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Tschentscher stimmt Menschen auf weitere Einschränkungen ein

Tschentscher stimmt Menschen auf weitere Einschränkungen ein

Tschentscher stimmt Menschen auf weitere Einschränkungen ein

dpa
Hamburg (dpa/lno) -
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Fahrgäste mit Mund-Nasen-Schutz steigen aus einer S-Bahn aus. Foto: Daniel Bockwoldt/dpa/Archivbild

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Die Corona-Infektionszahlen steigen weiter ungebremst. Hamburgs Bürgermeister setzt auf weitere Schutzmaßnahmen und will im öffentlichen Nahverkehr FFP2-Masken wieder zur Pflicht machen. Auch an Schulen herrscht bald ein noch strengeres Regiment.

Hamburgs Bürgerinnen und Bürger müssen sich angesichts nach wie vor massiv steigender Corona-Zahlen auf weitere Einschränkungen einstellen. So soll im öffentlichen Nahverkehr wieder das Tragen einer FFP2-Maske Pflicht werden, wie Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) am Dienstag nach der Senatssitzung sagte. Weil es im Nahverkehr oft sehr eng werde, wolle man die Corona-Eindämmungsverordnung in den nächsten Tagen entsprechend anpassen. Ab wann die neue Regelung gilt, war zunächst unklar. Eine einfache OP-Maske reicht dann in Bussen und Bahnen jedoch nicht mehr.

Schülerinnen und Schüler müssen sich zudem nun regelhaft nicht nur zwei, sondern drei Mal in der Woche jeweils montags, mittwochs und freitags mittels Schnelltest und unter Aufsicht in der Schule auf das Coronavirus testen. Spätestens von Montag an gilt die Testpflicht nach Angaben der Schulbehörde auch für geimpfte und genesene Schüler, die bislang freiwillig an den Tests teilgenommen haben.

Externe Besucher schulischer Veranstaltungen dürfen zudem nur noch unter 2G-plus-Bedingungen teilnehmen, müssen also geimpft oder genesen sein und - sofern nicht geboostert - einen negativen Corona-Test vorlegen. Für den Sportunterricht in Turnhallen gilt eine Maskenpflicht.

Nach Angaben der Gesundheitsbehörde stieg die Sieben-Tage-Inzidenz bei den Corona-Neuinfektionen in Hamburg am Dienstag auf 690,2 - nach 659,7 am Montag und 463,3 am Dienstag vor einer Woche. Unter Kindern zwischen 5 und 9 Jahren wurden vom Hamburger Institut für Hygiene und Umwelt nach Angaben der Schulbehörde in der ersten Januarwoche 619 Infektionen und eine Sieben-Tage-Inzidenz von 705 festgestellt. In der Altersgruppe von 10-19 Jahren habe es 1880 Infektionen und eine Inzidenz von 1155 gegeben.

Tschentscher räumte ein, dass bei so vielen Neuinfektionen - allein am Dienstag meldete die Gesundheitsbehörde 2048 - die Kontaktnachverfolgung und Benachrichtigung aller relevanter Personen nicht mehr immer funktionierten. «Nicht jeder, der Kontaktperson ist, kriegt Anrufe.» Früher sei jeder Infizierte fast täglich angerufen worden, um nach Symptomen zu fragen. «Das alles ist in einer solchen Lage nicht möglich.» Auch in den Laboren und den Gesundheitsämtern, die nun mit weiteren 100 Bundeswehrsoldaten unterstützt würden, seien die Anforderungen massiv gestiegen und die Abläufe verändert worden.

Seit Heiligabend 2021 muss sich laut Eindämmungsverordnung jeder bei einem Corona-Verdacht oder einer tatsächlichen Infektion auch ohne Anordnung eines Gesundheitsamts in Isolierung oder Quarantäne begeben. Bei einem positiven PCR-Test gilt die Isolierung grundsätzlich 14 Tage und kann bei Ungeimpften auch nicht verkürzt werden. Haushaltsangehörige, die nicht geimpft oder genesen sind, müssen sich ebenfalls für zehn Tage in Quarantäne begeben. Die Quarantänezeit kann bei Personen ohne Symptome am fünften Tag mit einem negativen PCR-Test und am siebten mit einem negativen Antigen-Schnelltest verkürzt werden.

Diese Regelungen sind derzeit noch in Kraft, werden nach einem Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz demnächst jedoch verändert. Stimmt der Bundesrat den Plänen zu, dann soll künftig gelten: «Wer einen positiven PCR-Test hat, wer infiziert ist, der soll für mindestens zehn Tage nach Hause», sagte Tschentscher. Nach sieben Tagen sei ein Freitesten möglich. «Wer Kontakt hat mit einem Infizierten und nicht vollständig geimpft und geboostert ist, der sollte auch zuhause bleiben.» Für geboosterte Kontaktpersonen wiederum gebe es keine Einschränkungen. Sie müssten auch nicht in Quarantäne.

Nach der jüngsten Datenpanne bei der Zuordnung der Sieben-Tage-Inzidenzen bei Geimpften und Ungeimpften kündigte Tschentscher an, bei der Veröffentlichung von Zahlen künftig vorsichtiger zu sein. «Wir möchten unsere Maßnahmen gerne plausibel und überzeugend begründen - und dazu gehören richtige Zahlen.» Die entstandene Verunsicherung bedauere er sehr. Kritiker werfen dem SPD-Politiker vor, mit falschen Zahlen Politik gemacht zu haben.

Die Gesundheitsbehörde hatte bis Dezember bei der Veröffentlichung der Sieben-Tage-Inzidenz auch regelmäßig nach Impfstatus differenziert. Dabei zählte die Behörde ausschließlich nachweislich Geimpfte und ging davon aus, dass alle anderen ungeimpft sein müssen. Für die Kalenderwoche 45 kam die Behörde bei vollständig Geimpften so auf eine Inzidenz von 22,0. Für die Ungeimpften und nicht vollständig Geimpften gab sie einen Wert von 605,2 an.

Tatsächlich war der Impfstatus aber in mehr als 2000 Fällen nicht gesichert, wie aus der Antwort des Senats auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bürgerschaftsabgeordneten Anna von Treuenfels-Frowein hervorgeht. Nachdem diese Fälle später zu 77 Prozent geklärt waren, ergab sich, dass die Inzidenz der Geimpften auf 92,7 gestiegen und die Inzidenz der Ungeimpften beziehungsweise nicht vollständig Geimpften auf 270 gefallen war.

Ursächlich für die Panne seien die Eskalation der Infektionszahlen und IT-Probleme gewesen, sagte Tschentscher. Da seien die Ämter nicht hinterhergekommen, den Impfstatus zu erfassen. Die Täuschungsvorwürfe wies er zurück: «Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung war allen nicht bewusst, dass es diese grobe Abweichung von der Realität gibt». Auch seien keine Entscheidungen auf Grundlage der Daten getroffen worden.

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