Schleswig-Holstein & Hamburg

Nobiskrug beantragt in der Corona-Pandemie Insolvenz

Nobiskrug beantragt in der Corona-Pandemie Insolvenz

Nobiskrug beantragt in der Corona-Pandemie Insolvenz

dpa
Rendsburg (dpa/lno) -
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Ein Werkskran steht hinter dem Schriftzug der Werft Nobiskrug. Foto: picture alliance / dpa/Archivbild

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Eine Traditionswerft zollt der Krise Tribut. Nobiskrug in Rendsburg meldet Insolvenz an. Das kriselnde Geschäft mit Luxusjachten und die Corona-Pandemie brachten das Unternehmen in Bedrängnis. Ein Insolvenzverwalter arbeitet an Sanierungsoptionen.

Die Rendsburger Werft Nobiskrug mit rund 330 Beschäftigten hat am Montag nach eigenen Angaben beim Amtsgericht Neumünster die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beantragt. Als Grund nannte das Unternehmen «kritische Entwicklungen» im Jachtbau sowie damit verbundene negative Auswirkungen auf das Investitionspotenzial und die Rentabilität. «Die anhaltende Pandemie hat die Situation weiter verschärft, da Nobiskrug Aufträge verliert und bereits seit längerem mit den Konsequenzen früherer Managemententscheidungen leben muss», hieß es in der Mitteilung.

«Jüngste Auftragsstornierungen und eine ungewisse Zukunft haben nun die Notwendigkeit eines Insolvenzantrags unvermeidlich gemacht.» Nobiskrug gehört zur internationalen Schiffbaugruppe Privinvest. Deren Vorstandsvorsitzender ist Iskandar Safa, ein französischer Geschäftsmann libanesischer Herkunft. Zu der Gruppe gehören auch die Werften German Naval Yards Kiel und die Lindenau-Werft in Kiel. Beide Schiffbaubetriebe sind von der Nobiskrug-Insolvenz nicht betroffen.

Das Unternehmen verwies am Montag darauf, die Muttergesellschaft habe in den vergangenen Jahren rund 178 Millionen Euro in Nobiskrug investiert, um das laufende Geschäft zu sichern, ohne dafür eine Rendite zu erhalten. Privinvest werde seine anderen Schiffbaueinheiten in Deutschland unterstützen und verfolge das Ziel, durch einen konstruktiven Dialog mit allen Beteiligten möglichst viele Arbeitsplätze in Deutschland zu sichern. Weitere Angaben machte Nobiskrug nicht.

Zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Amtsgericht den Sanierungsexperten Hendrik Gittermann, wie dessen Hamburger Kanzlei Reimer am Abend mitteilte. Gittermann sei Experte für solche Verfahren in der maritimen Wirtschaft. Sein Ziel sei es, in den nächsten Wochen Sanierungsoptionen für die Werft zu erarbeiten. «Der Betrieb wird uneingeschränkt weitergeführt - einschließlich aktueller Yacht-Neubauten und der Abarbeitung von Reparaturaufträgen.» Die Löhne und Gehälter der Beschäftigten seien über das Insolvenzgeld der Agentur für Arbeit für drei Monate abgesichert. Eine Insolvenz bedeute häufig gerade nicht das Ende eines Unternehmens, sondern die Chance auf einen schuldenfreien Neubeginn, erklärte Gittermann.

Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister Bernd Buchholz (FDP) betonte, die Lage sei in der Werftenlandschaft insgesamt sehr schwierig. Bereits vor zwei Jahren sei die Einschätzung gewesen, dass das Unternehmen in Schwierigkeiten stecke. «Insoweit hatten wir auch als Land keine Möglichkeiten, da noch verstärkt einzugreifen», sagte Buchholz. Er hoffe auf Chancen im Zuge des Insolvenzverfahrens. «Dabei gibt es immer noch diverse Möglichkeiten, die für die Belegschaft und auch für das Unternehmen selbst Perspektiven schaffen können.»

Bereits 2020 hatte das Unternehmen 120 Mitarbeitern betriebsbedingt gekündigt. Zuletzt gab das Unternehmen die Zahl der Jobs mit 330 an. Die Werft sehe sich «solide aufgestellt», hieß es noch vor wenigen Wochen.

Die Gewerkschaft kritisierte die Kurzfristigkeit der Unternehmensentscheidung. «Weder die IG Metall noch die Betriebsräte sind im Vorfeld einbezogen worden», sagte der Rendsburger IG-Metall-Geschäftsführer Martin Bitter. «Das ist ein Ärgernis und nicht akzeptabel.» Bitter sprach von einem Liquiditätsproblem, Aufträge seien vorhanden. Er setze darauf, dass der Gesellschafter «zumindest den Neustart finanziert.» Aber auch das Land Schleswig-Holstein müsse beispielsweise mit Bürgschaften eine Rolle spielen.

Die auf den Bau von Luxusjachten ab 60 Metern Länge spezialisierte Werft am Nord-Ostsee-Kanal hat seit ihrer Gründung 1905 weit über 750 Schiffe gebaut. Zu den bekanntesten Neubauten vergangener Jahre gehörte die knapp 143 Meter lange Mega-Segeljacht «A». Sie wurde von Nobiskrug aber in Kiel gebaut.

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