Landgericht

Mann schlägt Partnerin fast tot - in Psychiatrie eingewiesen

Mann schlägt Partnerin fast tot - in Psychiatrie eingewiesen

Mann schlägt Partnerin fast tot - in Psychiatrie eingewiesen

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Eine Statue der Justitia hält eine Waage und ein Schwert in der Hand. Foto: Arne Dedert/dpa/Symbolbild

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Ein Mann geht eine Beziehung ein, zieht zu der Frau und schlägt sie fast tot. Eine Tochter hört nachts die Schreie der Mutter und rettet sie. Das Hamburger Landgericht hat den 41-Jährigen nun in eine Klinik eingewiesen - und offenbart eine...

Mit wuchtigen Faustschlägen misshandelt ein Mann seine Partnerin in einer Wohnung in Hamburg-Lurup. Die Schreie der Frau wecken deren Tochter. Die Zwölfjährige kommt in die Küche und sieht, wie die Mutter bewusstlos wird. Am Morgen vertraut sich das Kind in der Schule seinen Lehrern an und rettet der Mutter damit das Leben. Das Landgericht weist den Partner der Frau am Mittwoch in eine psychiatrische Klinik ein. Zugleich spricht die Strafkammer den Angeklagten wegen Schuldunfähigkeit vom Vorwurf des versuchten Totschlags und der gefährlichen Körperverletzung frei.

Der 41-Jährige sei nicht kriminell, sondern psychisch krank, betont der Vorsitzende Richter Matthias Steinmann. Der Angeklagte leide an einer paranoiden halluzinatorischen Schizophrenie. Außerdem habe er bei der Tat unter dem Einfluss von Alkohol und Kokain gestanden.

Nach Feststellung des Gerichts schlug der Venezolaner am 1. November 2022 seine Freundin in ihrer Wohnung mit einem Salz- und Pfefferstreuer auf den Kopf und fügte ihr Hämatome und eine blutende Verletzung zu. In der Nacht zum 3. November misshandelte er sie erneut, diesmal mit Faustschlägen gegen den Kopf. Die Tochter sah mit an, wie der Angeklagte der Mutter einen Schwamm in den Mund stopfte, um sie am Schreien zu hindern. Dabei wurde die 40-Jährige bewusstlos. Die von den Lehrern alarmierten Beamten brachen die Wohnung auf und fanden den Angeklagten schlafend auf dem Küchenfußboden - neben seiner lebensgefährlich verletzten Partnerin.

Die Polizisten glaubten zunächst, zwei Tote gefunden zu haben, wie einer von ihnen als Zeuge aussagte. Erst als seine Kollegin eine über den beiden liegende Decke wegzog, hätten sie bemerkt, dass sie noch am Leben waren. Durch die wuchtigen Faustschläge habe die Frau schwerste Kopfverletzungen - darunter einen Schädelbasisbruch und Hirnblutungen - erlitten, sagte der Richter. Sie habe zwölf Tage auf der Intensivstation gelegen und nur knapp überlebt. «Gott sei dank hat sie alles überstanden», sagte Steinmann. An die eigentliche Tat habe sie kaum Erinnerungen.

Der Angeklagte und die Frau hätten sich in einem Restaurant kennengelernt, sagte Steinmann. Die Beziehung habe nur zwei Monate gedauert. Zuvor habe der seit dem Jahr 2000 in Deutschland lebende Mann zahlreiche andere Beziehungen gehabt, die für die Frauen jeweils traumatisch endeten. Ladungen des Gerichts zu Zeugenvernehmungen hätten bei ihnen Erschrecken und Entsetzen ausgelöst, einige seien psychisch nicht in der Lage gewesen, im Prozess auszusagen. Viele der ehemaligen Partnerinnen müssten bis heute therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Sie empfänden Scham, sich das alles gefallen gelassen zu haben. «Sie hatten Angst vor Offenbarung, dass der Angeklagte nach dem Polizeigewahrsam wieder auftauchen würde», sagte Steinmann.

Der 41-Jährige habe immer erst Normalität vorgetäuscht, dann aber schizophrene Schübe mit Wahnvorstellungen und insbesondere Eifersucht bekommen. Nach Angaben eines Zeugen habe er Nebenbuhler gesehen, die es gar nicht gab. Der Tochter seiner letzten Partnerin habe er etwa in der Tatnacht erlaubt, sich in der Küche auf einen Stuhl zu setzen. Er habe der Zwölfjährigen erklärt, ihre Mutter sei drogen- und alkoholabhängig und treffe sich mit anderen Männern.

Der 41-Jährige selbst habe ein Alkohol- und Drogenproblem, sei arbeitslos und ohne soziale Bindungen, sagte der Vorsitzende Richter. Er habe stets in den Wohnungen seiner Partnerinnen gelebt. Nach Gewaltausbrüchen und Trennungen habe er jeweils eine neue Beziehung begonnen - «ein Teufelskreis», erklärte Steinmann und fügte hinzu: «Der Sachverständige nannte diesen Lebensstil parasitär.»

Die Folgen für seine letzte Partnerin und deren Tochter seien besonders dramatisch: Zwischen dem Kind und der Mutter sei es zum Bruch gekommen. Die Nebenklägerin habe ihre Wohnung verloren, die Tochter lebe in einer betreuten Einrichtung. Steinmann würdigte das Verhalten des Kindes in der Tatnacht. Es sei ganz wichtig gewesen, dass es am Morgen zur Schule gegangen sei und sich den Lehrerinnen anvertraut habe. Endlich sei das Gewaltpotenzial des Angeklagten sichtbar geworden.

Der 41-Jährige sei hochgradig gefährlich, seine Krankheit habe sich über die Jahre verfestigt. Die Wiederholungsgefahr sei mit Händen zu greifen. Die Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung sei für ihn die einzige Chance, wieder Boden unter die Füße zu bekommen. Er brauche Medikation und Gespräche. Die Behandlung werde sehr lange dauern. «Niemand muss befürchten, dass der Angeklagte entlassen wird und wieder vor der Tür steht», versicherte Steinmann.

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