Bildung

Schülerzahl im Norden steigt weiter: 751 neue Lehrerstellen

Schülerzahl im Norden steigt weiter: 751 neue Lehrerstellen

Schülerzahl im Norden steigt weiter: 751 neue Lehrerstellen

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Ein Schüler sitzt in einem Klassenzimmer. Foto: Marijan Murat/dpa/Symbolbild

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Mehr Schüler und mehr Lehrer gibt es an den Schulen im Norden. Doch zum Start des neuen Schuljahres geht es nicht nur um Zahlen. Besonders in den Fokus rücken Lesen und Rechnen bei den Jüngsten. Die Bildungsministerin appelliert an die...

Mit mehr Lehrerstellen reagiert Schleswig-Holsteins Landesregierung auf die weiter zunehmenden Schülerzahlen. Bildungsministerin Karin Prien (CDU) stellte in Kiel am Mittwoch die aktuellen Zahlen zur Lehrkräfteversorgung und bildungspolitische Schwerpunkte des Schuljahres vor, das am nächsten Montag startet.

Demnach erwarten die 795 öffentlichen allgemeinbildenden Schulen und Berufsschulen rund 368.200 Schülerinnen und Schüler. Das sind 0,5 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Rund 24.500 Kinder starten an den Grundschulen in die 1. Klasse.

Eine der größten Herausforderungen für Schule und Gesellschaft sind nach Priens Auffassung besorgniserregende Leistungsrückgänge bei Schülerinnen und Schülern. Das gelte für ganz Deutschland und in Teilen auch für Schleswig-Holstein. «Deshalb legen wir einen besonderen Schwerpunkt auf die Stärkung von Lesen, richtigem Schreiben und Mathematik», erläuterte Prien. Es gebe künftig mehr Lesezeiten, und: «Die Eltern müssen das besser unterstützen.»

Die demografische Entwicklung bringt es mit sich, dass wegen geburtenstarker Jahrgänge die Schülerzahlen wachsen und zugleich Pensionierungen von Lehrern zunehmen. Insgesamt 20.000 geflüchtete Kinder und Jugendliche werden aktuell im Land unterrichtet. Um alles aufzufangen, stellt die Landesregierung zusätzlich 751 Lehrerstellen zur Verfügung, so dass deren Zahl auf 24.411 steigt. Nur 133 unbefristete Stellen seien noch offen und demzufolge 99,3 Prozent aller Stellen besetzt, sagte Prien. Schwierig sei es weiterhin in Regionen wie Dithmarschen und am Hamburger Rand.

Vor dem Hintergrund der zugespitzten Haushaltslage sagte Prien aber auch: «Mehr Personal wird es realistischerweise in den nächsten Jahren nicht geben.» Und mit mehr Geld werde es auch schwierig. Ihr Ziel formulierte die Ministerin so: «Mehr Motivation, mehr Lust auf Schule, mehr Freude am Lernen und mehr Mut zur Schulentwicklung und das alles im engen Austausch zwischen Schulleitung, Lehrkräften, Schülerinnen und Schülern, Eltern und allen anderen an Schule Beteiligten.»

Angesichts der Dynamik des gesellschaftlichen Wandels müssten sich auch Schulen weiterentwickeln, äußerte Prien. «Wir wollen Veränderung nicht ideologisch von oben verordnen, sondern wir wollen einen Prozess gestalten, in dem aus den Schulen heraus die Veränderung erfolgt.» Innovative flexible Lösungen könne es zum Beispiel beim Umgang mit der Stundentafel, Arbeitszeiten und der Nutzung Künstlicher Intelligenz geben.

Zu einem Reizthema sagte Prien, es gebe für die Grundschulen eine Empfehlung zum Umgang mit Mobiltelefonen. «Auf dieser Grundlage sollen sie mit den Eltern ins Gespräch kommen, mit dem Ziel, dass die private Handynutzung während der Unterrichtszeit und in den Pausen in der Grundschule nicht mehr stattfindet.» Die Schulen sollten hier einen Schutzraum bilden.

«Es geht nicht um ein Handyverbot mit Strafandrohung - wir sind hier nicht in China», sagte die Ministerin und verwies auf die Vorbildwirkung von Eltern. «Handys auf dem Schulhof und in den Pausen sind eben auch ein Einfallstor für die Verbreitung von Gewaltvideos, Mobbing unter Schülerinnen und Schülern und die Propaganda von Extremisten.»

Der SPD-Bildungspolitiker Martin Habersaat kritisierte, Prien sage nicht, wie viele Lehrkräfte insgesamt fehlen. «Für Elternzeit, Sabbatjahre und Langzeiterkrankungen braucht man befristet Vertretungen, die es oft nicht gibt.» Zudem sei im September 2022 jede zehnte Lehrkraft keine fertig ausgebildete Lehrkraft gewesen. In vielen Schulgebäuden gebe es auch einen riesigen Sanierungsbedarf. Schüler müssten dort in Klassenräumen lernen, die zu klein seien und kaum moderne Pädagogik zuließen.

Insgesamt werden im neuen Schuljahr laut Prognose rund 286.800 Kinder und Jugendliche die 760 öffentlichen allgemeinbildenden Schulen besuchen, im Vorjahresvergleich sin das 1,2 Prozent mehr. An den 394 Grundschulen steigt die Zahl um 2,2 Prozent auf 108.600. Die Schülerzahl an den 136 Gemeinschaftsschulen ohne Oberstufe und den 44 Gemeinschaftsschulen mit Oberstufe wächst um 0,5 Prozent auf 97.100. An den 100 Gymnasien einschließlich Abendgymnasien gibt es ebenfalls ein Plus von 0,5 Prozent auf 75.500. Für die 35 Berufsschulen wird ein Rückgang um 1,6 Prozent auf 81.400 erwartet.

Die Bildungsgewerkschaft GEW warf Prien vor, sie blende die zu hohe Arbeitsbelastung der Lehrer aus. «Alle Ideen zu mehr Lesezeit in der Grundschule und Reduzierung der hohen Zahl an Schulabbrecherinnen und -abbrechern fruchten nichts, wenn die Lehrkräfte nicht genügend Zeit haben, um sie umzusetzen», sagte die GEW-Landesvorsitzende Astrid Henke. Es fehlten Initiativen zur Entlastung. An den Schulen arbeiteten zwischen 1500 und 2000 Menschen, die keine oder keine vollständige Ausbildung hätten, kritisierte Henke zudem. An einer Schule an der Westküste betreffe das die Hälfte des Kollegiums - und das sei kein Einzelfall.

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