Schleswig-Holstein & Hamburg

Jelineks «Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!» uraufgeführt

Jelineks «Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!» uraufgeführt

Jelineks «Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!» uraufgeführt

dpa
Hamburg
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Schauspieler in der Aufführung «Lärm. Blindes sehen. Blinde sehen!» von Elfriede Jelinek. Foto: Matthias Horn/Schauspielhaus Hamburg/dpa/Archivbild

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Mit der Uraufführung einer Polit-Groteske hat Intendantin Karin Beier das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg am Samstagabend nach sieben Monaten Corona-Zwangspause wiedereröffnet. Elfriede Jelineks «Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!» ist eine bitter-ironische Abrechnung mit der Ausbeutung der Natur, der Leugnung der Pandemie und dem wechselvollen Krisenmanagement.

Zentrale Gestalten auf der Bühne, die an eine Tiroler Hütte und zugleich an einen Schlachthof erinnert: Darsteller mit Schweinsmasken, die einen lautstarken Chor bilden. Jelinek hat sie aus der antiken Odyssee entlehnt, in der die Gefährten des Odysseus auf der Insel der Zauberin Kirke stranden, ihrem Charme erliegen und in Schweine verwandelt werden. Die österreichische Literatur-Nobelpreisträgerin nutzt den antiken Mythos, um die Auswüchse der Massentierhaltung mit den Après-Ski-Exzessen im österreichischen Berg-Ort Ischgl zu verbinden. Der Abend thematisiert über drei Stunden hinweg jenen allgegenwärtigen Lärm, der sich aus Nachrichtenfetzen, Politikerzitaten und Gerüchten speist.

Karin Beier liefert eine handwerklich solide Inszenierung ab, der gleichwohl das Überraschende fehlt, da der Jelinek-Text inzwischen breit thematisierte Aussagen und Bilder zur Pandemie reproduziert. Das Ensemble um Eva Mattes, Ernst Stötzner und Josefine Israel findet dennoch zu spielerischen Glanzmomenten und meistert den ausufernden assoziativen Wort-Strom der Autorin gekonnt.

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