionslose Vertreter von einer Reihe von Mitwirkungsrechten und finanziellen Zuschüssen ausgeschlossen werden.

Von Rochnow hat verfassungsrechtliche Zweifel. «Es widerspricht dem Grundsatz der Normenklarheit, dass eine Zweidrittelmehrheit im Bauausschuss einen Bürgerentscheid verhindern können soll, obwohl dieser Ausschuss nach der Gemeindeordnung allenfalls beratende Funktion hat.» Einer Aushöhlung des Bürgerentscheids werde Tür und Tor geöffnet.

Die ebenfalls oppositionelle SPD teilt die Klage zum größten Teil. «So halten wir zwar die Erhöhung der Fraktionsmindestgrößen bei kreisangehörigen Städten und Gemeinden auch für verfassungswidrig», sagte der SPD-Innenpolitiker Kai Dolgner. Bei größeren Parlamenten in Kreisen und kreisfreien Städten halte die SPD diese aber für vertretbar. «Uns kommt es vor allem auf den politischen Kampf gegen alle Verschlechterungen bei der Bürgerbeteiligung an.»

Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte: «Auch wenn die Rechtsmeinung der Antragsteller nicht geteilt wird, gebietet es der Respekt vor dem Gericht, den Fortgang des Verfahrens und namentlich die Antragsschrift abzuwarten.»

Mehr lesen