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Hamburgs Rechnungshof unzufrieden mit Senat und Verwaltung

Hamburgs Rechnungshof unzufrieden mit Senat und Verwaltung

Hamburgs Rechnungshof unzufrieden mit Senat und Verwaltung

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Auf 272 Seiten hat der Rechnungshof Hamburg die Arbeit der Verwaltung und des Senats unter die Lupe genommen - und die Liste der Verfehlungen ist wieder mal lang. Die Folge: Auch in diesem Jahr gibt es keinen «uneingeschränkten Bestätigungsvermerk».

Mangelhafte Anlagenbuchhaltung und IT-Verfahren, unvollständige oder fehlerhafte Bilanzierungen - der Rechnungshof der Hansestadt Hamburg ist einmal mehr teils unzufrieden mit der Arbeit des rot-grünen Senats und der Verwaltung. Auch bei den Kontrollen der Corona-Soforthilfen und der Überwachung etwa von großen Bauprojekten oder bei den Sozialleistungen ist nach Einschätzung der Rechnungsprüfer noch Luft nach oben. «Den Bestätigungsvermerk für 2020 konnten wir wie bereits in den vergangenen Jahren nur eingeschränkt erteilen», sagte Rechnungshof-Präsident Stefan Schulz am Montag bei der Vorlage des «Jahresberichts 2022».

Der Jahres- und Konzernabschluss der Stadt vermittelten nur eingeschränkt Einblick in die tatsächlichen Verhältnisse der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage, sagte Schulz. «Die strukturellen Ursachen hierfür sind im Wesentlichen unverändert.» Der Buchungskreislauf sei nicht geschlossen, das Rechnungswesen immer noch dezentral und IT-Verfahren seien nach wie vor mit Mängeln behaftet. Obwohl es in einigen Bereichen besser geworden sei, «muss Hamburg seine Anstrengungen fortsetzen, ein durchgängig ordnungsgemäßes Rechnungssystem zu schaffen», forderte Schulz. Dabei stehe vor allem die Finanzbehörde in der Pflicht.

«Bedenklich ist die Entwicklung der sogenannten Haushaltsreste», sagte Schulz. Die Behörden dürften zwar ausnahmsweise Haushaltsreste - also von der Bürgerschaft abgesegnete, aber nicht ausgegebene Gelder - in das nächste Jahr verschieben, doch in Hamburg seien das mit 4,2 Milliarden Euro inzwischen Haushaltsberge. «Im investiven Bereich gibt es sogar mehr Reste als normale Haushaltsmittel.» So erreichten die aus dem Haushaltsjahr 2020 übertragenen Reste 121 Prozent der im Haushaltsplan normal veranschlagten Mittel. Schulz forderte einen Abbau dieser Haushaltsreste.

Die Rechnungsprüfer kritisierten auch die Kontrolle der städtischen Corona-Soforthilfen. Wegen der Notsituation im Frühjahr 2020 sei ein rasches und unbürokratisches Handeln unzweifelhaft erforderlich gewesen, um wirtschaftliche Notlagen zu lindern und die Existenz von Unternehmen zu sichern, heißt es in dem 272 Seiten umfassenden Jahresbericht. Gleichwohl gälten auch für Soforthilfeleistungen die rechtlichen Voraussetzungen staatlicher Fördermaßnahmen. «Deren Beachtung hatte Mängel», konstatierten die Prüfer. Laut Rechnungshof hat die Hamburgische Investitions- und Förderbank (IFB) im Auftrag der Wirtschaftsbehörde 54 453 Anträge bewilligt und Stand Ende März 2021 rund 202 Millionen Euro aus Hamburger Mitteln ausgezahlt.

Nicht nur bei der Kontrolle der Corona-Soforthilfen, auch bei den Nothilfekrediten selbst sparte der Rechnungshof nicht an Kritik. Grundsätzlich sei es richtig und erlaubt, Kredite aufzunehmen, sagte Rechnungshof-Direktor Philipp Häfner. «Aber es gibt einen rechtlichen Rahmen dafür, der beachtet werden muss.» Und danach dürften Kredite eben nur dann vergeben werden, wenn das Geld zusätzlich und nicht für ohnehin Geplantes ausgegeben werde. Andernfalls sei das ein Verstoß gegen die Schuldenbremse.

Genau das habe der Senat jedoch getan. Häfner zählte dazu etwa die Weiterplanung der U5, das um 33 Millionen Euro angehobene Mietbudget der Schulbehörde und den 2,5 Millionen Euro teuren Brandschutz in der Staats- und Universitätsbibliothek. «Dafür jedenfalls darf man keine Notlagenkredite aufnehmen.» Nach dem Eindruck der Prüfer helfe der Senat damit «nicht den von Corona Betroffenen, sondern er hilft seinen eigenen Behörden».

Der Bund der Steuerzahler Hamburg betonte: «Der Jahresbericht wirft kein gutes Bild auf die Buchhaltung der Stadt Hamburg.» Erneut habe der Rechnungshof wesentliche Mängel festgestellt, sagte die Vorsitzende Petra Ackmann. «Daher ist die Frage berechtigt, ob es dem Senat an der Bereitschaft oder gar an der Kompetenz fehlt, die kritisierten Punkte zu heilen.» Erschreckend sei, dass die Prüfer dem Senat in vielen Fällen vorwerfe, seine Kontrollpflicht vernachlässigt zu haben. «Zudem scheint Hamburg im Bereich Digitalisierung in entscheidenden Bereichen komplett den Anschluss zu verlieren.»

Der haushaltspolitische Sprecher der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Thilo Kleibauer, nannte vor allem die hohen Haushaltsreste problematisch. «Dies zeigt, dass viele längst beschlossene Vorhaben vom Senat nicht planmäßig umgesetzt werden.» Hier müsse Rot-Grün liefern, statt sich nur für die Ankündigung von Investitionen feiern zu lassen. Auch müsse Finanzsenator Andreas Dressel endlich zur Kenntnis nehmen, dass er Corona-Mittel nicht zweckwidrig einplanen dürfe. Nach Ansicht von Hamburgs FDP-Chef Michael Kruse muss Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) «die Ermahnungen des Rechnungshofs endlich ernst nehmen, seine Kontrollpflichten ausführen und dafür sorgen, dass mit Steuermitteln sorgsam und transparent umgegangen wird».

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