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Ringen um den Haushaltskurs in Schleswig-Holstein

Ringen um den Haushaltskurs in Schleswig-Holstein

Ringen um den Haushaltskurs in Schleswig-Holstein

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Schlewig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther spricht im Landtag. Foto: Axel Heimken/dpa/Archivbild

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Wie soll das hoch verschuldete Schleswig-Holstein künftig mit Krediten umgehen? Schwarz-Grün will für 2023 und 2024 eine Notlage feststellen lassen. Es gibt aber Kritik am Kurs der Koalition.

Nach dem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts ist in Schleswig-Holstein eine Debatte um den Finanzkurs entbrannt. In einer lebhaften Auseinandersetzung haben Vertreter der schwarz-grünen Koalition die für Donnerstag vom Landtag geplante Feststellung einer Haushaltsnotlage für 2023 und auch bereits für 2024 verteidigt. Während SPD und SSW dem zustimmen wollen, lehnte die FDP dies am Mittwoch im Landtag ab.

Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) will zum Jahresende sämtliche aus Notkrediten stammenden Mittel in Rücklagen und Sondervermögen zum Schuldenabbau nutzen. «Es ist ja auch nicht das Schlechteste, wenn einmal ein großer Schwung getilgt wird.» Voraussichtlich geht es um mehrere Hundert Millionen Euro. Eine genaue Angabe konnte das Finanzministerium nicht machen. Das Land ist mit mehr als 33 Milliarden Euro verschuldet.

Heinold betonte, durch die geplante Feststellung einer Notlage könnten Mittel beispielsweise für die Krankenhausfinanzierung oder den Schulbau wie geplant fließen. Sie hoffe, dass auch der Bund Lösungen finde. «Wir müssen staatliche Zusagen halten.» Eine große Herausforderung bleibe der ökologische Umbau der Wirtschaft und der Gesellschaft. Es ginge darum zu verhindern, dass Unternehmen abwanderten.

CDU-Fraktionschef Tobias Koch und sein Grünen-Kollege Lasse Petersdotter betonten, die bisherige Praxis des Landes im Umgang mit den Corona- und Ukraine-Notkrediten sei nicht verfassungswidrig gewesen. «Wir haben keine Umwidmung von Krediten gemacht», sagte Petersdotter. Nach der Pandemie habe das Land den zunächst mit 5,5 Milliarden Euro ausgestatteten Corona-Notkredit abgesenkt und einen neuen Ukraine-Notkredit aufgelegt.

Scharfe Kritik am Finanzkurs kam von der FDP. «Das Urteil des Verfassungsgerichts setzt einen Schlussstrich unter den bisherigen Umgang Schleswig-Holsteins mit Notkrediten», sagte die Finanzpolitikerin Annabell Krämer. Fraktionschef Christopher Vogt kritisierte die geplante Begründung einer Notlage auch mit Corona. Die Pandemie sei nicht zurück. CDU-Fraktionschef Koch selbst habe die Notlage im Landtag im November 2022 bereits für beendet erklärt. Das Vorgehen der Koalition sei Trickserei. Es fehle der Wille zum Sparen. Seine Fraktion werde keine Blankoschecks ausstellen.

Thema ist auch die Schuldenbremse. «Sie ist ein deutscher Fetisch geworden», sagte SPD-Fraktionschef Thomas Losse-Müller. Er forderte mehr Investitionen. Für Krankenhäuser fehle eine Milliarde Euro. «Deshalb müssen wir die Schuldenbremse reformieren, wenn wir einen funktionierenden Staat haben wollen, der seinen Job macht, in Schleswig-Holstein und in Deutschland.»

Während Grünen-Fraktionschef Petersdotter Änderungen der Schuldenbremse forderte, lehnte Finanzministerin Heinold eine Abschaffung ab: «Die These, ohne Schuldenbremse wäre unsere Infrastruktur saniert, ist falsch.»

Am Rande ging es auch um die Ansiedlung einer Batteriefabrik von Northvolt bei Heide. Wenn SSW-Fraktionschef Lars Harms die geplante Landesförderung von bis zu 137 Millionen Euro über den Ukraine-Notkredit ablehne, müsse seine Fraktion eben dagegen klagen, sagte Losse-Müller. «Lassen Sie sich bitte nicht von Schwarz-Grün mit irgendwas rauskaufen.»

Projekte wie Northvolt dienten der schnelleren Erlangung der Energieunabhängigkeit, sagte Koch. Es gebe auch einen unmittelbaren Zusammenhang mit dem Ukraine-Notkredit über 1,4 Milliarden Euro, weil die notwendige Landesförderung durch höhere Energiekosten größer ausfallen müsse. Klar sei für die Koalition aber: «Die Landesförderung für Northvolt steht nicht zur Disposition.» Das Gleiche erwarte er genauso schnell von der Bundesregierung. Angesichts geplanter Subventionen von Bund und Land muss die EU aber erst grünes Licht geben.

Das Bundesverfassungsgericht hatte am 15. November eine Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt 2021 für nichtig erklärt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden.

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