Justizstaatssekretär

Schlagende Verbindungen: SPD will Regierung hören

Schlagende Verbindungen: SPD will Regierung hören

Schlagende Verbindungen: SPD will Regierung hören

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Otto Carstens (CDU), Justizstaatssekretär, steht im Foyer des Landeshauses. Foto: Axel Heimken/dpa/Archiv

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Plagiatsvorwürfe, fragwürdige Wahlkampfäußerungen und nun Mitgliedschaften in schlagenden Verbindungen - Justizstaatssekretär Carstens macht weiter Schlagzeilen. Nun soll sich die Regierung im Innenausschuss des Landtags äußern.

Im Zusammenhang mit der Mitgliedschaft von Justizstaatssekretär Otto Carstens (CDU) in zwei schlagenden Studentenverbindungen fordert die SPD eine Stellungnahme der Landesregierung. Diese soll sich demnach im Innen- und Rechtsausschuss des Landtags äußern, dabei geht es den Sozialdemokraten auch um umstrittene Äußerungen Carstens im Landtagswahlkampf. Ein entsprechender Antrag sei gestellt worden, teilte die Oppositionsfraktion am Mittwoch mit. Auslöser war ein Bericht der «Kieler Nachrichten». «Ja, ich habe Mensuren gefochten und auch einen Schmiss», sagte der Carstens der Zeitung. «Ich finde, schlagende Studentenverbindungen sind eine sehr schöne Tradition.»

Der SPD-Innenpolitiker Marc Timmer kritisierte frühere Äußerungen von Carstens zum Strafvollzug und fügte hinzu: «Die offensichtliche Verherrlichung von ritualisierter Gewaltanwendung bei Mensuren, die Herr Dr. Carstens selbst in der Presse vorträgt, ist für uns ein weiter Grund, seine persönliche Eignung für das Amt eines Justizstaatssekretärs zu hinterfragen, der die fachliche Verantwortung für die Behandlung von inhaftierten Menschen trägt». Der Innen- und Rechtsausschuss tagt am 7. September.

Er sei ein sehr wertkonservativer Mensch und finde Traditionen sehr gut, hatte Carstens den «Kieler Nachrichten» gesagt. Er sei deshalb in zwei Studentenverbindungen eingetreten. Diese seien im Übrigen unpolitisch. Gegen Carstens (41) gibt es auch Plagiatsvorwürfe im Zusammenhang mit seiner Dissertation.

Carstens hatte schon mit Aussagen im Landtagswahlkampf für Aufsehen und scharfe Kritik aus der Opposition gesorgt. «Opferschutz vor Täterschutz. Mehr Polizei vor Ort. Eine Justiz, die den Strafrahmen des Gesetzes ausreizt. Ein Strafvollzug, der keinen «Urlaub» darstellt. Hierfür sind die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen!», hatte er auf seiner Webseite geschrieben. Mittlerweile sind die Einträge gelöscht.

«Es ist richtig, dass ich ein wertkonservativer Mensch bin, der viel von Traditionen hält», bekräftigte Carstens auf dpa-Anfrage zum Thema Studentenverbindungen. «Ein ganz wesentlicher Grundsatz der Corps ist übrigens das Toleranzprinzip gegenüber allen anderen Menschen und deren Ansichten, ob diese einem passen oder nicht.» Die Massivität der Vorwürfe überrasche ihn. «Man muss meine Ansichten ja nicht teilen, und kann diese studentischen Verbindungen auch gänzlich ablehnen.» Das toleriere er natürlich. «Ich würde dann aber auch darum bitten, meine Ansichten und Beweggründe zu tolerieren.»

Wenn Carstens sich als sehr wertkonservativ bezeichne, würde die SPD gern von ihm erfahren, um welche Werte es sich dabei handelt, meinte der Justizpolitiker Timmer. «Seine Äußerungen im Landtagswahlkampf, die darauf schließen lassen, dass er für eine deutliche Verschärfung von Haftbedingungen in den Gefängnissen eintritt und die Richterinnen und Richter unseres Landes für ihre nach seiner Ansicht zu nachsichtige Strafzumessung kritisiert, hinterlässt bei uns die Frage, ob sich Herr Dr. Carstens an den Werten orientiert, die für die Justizpolitik in unserem Lande bisher maßgeblich waren.»

Auch die FDP hatte vor diesem Hintergrund die Eignung von Carstens für sein Amt in Zweifel gezogen. Er habe mit absurden Parolen zum Strafvollzug und zu den Gerichten ganz bewusst am rechten Rand gefischt, sagte Fraktionschef Christopher Vogt. Auf dessen Kleine Anfrage zu Äußerungen im Wahlkampf hatte die Regierung mit einem Satz geantwortet: «Die vom Fragesteller angesprochenen Äußerungen wurden nicht als Staatssekretär, sondern als Landtagskandidat im Rahmen des Wahlkampfes gemacht und werden von der Landesregierung nicht bewertet».

Unter der Überschrift «Ist der Staatssekretär Dr. Carstens aus der Zeit gefallen?» bekundete die Neue Richtervereinigung am Mittwoch «erhebliche Zweifel» an der Eignung für das Amt. Seine Äußerungen passten nicht zur liberalen und zukunftsorientierten Justizpolitik in Schleswig-Holstein in den letzten Jahren. «Der Ministerpräsident ist gefordert, hier schnell und umfassend aufzuklären.»

Anstelle des Regierungschefs Daniel Günther (CDU) äußerte sich dessen Sprecher Peter Höver. «Die Opposition möchte den Staatssekretär im Innnen- und Rechtsausschuss anhören - dies ist auch der richtige Ort, um Parlament und Öffentlichkeit zu informieren», sagte er.

Die österreichische Universität Innsbruck prüft Plagiatsvorwürfe gegen Carstens im Zusammenhang mit seiner Dissertation. «Ich habe meine Dissertation nach bestem Wissen verfasst», hatte er dazu erklärt. «Deswegen habe ich auch die erste Presseanfrage zum Anlass genommen, mich an die Universität Innsbruck zu wenden und habe diese über die in Rede stehenden Vorwürfe informiert.»

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