Kriminalität

Nicht viel Neues zur Amoktat im Innenausschuss

Nicht viel Neues zur Amoktat im Innenausschuss

Nicht viel Neues zur Amoktat im Innenausschuss

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Bestatter bringen eine abgedeckte Bahre zu ihrem Fahrzeug am Gebäude der Zeugen Jehovas im Stadtteil Alsterdorf. Foto: Christian Charisius/dpa

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Gut zwei Monate nach dem Amoklauf in Hamburg beschäftigt sich die Bürgerschaft erneut mit dem schrecklichen Geschehen am Ende einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas. Im Innenausschuss soll es um den aktuellen Ermittlungsstand gehen.

Eine zweite Sitzung des Innenausschusses der Bürgerschaft zur Amoktat bei den Zeugen Jehovas hat am Donnerstag wenig Neues erbracht. Unter anderem Innensenator Andy Grote (SPD), Polizeipräsident Ralf Martin Meyer und Generalstaatsanwalt Jörg Fröhlich berichteten den Abgeordneten über den Ermittlungsstand. Über die bereits bekannten Vorwürfe gegen einen Mitarbeiter der Waffenbehörde sowie Mitglieder des Schießclubs des Todesschützen hinaus wollten sie mit Hinweis auf laufende Ermittlungen keine weiteren Angaben machen. Zunächst müsse der Sachverhalt «ausermittelt» werden, sagte Fröhlich. «Haben sie also bitte Vertrauen in unsere Arbeit.»

Am 9. März hatte der 35-Jährige Philipp F. nach einer Gemeindeversammlung der Zeugen Jehovas in Hamburg-Alsterdorf sieben Menschen - darunter ein ungeborenes Kind - und sich selbst erschossen. Der Besitz der Tatwaffe - einer halbautomatischen Pistole - war ihm von der Waffenbehörde genehmigt worden. Eine Überprüfung in seiner Wohnung nach einem anonymen Hinweis auf psychische Auffälligkeiten war wenige Wochen vor der Tat ohne weitere Maßnahmen geblieben.

Ein Thema der Ausschusssitzung am Donnerstag waren Nebentätigkeiten von Beamten der in Hamburg bei der Polizei angesiedelten Waffenbehörde. Der unter dem Verdacht der fahrlässigen Tötung stehende Mitarbeiter hatte vor seiner Tätigkeit in der Waffenbehörde einen Nebenjob im Hanseatic Gun Club, der einen Schießstand im Stadtzentrum betreibt.

Zwischenzeitlich sei der Behörde bekanntgeworden, dass auch zwei weitere Polizisten eine genehmigte Nebentätigkeit im Hanseatic Gun Club hatten, die ihnen inzwischen untersagt worden sei, sagte der Leiter der Prüfgruppe zur Untersuchung der Amoktat, Markus Fiebiger.

Laut Generalstaatsanwalt Fröhlich hatte der Waffenbehörden-Mitarbeiter vor der Tat über den Club Hinweise aus dem familiären Umfeld des späteren Todesschützen auf dessen psychische Probleme erhalten und weder dokumentiert noch ordnungsgemäß innerhalb der Behörde weitergeleitet. Gegen ihn werde wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung in sechs Fällen sowie der fahrlässigen Körperverletzung in 14 Fällen ermittelt.

Fiebiger räumte ein, dass es keine Berichtspflichten über Nebentätigkeiten im Falle eines Dienststellenwechsels gebe. Dennoch sei dies eigentlich übliche Praxis. Es werde überlegt, wie hier mögliche Lücken geschlossen werden können.

Derzeit werde auch über die Einführung eines Compliance-Systems nachgedacht. Bei den Mitarbeitern wolle man so «ein beständiges Bewusstsein schaffen, dass sie bei der Waffenbehörde in einem besonders sensiblen Bereich arbeiten», sagte er. Durch Mitgliedschaften in Schießvereinen oder Jagdclubs könnten sich Interessenskonflikte ergeben. Ziel sei es, eine «Kultur» in der Waffenbehörde zu entwickeln, in der die Mitarbeiter sagen, «wir informieren hier auch über unsere Hobbys, auch wenn wir es rechtlich gar nicht müssten».

Grote wolle weitere Schritte gegen den Hanseatic Gun Club nicht ausschließen. Allerdings müssten auch die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft abgewartet werde.

Die Mitglieder des Schießclub-Prüfungsausschusses stehen im Verdacht, Philipp F. «blanko» ein sogenanntes Sachkundezeugnis ausgestellt zu haben, das Voraussetzung für die Erteilung einer Waffenbesitzkarte ist. Auch in anderen Fällen könnten solche Beurkundungen falsch ausgestellt worden sein, sagte Fröhlich.

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