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Seehäfen droht 48 Stunden Stillstand
Seehäfen droht 48 Stunden Stillstand
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Erstmals seit Jahrzehnten haben Hafenarbeiter die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt. Nun soll am Donnerstag wieder gestreikt werden. Die Spielräume für eine Einigung in dem Tarifkonflikt werden eng.
Im festgefahrenen Konflikt um die Entlohnung der Hafenarbeiter droht Deutschlands größten Seehäfen abermals Stillstand - diesmal sogar für 48 Stunden. Die Gewerkschaft Verdi hat die Beschäftigten aufgefordert, am Donnerstag mit Beginn der Frühschicht bis Samstag morgen die Arbeit niederzulegen. Das bestätigte Verdi-Verhandlungsführerin Maya Schwiegershausen-Güth am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur.
«Aber vorher verhandeln wir noch mal wieder», sagte die Gewerkschafterin. Nach Angaben eines Sprechers des Zentralverbandes der deutschen Seehafenbetriebe (ZDS) wollten beide Seiten am Mittwochmittag in einer Onlineschalte ausloten, ob der Tarifkonflikt doch noch ohne neuerlichen Arbeitskampf beigelegt werden kann. Die Hafenarbeiter hatten bereits im Juni zweimal die Abfertigung von Schiffen lahmgelegt, zuletzt am 23. Juni für 24 Stunden.
Coronabedingt herrscht im globalen Verkehr von Container- und Frachtschiffen ohnehin schon lange großes Durcheinander. Der angedrohte neuerliche Warnstreik droht, die Abläufe an den Kaikanten noch mehr aus dem Tritt zu bringen. Nach jüngsten Berechnungen am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) stecken in der Nordsee inzwischen mehr als zwei Prozent der globalen Frachtkapazität im Stau. Derzeit warten rund 20 Frachter auf Ankerplätzen in der Deutschen Bucht auf Abfertigung, die meisten mit Ziel Hamburg.
Die Spielräume für eine friedliche Einigung im Tarifkonflikt sind nach sechs bislang ergebnislosen Verhandlungsrunden sehr eng geworden. Eine Schlichtung, wie von der Arbeitgeberseite vorgeschlagen, hat Verdi bislang abgelehnt.
Verdi ist für die rund 12.000 Beschäftigten in den 58 tarifgebundenen Betrieben in Hamburg, Niedersachsen und Bremen mit der Forderung nach einer Erhöhung der Stundenlöhne um 1,20 Euro bei einer Tariflaufzeit von 12 Monaten in die Tarifrunde gegangen. Zudem verlangte die Gewerkschaft in Vollcontainerbetrieben eine Erhöhung der jährlichen Zulage von bislang 3338 Euro um 1200 Euro, darüber will Verdi einen nicht näher bezifferten «tatsächlichen Inflationsausgleich» erreichen. Nach früheren Verdi-Angaben würde das Forderungspaket je nach Lohngruppe ein Entgeltplus von bis zu 14 Prozent bedeuten.
Die Arbeitgeberseite hatte vor einer Woche ihre Offerten nochmals nachgebessert und ein neues «finales Angebot» auf den Tisch gelegt, dessen Volumen der ZDS für Containerbetriebe auf 12,5 Prozent und für konventionelle Betriebe auf 9,6 Prozent taxiert - allerdings bei einer Laufzeit von 24 Monaten. «Mehr kann es nicht geben und wird es auch nicht geben», sagte der ZDS-Sprecher.
Unter anderem sollen die Stundenlöhne rückwirkend ab Juni um 1,20 Euro (im Autoumschlag um 90 Cent) steigen. Die Zulage in Containerbetrieben soll um 1500 Euro beziehungsweise in konventionellen Betrieben um 750 Euro steigen. Zusätzlich sollen Beschäftigte in Containerbetrieben eine Einmalzahlung von 700 Euro erhalten. Umstritten bleibt vor allem, wie es danach weitergeht. Ab Juni 2023 sollen nach ZDS-Vorstellungen die Stundenlöhne und Zulagen um weitere 3,1 Prozent steigen. Angesichts der ungewissen Entwicklung der Inflation will Verdi eine Möglichkeit haben nachzuverhandeln.