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Koalition will mit Teil der Sondervermögen Schulden tilgen

Koalition will mit Teil der Sondervermögen Schulden tilgen

Koalition will mit Teil der Sondervermögen Schulden tilgen

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Der Plenarsaal im Kieler Landtag. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild

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Bereits jetzt will die Koalition für 2024 eine Haushaltsnotlage feststellen. Ein Teil der Mittel aus Sondervermögen soll in den Schuldenabbau fließen. Ein neuer Notkredit steht aber schon im Raum.

Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts will die schwarz-grüne Koalition ihren Finanzkurs anpassen. Voraussichtlich am Donnerstag soll der Landtag eine Notlage für 2023 und 2024 feststellen. «Ich glaube, allen Menschen ist klar, dass wir uns in Notsituationen im Moment befinden», sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Dienstag. «Corona hat noch Auswirkungen, die Ukrainekrise hat Auswirkungen.» Das gelte auch für die Umstellung der Energieversorgung.

Diese krisenbedingten Dinge erforderten staatliches Handeln, sagte Günther. Für das kommende Jahr werde die Koalition neue Notkredite vorschlagen. «Wir sind immer wieder, wenn wir Notkredite brauchen, darauf angewiesen, dass in dem jeweiligen Haushaltsjahr, wo die Mittel verwendet werden, auch eine Notlage erklärt wird.» Mit den geplanten Landtagsbeschlüssen reagiere das Land innerhalb von einer Woche auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts.

Sollten noch dieses Jahr Landesmittel für die geplante Batteriefabrik des schwedischen Unternehmens Northvolt in Dithmarschen fließen müssen, will die Koalition den Ukraine-Notkredit nutzen, wie CDU-Fraktionschef Tobias Koch sagte. Auch darüber soll das Parlament abstimmen.

«Wir wollen für alles gewappnet sein», sagte Koch. Das Land hat zugesagt, das Milliardenprojekt mit bis zu 137 Millionen Euro zu fördern. Koch kündigte zugleich einen «Schnitt zum Jahresende» an. Schwarz-Grün wolle als Konsequenz des Urteils der Karlsruher Richter sämtliches Geld aus Sondervermögen, das ursprünglich aus Notkrediten stammte, zum Schuldenabbau nutzen. Vermutlich werde es sich um Hunderte Millionen Euro handeln.

Das Bundesverfassungsgericht hatte in der vergangenen Woche eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden.

Klar ist bereits jetzt, dass Schleswig-Holstein im kommenden Jahr voraussichtlich einen neuen Notkredit brauchen wird. Die Feststellung einer Notlage sei notwendig, um Mittel aus bestehenden Notkrediten wie vereinbart ausgeben zu können, sagte Grünen-Fraktionschef Lasse Petersdotter. Dadurch sei es möglich, auch 2024 Ausgaben über Notkredite zu finanzieren.

Der Grünen-Politiker sprach sich zugleich für eine Änderung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse aus. «Die Regelung passt nicht mehr in Zeiten multipler Krisen.» Schulden müssten möglich sein für Klimaschutz und Bildung. Auch bei den Tilgungsvorgaben seien Änderungen nötig. Nicht jeder Euro müsse getilgt werden. Denn: «Ein Staat wächst aus den Schulden raus.» Dafür wäre aber eine Veränderung der Schuldenbremse notwendig.

Kritik am Vorgehen der Koalition kam von der Opposition. «Die Tricksereien müssen ein Ende haben», sagte FDP-Fraktionschef Christopher Vogt. Seine Fraktion werde den Plänen voraussichtlich nicht zustimmen. Die Informationspolitik von Schwarz-Grün bezeichnete er als skandalös.

Die FDP-Finanzpolitikerin Annabell Krämer kritisierte, dass von den 1,4 Milliarden Euro des Ukraine-Notkredits erst 200 Millionen Euro abgeflossen seien. «Ein Bevorraten mit Notkrediten ist aber verfassungswidrig.»

Der SSW kritisierte ebenfalls die Informationspolitik der Regierung, sieht aber die Notwendigkeit, die Haushaltsnotlage festzustellen. «Die ganze Regierung schwimmt, weil sie nicht wissen, wie sie mit dem Urteil umgehen sollen», sagte Fraktionschef Lars Harms. Die Förderung der Northvolt-Ansiedlung könne nicht über den Notkredit erfolgen, sondern müsse aus Haushaltsmitteln kommen.

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