Amtsgericht Hamburg

Großmutter auf Wunsch hin getötet? Freispruch

Großmutter auf Wunsch hin getötet? Freispruch

Großmutter auf Wunsch hin getötet? Freispruch

dpa
Hamburg
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Ein Justizbeamter begleitet den Angeklagten in den Gerichtssaal im Amtsgericht Hamburg St. Georg. Foto: Rabea Gruber/dpa

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Ein 34-Jähriger soll seine schwer kranke Großmutter und einzige Bezugsperson, auf ihren Wunsch hin getötet haben. Bei der Aufarbeitung vor dem Hamburger Amtsgericht St. Georg kommt eine schreckliche Familiengeschichte zu Tage.

Ein 34-Jähriger, der seine schwer kranke Großmutter laut Anklage auf ihren Wunsch hin in Hamburg-Horn tötete, ist in einem Prozess freigesprochen worden. Der Drogenabhängige sei nach Einschätzung eines Gutachters aufgrund einer psychischen Ausnahmesituation schuldunfähig gewesen, lautete das Urteil des Amtsgerichts St. Georg am Mittwoch. Der Angeklagte schilderte in dem Prozess seine traurige Familiengeschichte, die seit Jahrzehnten geprägt war von Drogen und Verlust.

Die Staatsanwaltschaft hatte dem Angeklagten Tötung auf Verlangen vorgeworfen. Er habe der Anklage zufolge seiner erheblich vorerkrankten Großmutter auf deren ausdrücklichen Wunsch hin im Juli 2023 sechs Tabletten eines Medikaments verabreicht sowie ein heroinhaltiges Gemenge intravenös gespritzt. Die 72-Jährige starb daraufhin, wie von ihr und dem Angeklagten beabsichtigt, an einer akuten Heroinüberdosierung.

Seine Eltern und weitere Verwandte seien auch drogenabhängig gewesen, berichtete der Angeklagte in dem Prozess. Die Mutter starb an der Sucht. «Als ich meine Mutter fand, lag sie schon vier Wochen tot in der Wohnung.» Er sei bei seiner Großmutter aufgewachsen. Sie sei zum Tatzeitpunkt sein einziger Halt gewesen, nach der Trennung von seiner Ex-Freundin sei er bei ihr eingezogen. Er sei zu diesem Zeitpunkt davon ausgegangen, dass er keinen Kontakt mehr zu seinen Kindern haben dürfe, sagte der vierfache Vater.

Es sei der Großmutter schon lange sehr schlecht gegangen, schilderte der Angeklagte weiter. Einen Pflegedienst habe sie abgelehnt. Ins Krankenhaus habe er sie nicht bringen wollen. Seiner Meinung nach herrschten dort schreckliche Zustände. «Sie wollte erlöst werden», meinte der Angeklagte.

Die Frau habe ihn gebeten, ihr zu helfen, und er habe keinen anderen Ausweg gesehen, gab er an. Sie habe ihm Geld gegeben, damit er für sie Heroin kaufe. Die Großmutter schrieb einen Abschiedsbrief und bat darin, nicht ihrem Enkel die Schuld zu geben. «Für sie ist es definitiv das Richtige gewesen», sagte der Mann im Gerichtssaal. Er selbst habe seine Oma gerne behalten wollen.

Nach dem Tod der Großmutter sei er in Panik geraten, sagte der 34-Jährige. Nach Überzeugung des Gerichtes wollte er anschließend mit Hilfe von Heroin und Tabletten Suizid begehen, schrieb Abschiedsbriefe an seine Kinder und fügte sich schwere Verletzungen zu. An diese Ereignisse hat er eigenen Angaben zufolge aber keine Erinnerung mehr. Er überlebte und rief die Rettungskräfte.

Der 34-Jährige muss nach dem Freispruch wegen eines anderen Falls weiter in Untersuchungshaft bleiben. Angaben zu den Hintergründen wurden nicht gemacht.

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