Schleswig-Holstein & Hamburg
Rolling-Stones-Ticketaffäre: Geldstrafe für Beamtin
Rolling-Stones-Ticketaffäre: Geldstrafe für Beamtin
Rolling-Stones-Ticketaffäre: Geldstrafe für Beamtin
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Ein Konzert, das die Rolling Stones 2017 im Hamburger Stadtpark gaben, beschäftigt weiter die Justiz. Im Zusammenhang mit der Annahme von Freikarten macht ein Richter klar: You can't always get what you want - zumindest nicht als Beamtin.
Fast vier Jahre nach dem Konzert der Rolling Stones im Hamburger Stadtpark ist zum zweiten Mal eine hohe Beamtin wegen der Annahme von Tickets verurteilt worden. Das Amtsgericht Hamburg sprach am Donnerstag eine Dezernentin im Bezirksamt Nord wegen Vorteilsannahme und der Verleitung Untergebener zu einer Straftat schuldig. Die 56-Jährige habe zwei Freikarten angenommen und geduldet, dass auch vier ihr unterstellte Fachamtsleiter Freikarten annahmen. Die Angeklagte müsse darum 120 Tagessätze zu je 115 Euro bezahlen und die Kosten des Verfahrens tragen. Auch die Kosten der Freikarten für sie und ihren Begleiter in Höhe von 336,80 Euro sollen eingezogen werden. Das Urteil (Az. 248a Ds 28/19) ist noch nicht rechtskräftig.
«Es ist für Sie ein teures Konzert geworden, knapp 14.000 Euro müssen Sie zahlen», sagte Richter Steffen Brauer zu der Angeklagten. Der Prozess habe gezeigt, dass in der Führungsetage des Bezirksamtes Hamburg-Nord damals das Gespür dafür abhandengekommen sei, was man als Beamter oder Beamtin annehmen dürfe. Ein echtes Unrechtsbewusstsein habe er bei den Beteiligten nicht gesehen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 300 Euro gefordert. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.
Die beiden Tickets gehörten zu einem Kontingent von 100 Freikarten, die der damalige Bezirksamtsleiter Harald Rösler (SPD) vom Konzertveranstalter verlangt haben soll. Das Bezirksamt hatte das Konzert im Hamburger Stadtpark genehmigt. Rund 82.000 Fans kamen, um Mick Jagger, Keith Richards, Ron Wood und den erst am Dienstag verstorbenen Schlagzeuger Charlie Watts zu erleben. Frei verkäufliche Tickets kosteten zwischen 100 und knapp 900 Euro.
In einem ersten Verfahren wegen der Ticketaffäre war Ende 2019 eine ehemalige Staatsrätin zu einer Geldstrafe in Höhe von ebenfalls 120 Tagessätzen zu je 170 Euro verurteilt worden. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Gegen Bezirksamtsleiter Rösler hat die Staatsanwaltschaft im März vergangenen Jahres Anklage erhoben. Auch der stellvertretende Bezirksamtsleiter und zwei Verantwortliche der Konzertproduktionsgesellschaft sollen nach dem Willen der Anklagebehörde vor Gericht kommen.
Die Dezernatsleiterin hatte sich damit gerechtfertigt, sie hätte als Mitglied der Bezirksamtsleitung und Chefin des Katastrophenstabes Repräsentationsaufgaben gehabt. Sie hätte zeigen wollen, dass die Amtsleitung ihrem Sicherheitskonzept vertraue. Dem widersprach der Richter. «Es war ein Konzert der weltweit bekanntesten Rockgruppe», erklärte er. Es habe in jenem Jahr nur vier Konzerte der Rolling Stones in Deutschland gegeben. Die 80.000 Besucher seien aus ganz Norddeutschland gekommen. «Wie viele davon kannten Sie und Ihre vier Fachamtsleiter?», fragte Brauer und fuhr fort: «Die Antwort: nur verschwindend wenige.» Das Konzert sei ein «komplett falscher Ort für das Repräsentieren des Bezirksamtsamts» gewesen.
Der Richter zollte der Angeklagte zugleich seinen Respekt, weil sie politisch bereits die Verantwortung für ihren Fehler übernommen habe. Sie sei zur Nachfolgerin Röslers gewählt worden, habe wegen der Strafermittlungen aber auf das Amt verzichtet.