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Stegner will Verbot bezahlter Lobbyarbeit für Abgeordnete

Stegner will Verbot bezahlter Lobbyarbeit für Abgeordnete

Stegner will Verbot bezahlter Lobbyarbeit für Abgeordnete

dpa
Kiel (dpa/lno) -
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Ralf Stegner spricht im Kieler Landtag. Foto: Frank Molter/dpa

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Das Mandat muss im Mittelpunkt stehen und bezahlte Lobbyarbeit verboten werden - der Kieler SPD-Fraktionschef Stegner dringt auf weitreichende Konsequenzen aus der Maskenaffäre von Unionspolitikern. Dazu müssten auch konkrete Abrechnungen von Nebeneinkünften gehören.

Ein Verbot bezahlter Lobbyarbeit für Abgeordnete in Bund und Ländern fordert der SPD-Politiker Ralf Stegner. Zudem müsse das Mandat für die Parlamentarier im Mittelpunkt ihrer Arbeit stehen, sagte der Kieler Fraktionschef und langjährige SPD-Bundesvize am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Hintergrund ist die Verstrickung der Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein (bisher CSU) und Nikolas Löbel (bisher CDU) in Geschäfte um den Kauf von Corona-Schutzmasken.

«Solche Amigo-Affären schaden nicht nur der Partei, von der sie ausgegangen sind», sagte Stegner, der im September für den Bundestag kandidiert. Gerade in der gegenwärtigen Pandemie seien angesichts großer Schwierigkeiten und Existenzgefährdungen viele Menschen total entsetzt darüber, dass hier Leute Reibach machten. Dies gefährde im Zweifelsfall die Glaubwürdigkeit der parlamentarischen Demokratie. «Insofern sind Ehrenerklärungen und Selbstverpflichtungen der Unions-Bundestagsfraktion nicht das Papier wert, auf dem sie stehen.»

Gefordert seien vielmehr strukturelle Konsequenzen. Dazu gehöre, Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen einzustufen und damit mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe vorzusehen. Bezahlte Lobbytätigkeit von Abgeordneten müsse generell verboten werden. «Dazu gehört zum Beispiel Politikberatung in Lobbyagenturen oder in Unternehmen.» Wenn ein Rechtsanwalt Ehescheidungen mache, sei das sicher in Ordnung als Nebentätigkeit. «Aber jemand, der als Abgeordneter andere dabei berät, wie sie von Ministerien Fördergelder bekommen können - das ist nicht okay.»

Nebentätigkeiten generell zu verbieten, halte er für falsch, sagte Stegner. Natürlich muss es möglich sein, einen Fuß im Beruf zu behalten, zumal man nicht wissen könne, wie lange man ein Mandat behält. «Aber ein politisches Mandat muss immer der Mittelpunkt sein.» Man arbeite da für das Gemeinwohl und werde auch ordentlich bezahlt. «Deshalb müsste auch vorgeschrieben werden, dass Abgeordnete den Umfang ihrer Nebentätigkeit angeben müssen, wie viele Stunden das in Anspruch nimmt, um klarzumachen, dass das Mandat im Mittelpunkt steht», sagte Stegner. «Das Mandat darf nicht Nebentätigkeit sein - weder finanziell noch zeitlich.» Dies müsste klar geregelt werden.

Die Nebeneinkünfte von Abgeordneten müssten künftig betragsgenau in Euro und Cent veröffentlicht werden und nicht mehr wie derzeit in groben und wenig aussagekräftigen Kategorien, forderte Stegner. «Und es darf auch nicht möglich sein, wie wir es jetzt haben, dass Verhaltensregeln für Abgeordnete mehr oder weniger ohne Konsequenz gebrochen werden können.»

Mandatsträger sollten zudem keine Spenden bekommen dürfen, sagte Stegner. Auch müssten Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen, Kapitalgesellschaften oder Aktienoptionen auf Heller und Pfennig veröffentlichungspflichtig werden.

Generell müsse der Einfluss von Lobbyinteressen eingeschränkt werden, sagte Stegner. «Nichts dagegen, wenn Menschen sich für Unternehmen in ihrem Wahlkreis einsetzen und für Arbeitsplätze dort, das ist völlig in Ordnung - aber wenn sie dafür Geld bekommen, ist das nicht mehr in Ordnung.»

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