Bebauung

Paloma-Viertel auf St. Pauli: Bauherrin will nun verkaufen

Paloma-Viertel auf St. Pauli: Bauherrin will nun verkaufen

Paloma-Viertel auf St. Pauli: Bauherrin will nun verkaufen

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
Zuletzt aktualisiert um:
Das brachliegende Areal der ehemaligen Esso-Häuser im Paloma-Viertel an der Reeperbahn auf St. Pauli. Foto: Christian Charisius/dpa

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Die berühmten Esso-Häuser an der Hamburger Reeperbahn wurden 2014 abgerissen. Seither liegt das Areal brach, dabei gibt es fertige Pläne, entwickelt in einem einmaligen Beteiligungsprozess. Nun will die Bauherrin alles verkaufen. Die...

Nach dem öffentlich gewordenen Plan zum Verkauf des seit Jahren brachliegenden Paloma-Viertels im Herzen von St. Pauli ist der Initiative Esso-Häuser der Kragen geplatzt. «Wir verlangen, dass die Politik den Druck auf die Bayerische Hausbau deutlich erhöht, damit diese endlich ihren Verpflichtungen nachkommt und das Projekt realisiert. Passiert das nicht, so muss ihr das Grundstück entzogen werden», erklärte die Initiative am Dienstag.

Gleichzeitig ging sie den SPD-Fraktionsvorsitzenden in der Hamburgischen Bürgerschaft, Dirk Kienscherf, scharf an. Dieser hatte dem NDR gesagt, die Stadt müsse spätestens Ende des Jahres einen Schlussstrich ziehen: «Dann muss man sagen, das Projekt ist gegebenenfalls gescheitert, und wir müssen einen Neustart machen.»

Das könne die Stadt ruhig machen, warnte die Initiative. Dann zeige sie aber der Bevölkerung und der Fachwelt: «Wir können nicht Wort halten. Wir können Ergebnisse demokratischer Prozesse nicht umsetzen. Wir können keine moderne, nachhaltige, spannende Stadtplanung.» Das bundesweit beachtete Paloma-Projekt ist maßgeblich von Bewohnern des Stadtteils mitentwickelt worden. So war 2015 mit dem von der Stadt beauftragten Büro «PlanBude» ein Beteiligungsprozess vereinbart worden, der aus Sicht von Beobachtern außergewöhnlich war und auch von der Bayerischen Hausbau hochgelobte Ergebnisse produzierte hatte.

Wenn das nun seitens der Hamburger Politik in die Tonne getreten werde, müsse sie sich nicht über die Zunahme von Wutbürgerinnen oder Demokratieverweigerern wundern, betonte die Initiative. «Die Konsequenzen davon sind für ein Gemeinwesen komplexer und kostspieliger als die gestiegenen Baukosten, um die es jetzt geht.» Bislang sollten auf einer Fläche von rund 6000 Quadratmetern rund 200 Wohnungen entstehen, davon mehr als 60 Prozent öffentlich geförderte Mietwohnungen und Baugemeinschaften, Gewerbe, Einzelhandel und Kiez-Clubs. Zudem sollten unter anderem die Dächer der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und etwa zum Chillen, Basketball spielen oder Gärtnern genutzt werden.

Eigentlich sollten die Bauarbeiten längst begonnen haben. Nachdem der Architektenwettbewerb 2016 entschieden, 2018 der städtebauliche Vertrag unterschrieben und der Bebauungsplan angepasst worden war, hätte die Bayerische Hausbau im November 2021 einen Bauantrag einreichen könnten - hat sie aber bis heute nicht. Dabei ist auf ihrer Homepage nach wie vor 2025 als geplanter Fertigstellungstermin angegeben. Stattdessen hat sie das Grundstück nun der städtischen Wohnungsgesellschaft Saga angedient. «Das unbebaute Paloma-Grundstück auf St. Pauli ist der Saga Unternehmensgruppe von der Bayerischen Hausbau zum Kauf angeboten worden», sagte ein Saga-Sprecher.

Die Saga prüfe nun ein mögliches Engagement unter der Maßgabe der Realisierung öffentlich geförderten Wohnungsbaus. «Wir bitten um Verständnis, dass wir mit Blick auf laufende Gespräche zum jetzigen Zeitpunkt keine darüber hinaus gehenden Aussagen treffen.» Das zur Münchner Schörghuber Gruppe gehörende Unternehmen, das das Areal samt der 2014 abgerissenen Esso-Häuser 2008 gekauft hatte, erklärte: «Aufgrund der veränderten Rahmenbedingungen in der Immobilienwirtschaft, die sich weiter zugespitzt haben, suchen wir nach einer Lösung für die Zukunft des Paloma-Viertels.» Einem Angebot der Saga stehe die Bayerische Hausbau offen gegenüber, sagte eine Sprecherin.

Das Paloma-Viertel ist bereits das zweite große Bauprojekt, das seit Jahren nicht vorankommt. An nicht ganz so prominenter Stelle wie das Paloma-Viertel mitten auf dem Kiez gelegen, dafür mehrfach so groß, ist das Holsten-Areal in Altona. Dort sollen eigentlich auf dem 86 000 Quadratmeter großen Grundstück mehr als 1200 Wohnungen, Kitas, Geschäfte, Büros und ein Handwerkerhof entstehen. Passiert ist bislang jedoch so gut wie nichts.

Das Gelände war 2016 von der Carlsberg-Brauerei ursprünglich an die Düsseldorfer Gerchgroup verkauft worden. Anschließend wurde es mehrfach weiterveräußert, ohne dass auf dem Areal gebaut wurde. Durch Bodenspekulationen vervielfachte sich der Preis des Grundstücks. Nach Angaben der Linken-Bürgerschaftsfraktion hätte die Stadt das Areal 2016 für rund 65 Millionen Euro kaufen können. Stattdessen stehe es nun mit 364 Millionen Euro in den Büchern der finanziell angeschlagenen Adler Group, die das Grundstück inzwischen ebenfalls verkaufen will.

Mehr lesen