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Nachwuchs im Wattenmeer: Rekordstand bei Kegelrobbengeburten

Nachwuchs im Wattenmeer: Rekordstand bei Kegelrobbengeburten

Nachwuchs im Wattenmeer: Rekordstand bei Kegelrobbengeburten

dpa
Wilhelmshaven (dpa/lni) -
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Eine junge Kegelrobbe und das Muttertier liegen am Strand der Düne vor Helgoland. Foto: picture alliance/Bodo Marks/dpa/Symbolbild

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Die Kegelrobben vermehren sich an der niedersächsischen Nordseeküste prächtig: Die Nationalparkverwaltung meldet einen Geburtenrekord. Vor allem an einem Ort im Wattenmeer kommen die Tiere zur Welt. Wegen dem steigenden Bestand könnte sich das aber bald ändern, sagen Experten.

Einst waren die Meeressäuger nahezu ausgestorben - nun vermehren sie sich von Jahr zu Jahr stetig: Noch nie wurden im Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer so viele Kegelrobbenjunge registriert wie in der aktuellen Wurfsaison 2021/2022. Bei Zählflügen Ende November und Mitte Dezember wurden in der Spitze 432 junge Kegelrobben an der Küste gesichtet. «Das ist wieder eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr», sagte Christian Abel von der Nationalparkverwaltung in Wilhelmshaven der Deutschen Presse-Agentur.

Bereits in der vorherigen Wurfsaison 2020/21 war ein Geburtenrekord gemeldet worden - damals wurden 372 Jungtiere gezählt. Seit Anfang der 1990er Jahre erhebt der Nationalpark regelmäßig die Bestände der Kegelrobben. Insgesamt wurden mit den erwachsenen Tieren nun 1021 der großen Meeressäuger an der Küste erfasst.

Der Kegelrobbennachwuchs kommt von November bis Januar zur Welt. Der Schwerpunkt liegt an der niedersächsischen Küste in der ersten Dezemberhälfte. Der Höchststand bei den Jungtieren folge einem allgemeinen Trend, sagte Abel. Bei den erwachsenen Tieren sei im langjährigen Mittel im niedersächsischen Wattenmeer ein Zuwachs von etwa 20 Prozent pro Jahr festzustellen, sagte der für Meeressäuger bei der Nationalparkverwaltung zuständige Biologe. «Wir haben eine deutliche und schnelle Vergrößerung der Population.» Da der Grundbestand stetig steige, wachse auch die Zahl der Jungtiere.

Zudem würden die Jungtiere besonders auf der sogenannten Kachelotplate - einer Sandbank zwischen den Ostfriesischen Inseln Juist und Borkum - optimale Lebensbedingungen vorfinden. Nahezu alle registrierten Jungtiere wurden bei den Zählflügen dort entdeckt. Für Geburten kämen die Tiere bevorzugt dahin zurück, wo sie selbst zur Welt gekommen seien, erklärte Abel. «Die Tiere liegen dort wirklich geschützt.» Die abgelegene Plate sei weitgehend frei von Störungen durch den Menschen und zudem mittlerweile so hoch aufgewachsen, dass Sturmfluten sie nicht mehr überspülten.

Anders als Seehunde, die nach der Geburt direkt mit dem Schwimmen beginnen, verbringen Kegelrobben ihre ersten Lebenswochen noch an Land. In dieser Zeit legen die Jungtiere mit dem hellen, flauschigen Fell Gewicht zu. Das Fell schützt vor Wind und Kälte, ist aber nicht wasserdicht. Die Babys werden von den Müttern oft am Strand abgelegt - während sie selbst auf Nahrungssuche sind. Störungen können dazu führen, dass der Kontakt zwischen Mutter und Jungtier abreißt.

In Schleswig-Holstein leben besonders viele Tiere auf der Hochseeinsel Helgoland. Auch dort wurden nach Angaben des zuständigen Vereins Jordsand in der aktuellen Wurfsaison bis Ende Januar mit 670 Tieren ein Höchststand bei den Kegelrobbengeburten registriert. Die Geburtenzahl steigt dort ebenfalls von Jahr zu Jahr.

Wegen der steigenden Population im niedersächsischen Wattenmeer geht der Meeressäuger-Experte Abel davon aus, dass Kegelrobben künftig vermehrt auch andernorts geboren werden als auf Kachelot. «Ich rechne damit, dass wir über die Jahre auch eine stärkere Ausbreitung nach Osten bekommen werden.» Dort gebe es allerdings weniger gute Wurfplätze, die windgeschützt seien und Zugang zu tiefem Wasser böten, sagte Abel. Infrage kämen etwa die Ostenden der Ostfriesischen Inseln, wo bereits einzelne Jungtiere entdeckt wurden. Bislang seien aber noch keine Jungtiere östlich der Jade gesichtet worden.

Die Zählflüge sind Teil der trilateralen, also wattenmeerweiten Bestandserfassung der Kegelrobben. Auch in den Niederlanden und Dänemark gibt es zu abgestimmten Zeiten solche Erhebungen. Wegen schlechter Wetterbedingungen an der niedersächsischen Küste fielen Flüge aber teils aus. Bei den Jungtieren sei das Maximum Mitte Dezember erfasst worden, sagte Abel. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Zahl der erwachsenen Tier insgesamt noch etwas höher liege. Grundsätzlich seien die Zahlen mit denen der Vorjahre vergleichbar.

Kegelrobben sind die größten Raubtiere Deutschlands und waren vor mehr als 100 Jahren durch starke Bejagung nahezu ausgerottet. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kamen Tiere aus britischen Gewässern wieder ins Wattenmeer. Die Bullen können bei einer Länge von bis zu 2,30 Metern ein Gewicht von über 300 Kilogramm auf die Waage bringen. Die Weibchen werden bis zu zwei Meter lang und bis zu 185 Kilogramm schwer. Die positive Entwicklung ihres Bestandes führt der Nationalpark auch auf den konsequenten Schutz der Sandbänke zurück, die als Kinderstube der streng geschützten Tiere dienen.

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