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Norddeutsche Werften zwischen Wohl und Wehe

Norddeutsche Werften zwischen Wohl und Wehe

Norddeutsche Werften zwischen Wohl und Wehe

dpa
Hamburg
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Laut einer Umfrage der IG Metall unter Betriebsräten ist die Zahl der Stammbeschäftigten auf deutschen Werften zum zweiten Mal in Folge gestiegen. Foto: Lars Penning/dpa

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Die Beschäftigtenzahl auf norddeutschen Werften steigt - nicht viel, aber immerhin. Doch es trifft nicht alle Werften gleichermaßen. Während die einen volle Bücher haben, fehlt es anderen an Arbeit.

Die Lage auf den großen norddeutschen Werften schwankt aus Sicht von Betriebsräten zwischen katastrophal und erstaunlich gut. «Wir bewegen uns in einem Spannungsfeld von Vollauslastung bis 2032/2035, während andere Werften ihre letzten Aufträge bereits abgearbeitet haben und im Grund vor leeren Auftragsbüchern stehen», sagte Stefan Timm von der Agentur für Struktur- und Personalentwicklung, die im Auftrag der IG Metall Küste die inzwischen 34. Schiffbauumfrage erarbeitet hat. Entsprechend blickten die einen, etwa im Marinesektor, zuversichtlich in die Zukunft, während andere um ihre Jobs bangten.

Zahl der Stammbeschäftigten auf den Werften steigt

«Positiv ist erstmal, dass wir auf den Werften, was die Stammbeschäftigten angeht, zum zweiten Mal in Folge ein Wachstum verzeichnen können», sagte Timm. Die Einbrüche während der Corona-Krise seien aufgefangen. So sei die Zahl der Stammbeschäftigten in diesem Jahr im Vergleich zu 2023 um 5,3 Prozent auf 15.824 Beschäftigte gestiegen. Besonders gewachsen seien die Standorte Bremen, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, die zwischen 7,2 und 7,5 Prozent zulegen konnten. In Hamburg stieg die Zahl der Stammbeschäftigten den Angaben zufolge um 5,9 Prozent, in Schleswig-Holstein um 1,1 Prozent.

Der Schiffbau in Deutschland konzentriert sich im Wesentlichen auf drei Werftengruppen: ThyssenKrupp Marine Systems, Meyer und Lürssen, die die Segmente Marineschiffe, Kreuzfahrtschiffe und Jachten dominieren und auch alle neue Leute eingestellt haben. Den Angaben zufolge arbeiten dort mehr als 70 Prozent aller Werftbeschäftigten. Bei den Werften der FSG-Nobiskrug Holding des Investors Lars Windhorst seien dagegen mehr als 100 Jobs abgebaut worden. Sie hätten schlicht wenig bis keine Aufträge, sagte der Branchenbeauftragte Schiffbau der IG Metall, Heiko Messerschmidt. «Die Kollegen beschäftigen sich mit Rasenmähen - und das ist sicherlich nicht das, was ein Schiffbauer tun will.»

Auslastung der Werften zwischen null und hundert Prozent

Entsprechend sieht auch die branchenweite Auslastung der Werften aus, die bei 85,9 Prozent liege. Während die Betriebsräte von rund der Hälfte der Werften eine Vollauslastung gemeldeten hätten, hätten die Windhorst-Werften eine Auslastung von lediglich zehn beziehungsweise null Prozent gemeldet, sagte Timm. Analog dazu erwarte gut ein Drittel der Werften in den kommenden zwölf Monaten einen Beschäftigungszuwachs, während knapp 22 Prozent mit einem Jobabbau rechneten. 

Kritisch zeigte sich die IG Metall mit Blick auf den Anstieg der Leiharbeitskräfte und der Beschäftigten mit Werkverträgen, die im Schiffbau inklusive der Zulieferer wieder 13 Prozent der insgesamt gut 91.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ausmachten. Timm sprach in diesem Zusammenhang von prekären Beschäftigungsverhältnissen, «die nicht sonderlich stark reguliert sind durch Betriebsräte».

Fachkräftemangel und historisch niedrige Ausbildungsquote machen Sorgen

Große Sorgen macht sich die Gewerkschaft um den Fachkräftemangel, der laut Umfrage die Produktion bereits teilweise einschränke, und die historisch niedrige Ausbildungsquote von 5,2 Prozent. Die Zahl der Ausbildungsplätze sei zwar erstmals seit der Corona-Krise wieder angestiegen. Der Großteil der Betriebe habe aber Problemen, die angebotenen Ausbildungsplätze auch zu besetzen, heißt es in der Befragung.

«Der Schiffbau ist von strategischer Bedeutung für die Energieversorgung, Handel und Sicherheit in Deutschland», betonte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich. Die zuletzt angekündigte staatliche Übernahme von 80 Prozent der Anteile an der angeschlagenen Meyer Werft durch den Bund und das Land Niedersachsen sei richtig. «Aber wir brauchen natürlich auch eine Industriepolitik, die am Ende des Tages dafür sorgt, dass die Wertschöpfung in Deutschland, in Europa passiert.» Es dürfe keine weitere Abhängigkeit von China geben.

IG Metall-Bezirksleiter Friedrich: «Es gibt viele Perspektiven»

«Es gibt viele Perspektiven», betonte Friedrich auch mit Blick auf den Nachwuchs auf den Werften. Er zählte dazu etwa den Bau von Konverterplattformen für Offshore-Windparks, von Errichterschiffen oder auch die Marine. «Wenn wir es richtig machen, kann der Schiffbau nach vorne heraus wieder ein starker Industriezweig mit vielen guten Arbeitsplätzen sein, die gut bezahlt werden, wo es Tarifverträge gibt, wo es Mitbestimmung gibt», sagte Friedrich.

Die IG Metall befragt nach eigenen Angaben seit 1991 Betriebsräte der Werften und der maritimen Zulieferindustrie in den fünf norddeutschen Bundesländern Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Zu Arbeitsbedingungen, zur Auftragslage und zu den Perspektiven in ihren Betrieben befragt worden seien diesmal Arbeitnehmervertreter von 46 Werftbetrieben und Standorten, die sowohl den militärischen als auch den zivilen Schiffbau repräsentieren.

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