Grünen-Landeschef

Freitag hätte sich mehr Schwung von Schwarz-Grün erhofft

Freitag hätte sich mehr Schwung von Schwarz-Grün erhofft

Freitag hätte sich mehr Schwung von Schwarz-Grün erhofft

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Gazi Freitag, (Bündnis 90/Die Grünen), Landesvorsitzender der Grünen in Schleswig-Holstein, lächelt. Foto: Christian Charisius/dpa

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Wenig Aufbruch, dröger Eindruck und Balance-Fragen? Schwarz-Grün war von Beginn an im Krisenmodus, sagt Grünen-Landeschef Gazi Freitag. Oppositionspolitiker Vogt wundert vor allem eines am Bündnis von Ministerpräsident Günther.

Gut ein halbes Jahr nach ihrem Start überschatten die Folgen des Krieges in der Ukraine nach Ansicht von Grünen-Landeschef Gazi Freitag die Zwischenbilanz der Koalition. «Natürlich gibt es da Schwierigkeiten und ich nehme das auch wahr, dass der Aufbruch nicht so spürbar ist und man vielleicht so ein bisschen dröge daherkommt», sagte Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Das liege vor allem am Krisenmodus durch Kriegsfolgen wie die Energiepreiskrise.

«Schwarz-Grün war von Anfang an im Krisenmodus», sagte Freitag. Dagegen habe der Start der Vorgänger-Koalition von CDU, Grünen und FDP 2017 einem «Regenbogen-Traumland» geglichen. «2017 war ja alles okay, da war die Stimmung gut.» Hinzu käme aktuell die besondere Konstellation, dass die CDU auf Bundesebene in der Opposition ist und «von dort auch immer wieder Störfeuer eingeprasselt sind». Die Union strotze angesichts von 43,4 Prozent bei der Landtagswahl «nur so vor Kraft. Das macht es schwierig, sich einzugrooven und grüne Themen durchzusetzen.» Als Beispiel nannte er die von Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) «ohne Not heraufbeschworene Debatte um die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke».

Im Koalitionsvertrag gebe es aber für beide Parteien Kompromisse, mit denen diese sich schwer täten, sagte Freitag. Viel zu oft träten Bündnisse nach außen dennoch mit einer Stimme auf und erweckten dabei den Eindruck als wären alle Parteien gleich. «Das erzeugt natürlich schon so ein bisschen Frust bei den Menschen und die eigene Wahlentscheidung wird hinterfragt.» Dabei könne transparentes Ringen um Kompromisse positiv auf die Gesellschaft wirken.

Günther habe sich für die Grünen entschieden, obwohl ein Bündnis mit dem «leichteren Koalitionspartner FDP möglich gewesen wäre», sagte Freitag. Mit seiner Partei gebe es mehr Konfliktpotenzial. «Ob es dann wirklich zu Spannungen kommt, muss man sehen. Konfliktpotenzial ist aber kein Fakt.»

Für FDP-Fraktionschef Christopher Vogt fehlt CDU und Grünen eine gemeinsame Zukunftsvision. «Die Landesregierung ist unglaublich schwach gestartet», sagte er dpa. In den vergangenen Monaten sei es kaum besser geworden. «Ich frage mich, warum sich die CDU so dermaßen von den Grünen die Agenda diktieren lässt.» In den Koalitionsverhandlungen habe die Union zwar einige wichtige, auch symbolische Punkte gemacht. «Aber im Tagesgeschäft merkt man jetzt, dass die Grünen schon ziemlich dominant sind. Das macht einen ja beinahe fassungslos, was die Union alles mitmacht.»

Wirtschaftsminister Claus Ruhe Madsen (parteilos) sei eine «herbe Enttäuschung», sagte Vogt. Die Aufteilung zwischen Agrar- und Umweltministerium mache keinen Sinn. «Meine Wahrnehmung ist, dass es in der Landesregierung nach wie vor nicht gut läuft.»

Das Land habe mit Blick auf die mögliche Ansiedlung einer Batteriezellenfabrik des Northvolt-Konzerns derzeit große Chancen, sagte Vogt. «Aber die Landesregierung streitet weiterhin über die Autobahn 20.» Dabei sei das schwedische Unternehmen auf Logistik angewiesen. Dass mit Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) ausgerechnet ein Schleswig-Holsteiner die von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) geplante Planungsbeschleunigung für die A20 blockiere, mache ihn fassungslos.

Günther müsse Einfluss auf die Bundesregierung nehmen, sagte Vogt. «Aber der Ministerpräsident ist seit dem Regierungswechsel merkwürdig zurückhaltend bis gar nicht wahrnehmbar. Er macht zwar eine Reihe an Wohlfühlterminen, hält sich aber politisch erstaunlich zurück. Man hat das Gefühl, er will nicht weiter auffallen.»

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