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Prozess um Steuerhinterziehung: Diesel als Rostschutz

Prozess um Steuerhinterziehung: Diesel als Rostschutz

Prozess um Steuerhinterziehung: Diesel als Rostschutz

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Eine Justizbeamtin steht vor Prozessbeginn wegen Steuerhinterziehung vor dem Saal des Landgerichts im Strafjustizgebäude. Foto: Marcus Brandt/dpa

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Beim Verkauf von Kraftstoffen werden hohe Energiesteuern fällig. Eine Hamburger Firma soll Diesel als Rostschutzmittel deklariert und exportiert haben. Jetzt müssen sich vier Firmenbeteiligte wegen millionenschwerer Steuerhinterziehung vor Gericht verantworten.

Mit dem Export von falsch deklarierten Kraftstoffen soll eine Hamburger Firma fast neun Millionen Euro an Energiesteuern hinterzogen haben. Vor dem Landgericht begann am Dienstag der Prozess gegen zwei ehemalige Geschäftsführer im Alter von 40 und 56 Jahren sowie einen 48-jährigen Angestellten der nicht mehr existierenden Firma. Die 36 Jahre alte Unternehmensgründerin ist wegen Beihilfe angeklagt.

Die Beschuldigten sollen als Bande fast 18 Millionen Liter Kraftstoffe und Zusatzstoffe in zahlreiche EU-Länder exportiert haben - ohne die Lieferungen beim Hauptzollamt anzumelden und die fällige Energiesteuer zu zahlen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft deklarierten die Angeklagten 16 Millionen Liter Diesel als Rostschutzmittel und knapp 1,8 Millionen Liter eines Benzin-Zusatzes als Lösungsmittel für Schmierstoffe. Für den Diesel hätten 485,70 Euro je 1000 Liter und für den Benzin-Zusatzstoff 654,50 Euro je 1000 Liter an Steuern gezahlt werden müssen. In dem Prozess geht es um rund 500 Fälle zwischen Februar 2018 und Dezember 2020.

Die Ehefrau des 48-Jährigen soll die Firma Ende 2017 in Hamburg gegründet und den Angeklagten ein Konto, Büroräumlichkeiten und Telefonanschlüsse zur Verfügung gestellt haben. Der 48-Jährige widersprach der Anklage. «Die gegen mich erhobenen Vorwürfe der Steuerhinterziehung sind nicht gerechtfertigt», sagte der Beschuldigte, der nach eigenen Angaben seit dem Jahr 2000 für Hamburger Mineralölunternehmen tätig war. Laut Anklage war er der De-facto-Geschäftsführer.

Die Firma hatte nach seinen Angaben mit Chemikalien gehandelt und diese produzieren lassen. Für ein Unternehmen in Polen seien Motoröle für Autos entwickelt worden. Ende 2019 sei die Hamburger Firma in einen Liquiditätsengpass geraten. Mit Beginn der Corona-Pandemie seien jedoch die Rohstoffpreise gesunken. Außerdem habe man nun Desinfektionsmittel produziert. Dadurch habe die Firma wieder mehr verdient. Von Kraftstofflieferungen sprach der 48-Jährige nicht. Er sei im August 2020 aus dem Unternehmen ausgeschieden.

Die beiden mitangeklagten Männer sollen laut Anklage die offiziellen Geschäftsführer gewesen sein. Sie wollten sich zunächst nicht zu den Vorwürfen äußern. Die drei Hauptangeklagten wurden in Polen, Österreich und Deutschland festgenommen und sitzen seit fast einem Jahr in Untersuchungshaft.

Der Verteidiger des 48-Jährigen, Siegfried Schäfer, erklärte, sein Mandant habe steuerrechtlich nichts verschleiert. Er sei bis heute davon überzeugt, dass bei den Lieferungen der Firmenprodukte keine Energiesteuer fällig wurde. Die Verteidigung wolle das Verfahren nicht in die Länge ziehen und schlage vor, dass die Prozessbeteiligten ein Rechtsgespräch führten. Die Wirtschaftsstrafkammer hat 24 weitere Termine bis Ende April angesetzt.

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