Prozess

Opfer mit Kopfschuss getötet: Angeklagter spricht von Unfall

Opfer mit Kopfschuss getötet: Angeklagter spricht von Unfall

Opfer mit Kopfschuss getötet: Angeklagter spricht von Unfall

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Ein 33-Jähriger soll am Neujahrsmorgen einen Kumpel heimtückisch ermordet haben. Bei seiner Festnahme beschrieb ihn ein Polizist «wie ein Monster mit kaltblütigen rotunterlaufenden Augen». Jetzt startete der Prozess.

Ein 33-Jähriger soll nach einem Einbruch, dem Besuch von Silvesterpartys und einem Streit in einer Autowerkstatt in Neumünster einen Bekannten heimtückisch erschossen haben. So lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte habe sich dem Mann genähert, als dieser auf dem Bett saß, seinen Kopf zu seinen Schuhen gebeugt, dann habe er abgedrückt, erläutert Oberstaatsanwalt Achim Hackethal am Montag zu Prozessbeginn vor dem Landgericht Kiel. Das 31 Jahre alte Opfer hatte keine Chance, der Mann war sofort tot. Er starb an einem Kopfdurchschuss. Die Kugel blieb demnach im Nacken stecken.

Der Angeklagte muss sich nun wegen heimtückischen Mordes verantworten. Er bestreitet den Mordvorwurf, sagt sein Verteidiger Thomas Görtzen am Rande der Verfahrens. Nach Darstellung des Angeklagten handele es sich demnach um einen Unfall. Aus der bei dem Einbruch in Neumünster gestohlenen Waffe habe sich beim Hantieren unabsichtlich ein Schuss gelöst.

Nach Darstellung Hackethals flüchtete der Mann nach der Tat in einem aus der Werkstatt gestohlenen weißen Transporter über die A7 Richtung Süden. Weil seine Fahrweise einem Autofahrer auffiel, wurde er rasch gestellt. Nach Aussagen des Zeugen fuhr der Angeklagte über alle drei Fahrspuren immer wieder Schlangenlinien und wechselte abrupt das Tempo. Die Polizei brachte ihn schließlich durch Blockieren der Fahrbahn und Abdrängen des Wagens hinter dem Elbtunnel zum Stehen.

Wie gefährlich die Festnahme des 33-Jährigen war, beschreibt ein Beamter vor Gericht. Demnach brauchte es fünf Mann, um den tobenden und wild um sich schlagenden und tretenden Mann schließlich fixieren und in Gewahrsam nehmen zu können. Auch bei der Blutentnahme habe der Mann getobt und musste erneut gewaltsam zu Boden gebracht werden.

Er habe solch «kaltblütige rotunterlaufende Augen» noch nie gesehen, sagt der 26 Jahre alte Polizist. Der Angeklagte habe «wie ein Monster» gewirkt. Im Fußraum des Beifahrersitzes wurde demnach eine schussbereite Waffe gefunden, eine weitere im Fahrzeug, dazu Falschgeld und Diebesgut.

Auf Überwachungsvideos aus der Autowerkstatt ist der Angeklagte zu sehen, wie er die Treppe zum Obergeschoss hochgeht, die Tür zu den gemeinsamen Wohnräumen öffnet, die sich laut schließt. Acht Sekunden später ist ein Schuss zu hören. Währenddessen sind auch Flüche und Schimpfwörter des Angeklagten aufgezeichnet und, so übersetzt die Dolmetscherin, ein «Das wollte ich nicht». Auf im Gerichtssaal gezeigten Fotos ist auch das Opfer zu sehen - rücklings hingestreckt auf einem Bett, um seinen Kopf eine Blutlache.

Der ebenso wie das Opfer aus Moldau stammende Angeklagte äußerte sich vor Gericht zunächst nur zur Person. Er hat einen Dolmetscher zur Seite, der ins und aus dem Russischen übersetzt. Demnach ist er gelernter Automechaniker und kam erst einen Monat vor der Tat mit einem gefälschten Pass nach Deutschland. Das Tatopfer habe ihm gesagt: «Hier gibt es Arbeit, komm!» So erzählt der Angeklagte. Während er Fotos zufolge zur Tatzeit noch einen kräftigen Bart und längeres Haupthaar trug, hat er nun die Haare kurz geschoren, der Bart ist ab.

Der Angeklagte ist nach eigenen Angaben zweimal verheiratet, einmal in Moldau, einmal in Russland, und hat zwei Kinder. In Russland habe er zeitweise gearbeitet. Dort war er wegen Körperverletzung und Raub über drei Jahre in Haft, bevor er abgeschoben worden sei. Nach Deutschland reiste er anscheinend mit einem gefälschten rumänischen Pass ein. Der sei ebenso wie ein anderer Pass eingezogen worden, sagt er. Der Prozess wird fortgesetzt. Das Urteil könnte Ende Oktober verkündet werden.

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