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Land: Kapazitäten für 20.000 weitere Flüchtlinge schaffen

Land: Kapazitäten für 20.000 weitere Flüchtlinge schaffen

Land: Kapazitäten für 20.000 weitere Flüchtlinge schaffen

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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20.000 weitere Flüchtlinge bis März? Ob es so kommt, weiß angesichts des Ukraine-Kriegs niemand, aber der Norden will zumindest Unterbringungskapazitäten in dieser Größenordnung schaffen. Bei der Unterstützung der Kommunen sind Finanzierung...

Schleswig-Holstein will Kapazitäten für die Aufnahme von 20.000 weiteren Flüchtlingen bis März nächsten Jahres schaffen. «Das ist keine Prognose, die können wir im Moment nicht geben», sagte Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) am Freitag nach einem Spitzentreffen von Regierung und kommunalen Landesverbänden unter Hinweis auf die Ungewissheiten des Ukraine-Kriegs. Vom Bund gebe es keine Prognose. «Aber wir sind schon der Auffassung, dass es wichtig ist, dass wir die notwendige Infrastruktur hier schaffen.» Die 20 000 seien ein Szenario, eine Annahme, aber keine vom Land erwartete Zahl, sagte Günther.

Das Land will die Kapazitäten in seinen bestehenden Unterkünften um 1500 auf insgesamt 7000 Plätze aufstocken. Flüchtlinge sollen dort auch länger bleiben als bisher, vier Wochen statt 10 bis 14 Tagen. Die Kombination aus mehr verfügbaren Plätzen und einer längeren Verweildauer in den Landesunterkünften soll den Kommunen einen zusätzlichen Puffer verschaffen, um Wohnraum für die Geflüchteten zu organisieren. Dieser ist derzeit vielerorts knapp.

Das Land folgt damit Wünschen aus den Kommunen, die von einer angespannten Flüchtlingssituation sprechen. In den Landesunterkünften für Asylsuchende sind derzeit 1800 Plätze frei, die künftig auch von ukrainischen Flüchtlingen belegt werden können, wenn sie nicht anderweitig unterkommen. Die Kommunen sollen auch leerstehende Liegenschaften des Landes nutzen können. Günther stellte eine angemessene Beteiligung des Landes an Herrichtungskosten in Aussicht.

Das Land hat seit Jahresbeginn deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als im Krisenjahr 2015, als 35.000 Schutzsuchende gekommen waren. Laut Landesamt für Zuwanderung und Flüchtlinge waren es bis Ende September dieses Jahres rund 47.000 Menschen, davon gut 4000 Asylsuchende und 43.000 Flüchtlinge aus der Ukraine.

Land und Kommunen gingen im Schulterschluss gemeinsam voran, sagte Günther. Vom 1. Dezember bis zum 31. Januar werden alle Zuweisungen in die Kommunen grundsätzlich mit vier Wochen Vorlauf angekündigt, sofern nicht zwingende Gründe eine kürzere Frist erfordern. Asylsuchende ohne Bleibeperspektive sollen grundsätzlich nicht zugewiesen werden, es sei denn, eine Beendigung ihres Aufenthalts ist absehbar nicht möglich.

«Wir haben heute keine Vereinbarung abgeschlossen, aber wir sind gut miteinander ins Gespräch gekommen», sagte Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) als Vertreter der Kommunen. Sollten in den nächsten fünf, sechs Monaten tatsächlich 20.000 weitere Menschen kommen, dann gebe es jetzt einen Teil der Antworten darauf, aber noch nicht alle. «Für uns war heute wichtig, Signale vom Land zu bekommen, dass die eigenen Unterkünfte des Landes, die eigenen Liegenschaften noch stärker, deutlich stärker mobilisiert werden.»

Zu Geldfragen habe es keine Vereinbarung gegeben, aber klare Signale des Landes, dass es die Kommunen nicht im Regen stehen lässt, wenn sie Kosten nachweisen können, die von den bisherigen Regelungen nicht erfasst sind, sagte Kämpfer. Noch seien die Solidarität und die Akzeptanz für die Flüchtlingspolitik groß. «Wir müssen gemeinsam daran arbeiten, dass das dabei bleibt, und da dürfen uns nicht die Finanzen in die Quere kommen.» Von den 1,5 Milliarden Euro, die der Bund gerade den Ländern und Kommunen für die Flüchtlingsunterbringung zugesagt hat, entfallen rund 50 Millionen auf Schleswig-Holstein.

«Wir haben heute als Landesregierung auf den Hilferuf der Kommunen reagiert», sagte Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne). Entscheidend seien Pragmatismus und Flexibilität. Das Land nehme die Sorgen sehr ernst. Verwaltungsmitarbeiter und Menschen, die privat ukrainische Flüchtlinge aufgenommen haben, seien überfordert. Das Gespräch mit den Kommunen sei sehr konstruktiv gewesen, sagte Touré. Zur Klärung offener konkreter Fragen wollen Land und Kommunen kurzfristig weitere Gespräche führen.

Scharfe Kritik kam von der SPD. Nun räche sich, dass das Land im Sommer seine Hausaufgaben nicht gemacht habe, meinte die Landesvorsitzende Serpil Midyatli. Dass Wohnraum knapp bleibe, habe sich schon im März abgezeichnet. «Innenministerin Sütterlin-Waack und Integrationsministerin Touré haben sich auf dem Rückgang der Zuwanderung im Sommer ausgeruht, statt Vorsorge zu treffen.» Das Land müsse nun auch eigenes Geld bereitstellen und dürfe sich nicht auf den aufgestockten Bundesmitteln ausruhen. Erforderlich seien jetzt auch verlässliche Hilfe beim Aus- und Aufbau der Sprachangebote sowie ein echter Flüchtlingsgipfel mit Verbänden, Wohnungswirtschaft, Handelskammern und weiteren Akteuren der Hilfe für Geflüchtete.

«Das ist ein kümmerliches Ergebnis», kommentierte der migrationspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Bernd Buchholz, nach dem Treffen. «Angesichts der aktuellen Zahlen hätten wir erwartet, dass die Erstaufnahmeplätze auf mindestens 10.000 erhöht werden würden.» Schleswig-Holstein habe deutlich mehr Flüchtlinge aufgenommen als 2015, stelle dafür aber nur etwa die Hälfte der Plätze in den Landesunterkünften zur Verfügung.

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