Landesparteitag

Nord-Grüne sehen Justizreform kritisch

Nord-Grüne sehen Justizreform kritisch

Nord-Grüne sehen Justizreform kritisch

dpa
Neumünster (dpa/lno) -
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Die Nord-Grünen wollen im Land zweite Kraft bleiben. Foto: Axel Heimken/dpa

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Der kleine Koalitionspartner will die Gerichtsreform im Norden kritisch begleiten. Die Grünen beziehen in der aktuellen Debatte klar Position. An ihrer Spitze bleibt alles beim Alten.

Schleswig-Holsteins Grüne haben Bedenken bei der geplanten Gerichtsreform. «Wir sehen die Justizstrukturreform weiter kritisch und werden genau hinschauen», sagte der Justizpolitiker Jan Kürschner am Rande eines Landesparteitages. «Am Wichtigsten ist, dass zusammen mit den Justizbeschäftigten nach Lösungen geschaut und die Sozialverträglichkeit in den Fokus gerückt wird.»

Die Grünen regieren seit 2022 gemeinsam mit der CDU. Justizministerin Kerstin von der Decken (CDU) will die vier Sozialgerichte in Itzehoe, Kiel, Lübeck und Schleswig sowie die fünf Arbeitsgerichte in Elmshorn, Flensburg, Kiel, Lübeck und Neumünster an einem Fachzentrum konzentrieren. Nach Vorbild der Verwaltungsgerichtsbarkeit soll es je ein Arbeits- und ein Sozialgericht erster Instanz und jeweils eine zweite Instanz geben. Zur Diskussion steht, die Anzahl der Amtsgerichte auf jeweils eines in den 15 Kreisen und kreisfreien Städten zu reduzieren. Aktuell gibt es 22.

Justizreform

Die Grünen unterstützen aber die Pläne der Ministerin, nicht am Personal, sondern an Gebäuden zu sparen. Sie kritisieren, es gebe bislang keine Zahlen zum tatsächlichen Einsparpotenzial der Reform.

Sobald Informationen darüber vorliegen, muss nach Ansicht der Grünen eine Prüfung erfolgen, ob die Einsparungen den damit verbundenen Rückgang der staatlichen Präsenz vor Ort tatsächlich rechtfertigen. Vor einer möglichen Schließung von Justizstandorten müsse geprüft werden, ob es vor Ort Alternativen mit ähnlichen Einspareffekten gibt.

Migration

Die Partei trägt den schwarz-grünen Bundesrats-Vorstoß zur Migration mit. Verschärfungen darüber hinaus wollen sie aber nicht. Integrationsministerin Aminata Touré forderte auf dem Landesparteitag in Neumünster, dass sich die Partei generell stärker in die Migrationsdebatte einmischen müsse.

«Ich will, dass wir in diesen Themenbereichen wieder stärker mit eigenen Schwerpunkten auftauchen», sagte Touré. Sie habe sich ganz vehement für den Bundesrats-Vorstoß eingesetzt. «Heute gibt es nach wie vor regelmäßige Angriffe auf Asylbewerberheime in ganz Deutschland», sagte Touré. Die Migrationsdebatte habe sich zu einem Überbietungswettbewerb entwickelt. «In einer solchen Zeit zu regieren, ist alles andere als leicht.»

Die Grünen fordern besseren Zugang von Migrantinnen und Migranten zum Arbeitsmarkt und setzen auf freiwillige Ausreisen abgelehnter Asylbewerber. Gemeinsam mit den ebenfalls schwarz-grün regierten Ländern Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg startete das schwarz-grüne Bündnis einen Vorstoß mit effektiveren Regeln zur Überstellung Schutzsuchender innerhalb Europas. «Wir brauchen ein Stoppschild mit Blick auf das Grundrecht von Asyl», sagte Touré.

Besserer Schutz von kritischer Infrastruktur

Die Partei fordert auch einen besseren Schutz kritischer Infrastrukturen. Es habe bereits Angriffe auf Glasfaserkabel, Beschädigungen an Flüssiggas-Anschlüssen und auch Drohnenflüge über dem Industriegebiet Brunsbüttel gegeben, sagte der Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Konstantin von Notz. «All das sind keine Erzählungen aus irgendwelchen dystopischen Science-Fiction-Romanen». Das sei die Realität in Deutschland, auch in Schleswig-Holstein.

Die Drohnenflüge im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel sollen laut einem «Spiegel»-Bericht Anfang August über dem ChemCoast Park begonnen haben. Direkt daneben liegen ein LNG-Terminal und ein stillgelegtes Kernkraftwerk. Die für Staatsschutzsachen zuständige Staatsanwaltschaft Flensburg leitete ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Agententätigkeit zu «Sabotagezwecken» ein.

Plattformen wie Tiktok stärker regulieren

Die Grünen fordern, die Strukturen zur Erkennung und Abwehr von hybriden Bedrohungen sowie den Schutz kritischer Infrastruktur entschlossen auszubauen. «Bedrohungslagen sind im Zuge des russischen Angriffskriegs exorbitant gestiegen – davon zeugen die Vorkommnisse in Brunsbüttel», sagte von Notz. 

Konkret fordert die Partei, auch die Regulierung von Internet-Plattformen wie Tiktok entschlossen voranzutreiben. Die Verfassungsschutzämter sollen gestärkt werden. «Den effektiven Schutz vor militärischen Drohnen der neusten Generation, vor Mini-U-Booten, die an Oligarchenjachten hängen, und vor Geheimdienstkommandos kann nicht allein die schleswig-holsteinische Landespolizei leisten.» Notwendig sei ein Zusammenspiel von Polizei, Nachrichtendiensten und Bundeswehr unter strenger Beachtung verfassungsrechtlicher Vorgaben.

Neuer alter Vorstand

Bereits am Samstag hatte die Partei das Führungsduo Anke Erdmann und Gazi Freitag für zwei Jahre wiedergewählt. Beide sind seit 2022 Landesvorsitzende. Erdmann erhielt bei ihrer Wahl 100 Stimmen. Fünf Delegierte stimmten mit Nein. Zudem gab es eine Enthaltung. Freitag kam auf 91 Stimmen bei 13 Gegenstimmen und 7 Enthaltungen.

Neu stellvertretende Landesvorsitzende ist Sophia Maria Pott. Schatzmeister bleibt Sven Gebhardt. Den erweiterten Landesvorstand ergänzen Denise Kreissl, Christian Judith und Ocean Renner.

Grüne Jugend fordert Sozialkurs

Für die Grüne Jugend stellte Mayra Vriesema klar, dass viele der Nachwuchsorganisation der Partei erhalten blieben. Im Zuge einer Austrittswelle war auch im Norden nahezu geschlossen der Landesvorstand ausgetreten. Gast in Neumünster war auch der scheidende Bundesvorsitzende Omid Nouripour.

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