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Nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ab Karfreitag

Nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ab Karfreitag

Nächtliche Ausgangsbeschränkung in Hamburg ab Karfreitag

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Peter Tschentscher (SPD), Erster Bürgermeister von Hamburg, gibt eine Pressekonferenz. Foto: Georg Wendt/dpa

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Statt am Osterfeuer zu sitzen sollen die Hamburger die kommenden Nächte zu Hause bleiben. Wer sich ohne triftigen Grund nach 21.00 Uhr draußen aufhält, riskiert ein Bußgeld. Bürgermeister Tschentscher hofft, dass die Ausgangsbeschränkung das Coronavirus ausbremst.

Angesichts weiter steigender Corona-Inzidenzwerte hat der Hamburger Senat eine nächtliche Ausgangsbeschränkung beschlossen. Ab Karfreitag soll es zwischen 21.00 Uhr abends und 5.00 Uhr morgens nicht erlaubt sein, die Wohnung ohne triftigen Grund zu verlassen. «Wir müssen jetzt eine deutliche Bremsung hinbekommen», sagte Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Mittwoch. Die Lebensmittelläden müssen ebenfalls bereits um 21.00 Uhr schließen. Lieferdienste dürfen aber auch danach noch Essen ausliefern.

Nach Ostern werden die Kitas wieder in den erweiterten Notbetrieb gehen. Das heißt, die Eltern sollen ihre Kinder nur noch in die Kita bringen, wenn eine andere Betreuung nicht möglich ist. An Schulen wird für Schüler und Lehrer eine Testpflicht eingeführt. Bisher waren die Schnelltests, die mehrmals in der Woche durchgeführt wurden, freiwillig. Tschentscher deutete an, dass die Kitas und Schulen nach dem Bund-Länder-Beschluss von vergangener Woche geschlossen werden müssten, sollte der Inzidenzwert über 200 liegen. Von diesem Wert sei Hamburg mit über 160 nicht weit entfernt.

Ausgenommen von der Ausgangsbeschränkung sind nach den Worten von Tschentscher Arbeitswege oder Notfälle. Auch die körperliche Betätigung von einzelnen Personen bleibt nachts erlaubt, ebenso die Versorgung von Tieren, also etwa das Ausführen von Hunden.

Die körpernahen Dienstleistungen wie Tattoo- und Kosmetikstudios müssen wieder ganz schließen. Friseursalons dürfen Kunden bedienen, die zuvor einen Schnelltest gemacht und einen Termin vereinbart haben. Tankstellen dürfen weiterhin rund um die Uhr öffnen.

Auf die Frage, ob der Besuch der nächtlichen Ostergottesdienste noch erlaubt ist, sagte Tschentscher: «Ich bin als evangelischer Christ Weihnachten nicht zum Gottesdienst gegangen - zum ersten Mal in meinem Leben. Und das werde ich auch Ostern nicht tun.» Er verwies auf die sehr gute Zusammenarbeit der Kirchen bei der Pandemiebekämpfung. Das Erzbistum forderte die katholischen Gemeinden in Hamburg auf, die Zeiten ihrer Ostergottesdienste anzupassen.

In Unternehmen soll die Maskenpflicht verschärft werden. Sobald mehr als ein Mensch in einem Raum arbeitet, müssen medizinische Masken getragen werden. Tschentscher appellierte an die Unternehmen, Schnelltests bei den Mitarbeitern durchzuführen. Sollten freiwillige Selbstverpflichtungen nicht ausreichen und der Bund keine entsprechende Regelung treffen, werde Hamburg auch eigene Maßnahmen ergreifen, sagte er. Die neue Eindämmungsverordnung gilt vorerst bis zum 18. April.

Die Maßnahmen seien sinnvoll, verhältnismäßig und wirksam, sagte die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne). Sie bezögen die Wirtschaft mit ein und gingen nicht einseitig zulasten des Privatbereichs. «Es ist wichtig, dass wir ein Paket machen, das wirklich in aller Lebensbereiche hineingreift.» Dabei gehe es auch um Akzeptanz.

Am 22. März hatten die Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel beschlossen, dass in Gebieten mit einer Sieben-Tage-Inzidenz von mehr als 100 Neuinfektionen je 100 000 Einwohner Ausgangsbeschränkungen erlassen werden können. Der Hamburger Senat hatte von dieser Möglichkeit zunächst keinen Gebrauch gemacht, auch nicht in der seit Montag geltenden Verordnung.

«Wir sind uns alle der hohen Eingriffsintensität bewusst», sagte Innensenator Andy Grote (SPD). Aber die Ausgangsbeschränkung sei auch aus Sicht der Polizei eine sehr wirksame Maßnahme. Im vergangenen halben Jahr seien rund 3600 Verstöße gegen die Corona-Regeln im privaten Bereich festgestellt worden. Zwei Drittel davon hätten sich zwischen 21.00 und 5.00 Uhr ereignet. Wer nun nachts ohne triftigen Grund auf der Straße angetroffen werde, müsse mit einem Bußgeld von mindestens 150 Euro rechnen.

Der Innensenator warb um Verständnis für die Beamten, auch wenn es zu «unangenehmen Gesprächen» kommen sollte: «Wenn diese Maßnahme wirksam ist, muss sie überwacht werden. Das macht kein Polizist gerne, das macht niemandem Spaß.» Bereits am Dienstag hatte die Gewerkschaft der Polizei vor Konflikten gewarnt. «Wir werden diese Sperren durchsetzen, aber das wird möglicherweise auch nicht immer friedvoll ablaufen, vielleicht kommt es auch zu zahlreichen Ingewahrsamnahmen», hatte GdP-Landeschef Horst Niens erklärt.

Eine landesweite nächtliche Ausgangssperre war Anfang Februar in Baden-Württemberg vom Verwaltungsgerichtshof Mannheim gekippt worden. Regional wurden dagegen schon häufiger Ausgangsbeschränkungen eingeführt. Mehrere niedersächsische Landkreise haben diese Maßnahme ebenfalls ergriffen. Auch Brandenburg hat Ausgangsbeschränkungen für Landkreise mit einer Inzidenz über 100 beschlossen.

Die Hamburger Sieben-Tage-Inzidenz, also die Zahl der Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen, kletterte am Mittwoch von 153,7 auf 163,7. Die Zahl der nachgewiesenen Corona-Infektionen erhöhte sich um 590 Fälle, wie die Gesundheitsbehörde mitteilte. Das war der größte Zuwachs an einem Tag seit dem 5. Januar.

Die Zahl der in Hamburg an oder mit Corona gestorbenen Menschen gab das Robert Koch-Institut (RKI) mit 1378 an - 6 mehr als am Vortag. Damit meldete das RKI für den Monat März insgesamt 108 neue Corona-Todesfälle - ein vergleichsweise deutlicher Rückgang: Im Februar waren es 199, im Januar noch 439.

288 Covid-19-Erkrankte wurden mit Stand Dienstag in Hamburger Krankenhäusern behandelt. Das waren 3 mehr als am Montag. Auf den Intensivstationen lagen 94 Patienten, 2 mehr als am Montag. Anfang Januar, zum Höhepunkt der zweiten Welle, hatten mehr als 600 Corona-Patienten in den Hamburger Krankenhäusern gelegen, davon bis zu 117 auf Intensivstationen.

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