Landtag

Schwarz-Grün weiter uneins in der Asylpolitik

Schwarz-Grün weiter uneins in der Asylpolitik

Schwarz-Grün weiter uneins in der Asylpolitik

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Blick in den Plenarsaal während einer Sitzung des Landtags. Foto: Georg Wendt/dpa/Archivbild

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In der Asylpolitik kommen CDU und Grüne im Norden bislang auf keinen gemeinsamen Nenner. Im Landtag springt der Union dafür ein ehemaliger Koalitionspartner zur Seite. Dann gibt es Aufregung im Parlament.

Bei der Migrations- und Flüchtlingspolitik finden weder die Koalitionsfraktionen CDU und Grüne noch die Oppositionsfraktionen in Schleswig-Holstein zueinander. Lebhaft haben Abgeordnete am Donnerstag für ihre Positionen geworben. CDU und FDP sind für eine Ausweisung von Georgien und Moldau als sichere Herkunftsstaaten, Grüne, SPD und SSW dagegen.

Die Koalition werde sich im Bundesrat zu der Einstufung beider Staaten enthalten, sagte Integrationsministerin Aminata Touré (Grüne). Sie verwies auf die entsprechende Regelung im Koalitionsvertrag. Zum jüngsten EU-Asylkompromiss habe die Landesregierung noch keine abschließende gemeinsame Bewertung. «Einig sind wir uns darüber, dass es eine europäische gemeinsame Lösung braucht, die Verteilung und Humanität vorsieht.»

Nur die FDP sprach sich neben der Union die Ausweisung als sichere Herkunftsstaaten aus. Die Flüchtlingspolitik bewege die Menschen wie kaum ein anderes Thema, sagte Fraktionschef Christopher Vogt. «Die Auseinandersetzungen darüber drohen unsere Gesellschaft immer weiter zu spalten.» Es müsse klarer zwischen der Flucht vor Krieg, dem Anspruch auf Asyl, der irregulären Migration und der regulären Zuwanderung unterschieden werden. «So weiter zu machen wie bisher, ist keine sinnvolle Option.» Wer keine Bleibeperspektive habe, müsse das Land wieder verlassen oder dürfe künftig nicht ohne jede Prüfung nach Deutschland einreisen.

Der jüngste EU-Asylkompromiss sieht einen deutlich härteren Umgang mit Migranten ohne Bleibeperspektive vor. So sollen Menschen aus als sicher geltenden Ländern künftig nach Grenzübertritt unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierte Aufnahmeeinrichtungen kommen. Dort würde dann im Normalfall innerhalb von zwölf Wochen geprüft, ob der Antragsteller Chancen auf Asyl hat. Wenn nicht, soll er zurückgeschickt werden.

Die CDU-Integrationspolitikerin Seyran Papo bezeichnete den EU-Asyl-Kompromiss als großen Erfolg. Die Asylreform sende eine Botschaft an die Welt: «Die Europäische Union steht zusammen, und sie ist handlungsfähig», sagte Papo. «Der Kern der Idee ist, dass denen geholfen wird, die am hilfsbedürftigsten sind und die in ihrer Heimat um Leib und Leben fürchten müssen. Dazu gehören Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten in der Regel nicht.» Die Aufnahmekapazitäten seien begrenzt.

Grüne, SPD und SSW traten den Positionen von Union und Liberalen entgegen. «Seit 1993 drehen wir diese Schraube immer fester und fester», sagte die SPD-Integrationspolitikerin Serpil Midyatli. Ihre Fraktion lehne die Vorschläge der EU-Reform ab. Auch die Debatte um sichere Herkunftsländer löse das Problem an den EU-Außengrenzen nicht. Deshalb werde es nicht weniger Flüchtlinge geben.

Wegen Überziehung ihrer Redezeit wurde Midyatli jedoch zweimal das Mikrofon abgedreht. Kritik des Juso-Landeschefs Kianusch Stender am Vorgehen des Landtagspräsidiums führte sogar zu einer halbstündigen Sitzungsunterbrechung.

SSW-Fraktionschef Lars Harms befand, «egal wie man zu Aufnahmezentren an den EU-Außengrenzen steht, muss es auch dort um faire Asylverfahren gehen». Sichere Herkunftsstaaten lösten nicht das Problem. Die Grünen-Integrationspolitikerin Catharina Nies sprach von massiven Asylrechtsverschärfungen.

Ministerin Touré geht nicht davon aus, dass eine Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten den Kommunen bei der Unterbringung von Schutzsuchenden helfen wird. «Die Asylanträge, die von Personen aus diesen Ländern gestellt werden, machen im Gesamtfluchtgeschehen, einen Anteil von knapp unter fünf Prozent aus.» Im Norden habe es aus Moldau 2022 einen und 2023 noch keinen Asylantrag gegeben. Auf Georgien seien im vergangenen Jahr 48, im laufenden Jahr 43 Asylanträge entfallen.

«Menschen werden fliehen. Egal, wie gefährlich der Weg ist», sagte Touré. Notwendig seien gesamteuropäische Lösungen. «Wir brauchen eine Debatte mit Herz und Verstand.» Politik brauche Menschlichkeit. «Wenn wir bei diesem Thema nicht auch die menschlichen, die emotionalen und humanitären Aspekte berücksichtigen, ja, dann ist das fatal.»

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